Schon in fünf Jahren solle die Anbindehaltung in deutschen Ställen komplett verboten werden, kritisiert Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU) einen Referentenentwurf der Berliner Regierung.
Dies gefährde die Existenz der kleineren, bäuerlichen Betriebe in Bayern und sei deshalb "absolut inakzeptabel" und ein "Frontalangriff auf die Milchviehhaltung in Bayern". Auch weil Ausnahmen nur in sehr geringem, und nicht praktikablen Umfang vorgesehen seien, so Herrmann nach einer Sitzung des bayerischen Kabinetts.
Herrmann: Anbinde-Aus stellt Betriebe vor Existenzfrage
Statt des weitgehenden Verbotes der Anbindehaltung sei vielmehr ein Wandel mit Förderansätzen hin zu mehr Laufställen nötig, wie es in Bayern gemacht werde. Andernfalls stelle sich in der bäuerlich strukturieren bayerischen Landwirtschaft, mit ihren vielen mittleren und kleineren Betrieben "ernsthaft die Existenzfrage", fürchtet Herrmann.
Die Bundesregierung will mit ihrem Verbot der Anbindehaltung mit einer Übergangsfrist von fünf Jahren den Tierschutz stärken. Stand der Wissenschaft sind Laufställe, in denen sich auch Milchkühe frei bewegen können. Gerade in Bayern gibt es aber noch viele kleinere, oft Nebenerwerbsbauern, die ihre Milchkühe noch ganzjährig im Stall anbinden, oder zumindest im Winter, wenn ein Weideaustrieb nicht möglich ist. All diese oft im Dorfkern liegenden Höfe haben meist nicht die finanziellen Mittel, um in einen modernen Stall zu investieren.
Für Florian Herrmann droht mit dem Anbinde-Verbot nicht nur ein "Strukturwandel", sondern ein "Strukturbruch". Die Bundesregierung betreibe "ein ideologisches Projekt" und wolle "mit dem Kopf durch die Wand". Dabei würde deutschlandweit noch in rund 17.300 Milchviehbetrieben diese Haltungsform praktiziert, dies seien etwa 35 Prozent der Betriebe.
Im Audio: Herrmann gegen Verbot der Anbindehaltung
Landtags-Grüne kündigt Änderungen am Referentenentwurf an
Mia Goller, Sprecherin für Landwirtschaft der Landtags-Grünen betont: Niemand will einen Strukturbruch in der Landwirtschaft. Aber sie freue sich, dass Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) dieses Thema nun endlich anpacke. Und sie beruhigt: Der momentan vorliegende Referentenentwurf werde jetzt diskutiert, es werde also noch weitere Änderungen geben.
Goller betont, die Grünen in Bayern würden sich "für die Kombihaltung" einsetzen. Denn die kleinen Betriebe, die ihre Rinder im Sommer auf Wiesen-und-Almen treiben, leisteten damit einen unschätzbaren Dienst für unsere Artenvielfalt und für die Gestaltung der bayerischen Landschaft. Dass Kühe zwölf Monate im Jahr am gleichen Platz festgebunden sind, das könne aber "auch niemand wollen", so Goller.
SPD, Grüne und FDP haben im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vereinbart, Lücken in der Nutztierhaltungsverordnung zu schließen und das Tierschutzgesetz zu verbessern. Dazu gehören neben dem Verbot der Anbindehaltung auch eine Verpflichtung zu Videoaufnahmen in Schlachthöfen und schärfere Vorgaben zu Eingriffen wie dem Kürzen der Ringelschwänze von Ferkeln. Verboten werden soll auch das Schlachten hochträchtiger Schafe und Ziegen.
Im Video vom 15.11.23: Streit um Anbindehaltung und Tierwohl
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