Nur wenige Wochen vor der bayerischen Landtagswahl haben sich die Parteien in Abensberg im niederbayerischen Landkreis Kelheim zum politischen Schlagabtausch getroffen – und sich verbal gegenseitig nichts geschenkt.
Die besten Sprüche und Zitate der sechs Parteien beim Gillamoos, in der Reihenfolge ihrer aktuellen Fraktionsstärken im bayerischen Landtag:
CSU-Zelt mit Markus Söder und Friedrich Merz
Bei der CSU arbeitete sich Ministerpräsident Markus Söder in gewohnter Manier an der Bundesregierung ab, die Woche für Woche nur streite: "Die Hampel-Ampel ist die schlechteste Regierung, die Deutschland jemals hatte." Für eigene Höhenflüge setzte sich Söder Grenzen, den politischen Gegner würde er hingegen gerne in ferne Sphären katapultieren: "Ich wollte nie zum Mond, aber wenn wir einige Grüne da hinschicken können, dann wäre mir ein Shuttle recht", sagte Söder. Auch über das Thema Gendern witzelte der Regierungschef: "Jeder darf gendern. Ich sage immer noch: Meine Damen und Herren (...), ich bleibe dabei: Meine lieben Damen und die, die ihnen hinterher trotteln", so Söder. Er habe versucht, ob er Gender-Sternchen sprechen könnte: "Ich kann mich da nicht umstellen. Ich will mich auch nicht umstellen."
Neben Söder sprach Friedrich Merz. Auch der Chef der Schwesterpartei CDU feuerte gegen die Ampel: "Wir können es für alle sagen in dieser Koalition, die haben den Schuss nicht gehört." Und weiter: "Fachkräftemangel gibt es bei der Bundesregierung." Zum Verhältnis von CDU und CSU sagte Merz, beide Parteien hätten "schonmal schwierigere Zeiten" gehabt: "Die Bundestagswahl 2021 lassen wir mal hinter uns. Markus und ich haben verabredet, wir haben eine Verantwortung für das ganze Land und sowas wie 2021 wird sich nicht wiederholen."
Erwähnenswert auch, worüber die beiden Unionspolitiker nicht sprachen: Die Flugblatt-Affäre um Söders Stellvertreter Hubert Aiwanger erwähnten weder der Ministerpräsident, noch CDU-Chef Merz.
Die Grünen mit Winfried Kretschmann, Katharina Schulze und Ludwig Hartmann
Ganz anders die Grünen, bei denen das Spitzenduo Katharina Schulze und Ludwig Hartmann, sowie Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann auf der Bühne standen. Mit Blick auf Söders Entscheidung, Aiwanger nicht zu entlassen, sagte Hartmann: "Gestern ist es deutlich geworden: Söder hat sich für Taktik entschieden und nicht für Haltung." Und Kretschmann betonte mit Blick auf Aiwangers Rede bei der Heizungsdemo in Erding: "In Krisen polarisiert man nicht, treibt nicht immer alles auf die Spitze." Ein Beispiel: der Vorwurf, die Grünen würden das "Insekten-Fressen" verlangen, ist laut Kretschmann "Demagogie".
Auch mit der CSU-Politik gingen die Grünen hart ins Gericht: "Die CSU-Größen von Stoiber, Seehofer bis Söder – die sind doch allesamt öfter nach Moskau gepilgert als nach Ötting, mit dem Ziel billiges Gas." Das habe zu einer "fatalen Abhängigkeit" geführt. Schulze sagte, Söders Politik für Kinder sei ein bisschen wie seine Klimapolitik: "Er redet ab und zu darüber, wie wichtig es ihm ist, aber wenn es dann darum geht, auch mal was zu tun, dann ist er damit beschäftigt, Fotos von seinem Essen zu machen."
Freie Wähler mit Hubert Aiwanger und Fabian Mehring
Die Freien Wähler waren auf und neben der Bühne damit beschäftigt, ihren Vorsitzenden Hubert Aiwanger gegen die Vorwürfe aus der Flugblatt-Affäre zu verteidigen: "Wir stehen vor Dir, wenn von vorne Dreck geworfen wird. Und wir stehen hinter Dir, wenn von hinten mit Dreck geworfen wird", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion, Fabian Mehring.
Aiwanger selbst äußerte sich in seiner Rede nicht zu den Vorwürfen, sondern warf der Berliner Ampel vor, nicht zu wissen, "was unten los ist": "Die entscheiden Dinge von einem Heizungsgesetz, Selbstbestimmungsgesetz, die man als Normalbürger nicht verstehen kann", so Aiwanger. In seinen Augen sorge sich die Bundesregierung um die falschen Dinge: "Ein Lauterbach muss sich drum kümmern, dass die Zahnärzte ordentliche Arbeitsbedingungen haben und nicht, dass er Cannabis einführt." Auch eine Pointe zu Insektenproteinen in Lebensmitteln durfte nicht fehlen. Früher habe man Bäckereien geschlossen, wenn dort Kakerlaken gefunden wurden, so der FW-Chef: "Und jetzt sagt man, das gehört zum guten Ton, wenn da was im Brötchen ist."
Lars Klingbeil und Florian von Brunn im Zelt der SPD
Bei der SPD sprach Bundesparteichef Lars Klingbeil und mutmaßte über die Sprüche im Zelt der CSU. Dort gebe es "bestimmt ein paar launige Witze übers Gendern, über die sexuelle Selbstbestimmung. Dann geht's noch gegen die Ampel, den Kanzler und am Ende noch ein bisschen gegen Menschen aus anderen Ländern", so Klingbeil. Seine Partei werde aufpassen, dass die Gesellschaft nicht durch einen Kulturkampf polarisiert werde: "Alle sollen leben können, wie sie wollen." Klingbeil warf Söder vor, mehr in Bierzelten unterwegs zu sein, als im bayerischen Landtag: "Wenn man auf den Instagram-Kanal Eures Ministerpräsidenten schaue, da denke ich manchmal: Ach, was ist es schön, Chef in Bayern zu sein. Da bist Du den ganzen Tag am Essen und machst nur schöne Termine - das ist keine Politik." Mit Blick auf die Landtagswahl sagte der SPD-Chef: "Dieses wunderbare Land gehört nicht der CSU."
Klingbeil kritisierte auch Söders Agieren in der Flugblatt-Affäre. Der Ministerpräsident habe "den Buckel gemacht" vor Aiwanger: "Das ist kein starker Ministerpräsident, der guckt nur auf sich selbst, aber nicht auf dieses Bundesland", sagte Klingbeil. Und SPD-Spitzenkandidat Florian von Brunn fand klare Worte in Richtung des stellvertretenden Ministerpräsidenten: "So ein rechtspopulistischer Geisterfahrer darf nicht länger die Hand am Lenkrad des Freistaats Bayern haben."
Kathrin Ebner-Steiner und Alice Weidel für die AfD
"Was ist das eigentlich hier für ein Chaos in der Landesregierung", fragte Alice Weidel, Chefin der AfD auf Bundesebene, und rief ihren Anhängern im Bierzelt zugleich die eigene Schlussfolgerung zu: "Der Söder hat seinen Laden nicht mehr im Griff."
Die Spitzenkandidatin der AfD in Bayern, Kathrin Ebner-Steiner, warf den Freien Wähler vor, vordergründig Opposition zu spielen, dabei seien sie als Teil der Regierung für "Corona-Zwangsmaßnahmen", die Abschaltung der Kernenergie oder "unkontrollierte Zuwanderung" mitverantwortlich: "Aiwanger ist der brüllende Bierzelt-Tiger, der als Schmusekätzchen bei Söder auf dem Arm landet", so Ebner-Steiner. Über den CSU-Chef und Ministerpräsidenten wetterte die AfD-Politikerin: "Söder ist der Samenspender dieser Ampel-Missgeburt [sic!]." Denn ohne ihn wäre CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet bei der Bundestagswahl 2021 erfolgreicher gewesen und die Ampel wäre nicht zum Zuge gekommen.
FDP mit Wolfgang Kubicki und Martin Hagen
Bei den Liberalen feuerte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki verbal gegen Bayerns Regierungschef: "Es gibt keinen Ministerpräsidenten in Deutschland, der weniger im Parlament ist als Markus Söder", sagte Kubicki. "Der ist kein Macher, sondern ein Blaumacher." In der Causa Aiwanger äußerte sich Kubicki milde, er selbst wisse auch nicht mehr, was er vor 35 Jahren getan habe: "Ich wünsche mir keine Lehrer in den Schulen, die solche Pamphlete 35 Jahre aufheben. Ich wünsche mir Lehrer, die dafür sorgen, dass solche Pamphlete überhaupt nicht entstehen."
Ein wenig härter da schon der Ton von FDP-Spitzenkandidat Martin Hagen: Aiwanger stelle sich "in die Bierzelte und schreit rum, als wäre er der bayerische Löwe. Vielleicht passt das ganz gut, weil wir in Berlin gerade gesehen haben, als was sich so ein Löwe manchmal entpuppt." Zum Kontext: In der Hauptstadt gab es nach Videoaufnahme zwischenzeitig Sorge vor einer vermeintlich entlaufenen Löwin, nach Expertenmeinung zeigte das Bildmaterial aber ein Windschwein. Hagen führte den internen Ampel-Zoff am Gillamoos fort: "Die Grünen brauchen mir nie mehr etwas über den Klimaschutz erzählen, mir mit Tempolimit oder anderen homöopathischen Maßnahmen kommen", sagte Hagen. Wer auf dreckige Kohle statt Atomkraft setze, zeige, dass es ihm nicht um CO2 gehe.
Im Video: Wahlkampf auf dem Gillamoos
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