Die Europäische Arzneimittelbehörde hat grünes Licht für den Einsatz des Corona-Impfstoffs von Biontech/Pfizer bei Kindern und Jugendlichen ab zwölf Jahren gegeben. Professor Michael Melter, Chefarzt der Kinderuniklinik Ostbayern und der Regensburger Infektiologe Professor Bernd Salzberger haben mit der Entscheidung gerechnet. Fraglich sei aber ob angesichts des Impfstoffmangels und offener Fragen bei Nebenwirkungen ein Einsatz bei Kindern sinnvoll sei.
Impfen, um Schulen offenzuhalten
Generell sei es laut Melter angemessen, dass der Impfstoff für diese Gruppe zugelassen ist, sollten die Daten zeigen, dass nichts dagegenspricht. Professor Melter sieht die Diskussion generell aber eher auf einer anderen Ebene. Die "Mangelware Impfstoff" müsse aktuell politisch verteilt werden. Im Hinblick auf das eher geringe Risiko eines schweren Corona-Verlaufs bei Kindern unter 16 Jahren liege der Sinn einer Impfung laut Melter dann primär darin, Schulen wieder zu öffnen oder offenzuhalten.
In großen Teilen sei es versäumt worden, Schulen durch ausreichende Test-Angebote oder Infektionsschutzmaßnahmen offen zu halten oder früher zu öffnen, so Melter.
Lieber auf über 16-Jährige konzentrieren
Generell wäre es weitaus effektiver, eine möglichst schnelle Quote der Impfungen bei Personen über 16 Jahren zu erreichen, um dann Schulen auch für ungeimpfte Kinder zu öffnen. Die aktuellen Diskussionen würden nämlich auch komplett die Gruppe der unter Zwölfjährigen vernachlässigen, so der Chefarzt für Kinder- und Jugendmedizin weiter.
Daten sprechen für Zulassung
Der Regensburger Infektiologe Professor Bernd Salzberger ist ebenfalls davon ausgegangen, dass die EU-Arzneimittelbehörde EMA den Impfstoff von Biontech/Pfizer auch für Kinder über zwölf Jahren zulassen wird. Im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk erklärt Salzberger: "Die Daten zeigen, dass der Impfstoff auch bei Kindern unter 16 Jahren eine gute Wirksamkeit aufweist, es gibt keine großen Sicherheitsbedenken gegen den Einsatz."
Seltene Nebenwirkungen genau beobachten
Die Impf-Nebenwirkungen unterscheiden sich laut Salzberger bei Kindern und Erwachsenen nicht wesentlich. Die Immunsysteme jüngerer Menschen können jedoch heftiger reagieren.
Noch nicht absehbar sei zum aktuellen Zeitpunkt, ob es auch zu einer Häufung eher seltener Nebenwirkungen kommen könnte, so Salzberger weiter. Entsprechendes hatte man beim Corona-Impfstoff von Astrazeneca festgestellt.
Zweck der Impfung: Schutz der Älteren
Da das Risiko eines schweren Corona-Verlaufs bei Kindern eher niedrig ist, wäre der Zweck einer Impfung laut Professor Salzberger eher der Schutz der Älteren. Deswegen schätzt der Infektiologe auch, dass die Ständige Impfkommission trotz EMA-Zulassung den Impfstoff von Biontech/Pfizer nicht für Kinder von zwölf bis 16 Jahren empfehlen wird.
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