Ein Friedhof mit einer Skulptur.
Bildrechte: BR/Markus Wessely
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Friedhöfe wie hier in Kaufbeuren werden im November wieder Orte der Begegnung.

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Bestatter: "Der Tod muss Platz im Leben haben"

Bestatter: "Der Tod muss Platz im Leben haben"

Mit Allerheiligen beginnt der Gedenkmonat November. Tod und Trauer sind aber in unserer Gesellschaft oft immer noch ein Tabu-Thema. Bestattungsunternehmen können dann eine Stütze sein. In Kaufbeuren will ein Bestatter offen mit dem Tod umgehen.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau - Der Süden am .

Die Kaiser-Max-Straße in der Altstadt von Kaufbeuren: Der Einzelhandel ist hier zu Hause. Bäcker, Juwelier, Drogerie, Restaurants, alles ist da. Mittendrin fällt aber ein Geschäft besonders auf. In den großen Schaufenstern: Porträtbilder unterschiedlichster Menschen. In der Auslage Särge und Urnen. Inhaber ist der Bestatter Michael Schwarz. Moderner dunkelblauer Anzug, ruhiges, überlegtes Auftreten. Seit 13 Jahren betreibt er das Bestattungsunternehmen Trostschmiede.

Bestatter versteht sich als Dienstleister und Zuhörer

Schwarz hat sich seinen Beruf dezidiert ausgesucht. Zuvor war er Krankenpfleger und auch mal in der freien Wirtschaft tätig. Individuell und offen will er auf die trauernden Kunden eingehen. Er setze auf Fachkräfte und Qualifikation, sagt der Bestattermeister, der auch die Weiterbildung zum Thanatopraktiker absolviert hat. Mit dieser Zusatzausbildung ist Schwarz in der Lage, einen Toten nach einem Unfall wieder in einen würdigen Zustand zu bringen.

In seiner täglichen Arbeit geht es aber auch viel um das Zuhören. "Wir sind in erster Linie Dienstleister und versuchen, die Bedürfnisse der Menschen, die zu uns kommen, zu verstehen."

Trauer ist individuell und macht vor niemandem Halt

Tod und Sterben betrifft irgendwann jeden. Direkt oder indirekt. Laut einer Erhebung des Bundesverbandes Deutscher Bestatter hat jeder Mensch über 30 in Deutschland im Schnitt alle 17 Jahre mit einem Bestatter zu tun. Stirbt jemand im Verwandten- oder Bekanntenkreis, gilt es, einen persönlichen Weg zu finden, damit umzugehen. "Beim Trauern geht es nicht darum, einen Verstorbenen zu vergessen. Es geht darum, ihm einen neuen Platz im eigenen Leben zu geben, damit man selbst wieder positiv lebt", erklärt Schwarz das Ziel bei einer Trauerbegleitung.

Empathie ist der Schlüssel

Ernst Schönhaar hat das nach dem Tod seiner Schwiegereltern mittlerweile geschafft. Für den Kaufbeurer waren die Trauerfeiern ein würdiger Rahmen. Empathie sei das Schlüsselwort. Wichtig sei ihm auch gewesen, dass ein kirchlicher Beistand dabei war. Das sei aber individuell.

Aufsehenerregende Marketing-Aktion

Das Bestattungsunternehmen Trostschmiede liegt im Herzen Kaufbeurens. Nachdem er erstmals die Vorhänge der Schaufenster geöffnet hatte, sei der Anblick der Särge und Urnen auf ein geteiltes Echo der Passanten gestoßen, berichtet Michael Schwarz.

Der offene – fast schon konfrontative Umgang der Trostschmiede kam anfangs in Kaufbeuren nicht bei jedem gut an. Michael Schwarz machte mit einer Marketing-Aktion bundesweit vor 13 Jahren auf sich aufmerksam. Im Stadtgebiet waren auf einmal Leichentransport-Anhänger der Firma Trostschmiede verteilt. Auch in der Nähe eines Seniorenheims. Nach einem Anruf holte Michael Schwarz sie nach rund 15 Minuten wieder ab. Noch heute werde er wöchentlich auf die Aktion angesprochen. Rückblickend sagt er: "Marketing ist in unserer Branche sehr vorsichtig zu gestalten. Macht ein Bestatter Marketing, führt er Menschen den Tod vor Augen. Das ist nicht immer angenehm."

Das Beste sei ohnehin gute Arbeit und zufriedene Kunden. Tod und Sterben brauche Platz im Leben und auch mitten in den Städten – deswegen ist Michael Schwarz mit seinem Unternehmen auch mittendrin in Kaufbeuren. Man müsse einzelnen Tragödien pietätvoll begegnen. "Ich bin aber überzeugt, dass auf einer Trauerfeier auch gelacht werden kann. Man feiert das Leben des Verstorbenen und ich bin sicher, dass es kaum jemanden auf der Welt gibt, der nicht ein wenig Spaß am Leben hatte."

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