Die Landratswahl in Deggendorf beschäftigt am Sonntag nicht nur die über 96.000 wahlberechtigten Bürger im Landkreis: Auch überregional blickt man gespannt nach Niederbayern - aus mehreren Gründen.
Prominente Kandidaturen
Zum einen treten bei der Wahl des Deggendorfer Landrats bekannte Politiker an, wie der ehemalige Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) und die Landtagsabgeordnete und ehemalige Fraktionsvorsitzende der AfD, Katrin Ebner-Steiner.
Zum anderen dürfte die Landratswahl besonders für CSU und AfD von Interesse sein: Bei vergangenen Wahlen - wie der Bundestagswahl 2021 - hatte die AfD im Wahlkreis Deggendorf eine Stimmen-Hochburg. Und Wahlbeobachter sprechen davon, dass die Deggendorfer Landratswahl als Generalprobe oder Stimmungsbarometer für die CSU für die anstehende Landtagswahl nächstes Jahr angesehen werden könne.
Ex-Minister Sibler: Landratsposten als "Trostpflaster"?
Nach einer nicht repräsentative BR-Umfrage in Deggendorf gilt Bernd Sibler als Favorit. Man kenne ihn eben aus der Politik, heißt es. Er komme von hier, habe schon viel für die Region gemacht. Und: Mitleid habe man schon auch mit ihm. "Das wäre ein Trostpflaster für ihn, wenn er jetzt Landrat wird. Das war schon grob, was sie mit ihm gemacht haben", sagt eine Frau und spricht damit die Kabinettsumbildung von Ministerpräsident Markus Söder an. Der CSU-Chef hatte Ende Februar den damaligen Deggendorfer Landrat Christian Bernreiter (CSU) als bayerischen Bau- und Verkehrsminister nach München geholt. Dafür musste Sibler sein Amt als Wissenschaftsminister abgeben.
Kritik an CSU nach Affären
Während einige Befragte mit dem ehemaligen Wissenschaftsminister mitfühlen, kritisieren andere die Partei Siblers scharf, für die er als Landrat antritt: "Da wird schnell durchgetauscht und Posten werden verteilt, wie man es gerade braucht oder wie es gerade passt", meint eine Frau. Aber auch wegen der Masken-Deals, der Mautaffäre und den jetzigen Rücktritts- und Plagiatsaffären gerät die CSU bei einigen Wählern ins Abseits: "Korrupt, die machen lauter Schmarrn", schimpft ein Mann am Deggendorfer Stadtplatz.
Landratswahl als Persönlichkeitswahl
Die Stimmung in Deggendorf ist zwiegespalten. Allerdings rücken bei Kommunalwahlen die Parteien vermehrt in den Hintergrund. Eine Landratswahl ist oft eine Persönlichkeitswahl, wie auch Bürger im Landkreis betonen. Neben CSU und AfD haben daher auch die anderen Parteien bekannte Gesichter ins Rennen geschickt.
Für die Freien Wähler tritt Bernrieds Bürgermeister Stefan Achatz an. Für die Grünen kandidiert Maren Lex, Markt- und Kreisrätin aus Hengersberg. Die SPD hat Thomas Müller nominiert, Ortsvorsitzender der Stephansposchinger SPD.
Stichwahl gilt als wahrscheinlich
Von 8 Uhr morgens sind die Wahllokale am Sonntag im Landkreis Deggendorf bis 18 Uhr geöffnet. Die Möglichkeit der Briefwahl wird laut Landratsamt Deggendorf "eher verhalten genutzt - im Vergleich zu den Kommunalwahlen in den früheren Jahren".
Bei 148 Stimmbezirken rechnet das Landratsamt Deggendorf gegen 19 Uhr mit ersten Ergebnissen. Um Landrat zu werden, bräuchte es im ersten Durchgang am Sonntag die absolute Mehrheißt, heißt: 50 Prozent plus eine Stimme. Bei fünf Kandidaten fünf verschiedener Parteien vermuten Beobachter aber, dass eine Stichwahl nötig werden könnte. Die würde dann am 29. Mai stattfinden.
💡 Deggendorfs langjähriger Landrat Christian Bernreiter
Christian Bernreiter (CSU) war von 2002 bis 2022 Landrat von Deggendorf, zudem führte er seit 2014 den Bayerischen Landkreistag. Er galt als einflussreicher, aber auch bürgernaher Landrat, der bei der Bevölkerung ankam: Bei der Kommunalwahl 2020 erhielt er knapp 70 Prozent der Wählerstimmen.
Bernreiter pflegte enge Beziehungen zu hochrangigen Politikern wie der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die 2020 nach Deggendorf kam.
Oft wurde Bernreiter angefragt, von Deggendorf nach München zu wechseln - bis Februar 2022 hat er immer verneint. Seit Ende Februar ist Christian Bernreiter jedoch kein Landrat mehr, sondern bayerischer Bau- und Verkehrsminister.
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