Antisemitismus, Rechtsextremismus und Gewaltbilder in den sozialen Medien – wie können Jugendliche sich dagegen wappnen? Seit drei Jahren läuft bundesweit ein Pilotprojekt mit der App "Buzzard" an rund 1.100 Schulen. Mit Hilfe der App sollen Schülerinnen und Schüler im Klassenzimmer trainieren, Fake News, Verschwörungstheorien und Extremismus leichter zu erkennen. Der Landkreis Aschaffenburg will nach dem Pilotprojekt nun als erster Landkreis in ganz Deutschland die App als offizielles Lehrmittel an den Schulen einführen, auf eigene Kosten.
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"Buzzard"-Mitgründer: "Gefährliche Zeit für Jugendliche"
Die App "Buzzard" wurde 2020 von dem gleichnamigen Berliner Journalismus-Startup entwickelt und auf den Markt gebracht. Mitbegründer Dario Nassal erklärte gegenüber BR24, die Idee sei während der Corona-Pandemie entstanden, als viele Verschwörungstheorien gerade in den sozialen Medien verbreitet worden seien. "Wir leben in einer gefährlichen Zeit für Jugendliche", sagt Dario Nassal. Es werde immer schwieriger zu unterscheiden, was echt sei und was nicht. Dementsprechend falle es auch immer schwerer, sich eine Meinung zu bilden. Dabei wolle das Berliner Start-Up mit der App unterstützen.
Journalisten sammeln Medienstimmen zu Topthemen des Tages
Das journalistische Team von Buzzard greift täglich Top-Themen aus den Leitmedien auf und fasst diese kurz zusammen. Unter dem neutralen Einleitungstext stehen dann Medienstimmen des gesamten Meinungsspektrums. Zu jedem Beitrag gibt es eine Zusammenfassung der verschiedenen Stimmen im Diskurs – "von links bis konservativ", erklärt Nassal. Auch die Quellen und Autoren ordnet die "Buzzard"-App ein. Das zwölfköpfige Redaktionsteam arbeitet dabei mit einer umfangreichen Datenbank aus Zeitungen und Magazinen auch aus dem Ausland.
Essenziell für Aktualität im Unterricht
Für die Lehrer, die die App im Unterricht einsetzen – egal in welchem Fach –, sei die App eine große Hilfe, sagt Jonas Herold. Er unterrichtet Deutsch, Mathematik und IT an der Realschule in Großostheim. Die App ermögliche ihm, im Unterricht tagesaktuelle Themen aufzuarbeiten, die Schüler ins Reden zu bringen und sie dazu zu bewegen, ihre eigenen Meinungen zu positionieren. Bezogen auf den Lehrplan sei das eine gute Übung für Erörterungen.
Laut Alexander Zapf, Fachreferent für Schulen am Landratsamt Aschaffenburg, wird die Buzzard-App in den kommenden Wochen an zwei Gymnasien und vier Realschulen eingeführt - derzeit noch ab der 7. Klasse. Die Kosten für die App und deren Nutzung betragen im Jahr in etwa 1.000 Euro pro Schule. Sie kann dann in mehreren Klassen genutzt werden.
App kommt bei Schülerinnen und Schülern gut an
Bei einem Workshop in einer zehnten Klasse in der Realschule in Großostheim, wo die App auch bald im Unterricht eingesetzt werden soll, äußerten sich die Schüler durchweg positiv. Schüler Felix Laux sagt, er informiere sich zwar auch privat über das Tagesgeschehen - aber er schätze die direkte Gegenüberstellung der Berichterstattungen und Meinungen zu den Themen bei "Buzzard". Auch seine Klassenkameradin Leonie Geiß befürwortet die Einbindung in den Unterricht. Man werde so dazu gebracht, sich mit anderen Ansichten auseinanderzusetzen, die man in der eigenen Filterblase gar nicht mitbekomme. Oft ließe man sich "manchmal zulabern" und denke nicht über die Richtigkeit der Aussagen nach.
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