Im November 1986 bastelte die DDR-Bürgerin Hannelore Mohn aus Alufolie und rotem Kreppapier ein DIN A4-großes "A" und stellte es in ihr Fenster. Der Buchstabe stand für "Ausreise" und symbolisierte den Wunsch, die DDR zu verlassen. Im Herbst 1985 hatte Familie Mohn einen Ausreiseantrag gestellt und war damit ins Visier der Stasi geraten.
Als das "A" im Fenster auftauchte, nahmen Beamte der Staatssicherheit das Ehepaar unter dem Tatverdacht der "Beeinträchtigung staatlicher Tätigkeit" in Untersuchungshaft. Der rote Buchstabe ist nun eines von 21 Exponaten der Wanderausstellung "Alles Wissen Wollen - Die Stasi und ihre Dokumente", die bis zum 26. März in der VHS Hofer Land zu sehen ist.
Schild und Schwert der Einheitspartei: die Stasi
"Die Stasi hat sich selbst als Schild und Schwert der SED bezeichnet und das trifft es ganz gut", sagt Professorin Daniela Münkel vom Bundesarchiv Stasi-Dokumente-Archiv in Berlin bei der Ausstellungseröffnung. "Am Ende hat immer die SED, die Sozialistische Einheitspartei der DDR, entschieden." 1989 betrug die Zahl der Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit rund 91.000. Hinzu kamen etwa 189.000 Mitarbeiter, die inoffiziell agierten.
Die Stasi überwachte somit 40 Jahre lang fast alle Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens der DDR mit ihren am Ende rund 16,4 Millionen Einwohnern. Im Rahmen der Friedlichen Revolution wurde sie aufgelöst. Die Stasi hinterließ Unmengen an Dokumenten, Objekten, Fotos und Videos, die im Stasi-Dokumente-Archiv im Bundesarchiv lagern. Daniela Münkel spricht von "111 Kilometern Akten". Die Erschließung dieser Zeugnisse und ihre Bereitstellung für die Aufarbeitung ist gesetzlicher Auftrag des Stasi-Unterlagen-Archivs.
Hof war Hotspot der Stasi
"Hof ist der richtige Ort für die Ausstellung", meint Oberbürgermeisterin Eva Döhla (SPD), denn in Hof habe es zu DDR-Zeiten viele Stasi-Mitarbeiter gegeben: "Da waren die Grenzlage und Behörden, die man ausspionieren konnte." Innerdeutsche Themen seien auch deshalb in Hof gut aufgehoben, betont Döhla, weil hier im Jahr 1989 viele DDR-Bürger, die mit den Zügen aus der Prager Botschaft ankamen, "in Hof zum ersten Mal den Fuß auf einen freien und demokratischen Boden gesetzt haben".
Das Angebot des Bundesarchivs, im Rahmen der Eröffnung interessierten Hoferinnen und Hofern beim Stellen des Antrags auf persönliche Akteneinsicht zu helfen, wurde gerne in Anspruch genommen. "Ich möchte wissen, ob ich Informationen finde zu einem Schulausflug nach Ost-Berlin, wo wir möglicherweise bespitzelt wurden", erklärt ein älterer Herr. Eine Frau hat mehrere Jahre in Thüringen gelebt und möchte wissen, ob über sie eine Akte angelegt wurde. "Anträge auf persönliche Akteneinsicht kann man mittlerweile auch auf der Homepage des Stasi-Dokumente-Archivs (externer Link) stellen", erklärt Daniela Münkel.
Politische Bildung im VHS-Foyer
"Alles Wissen Wollen" ist eine hybride Ausstellung. An den Vitrinen mit den Exponaten befinden sich QR-Codes, die mit dem Handy gescannt werden können und zur Webseite der Ausstellung (externer Link) führen. Dort finden Leserinnen und Leser historische und biografische Hintergründe und tiefere Einblicke in Ideologie, Struktur und Methoden der Stasi.
Die VHS Hofer Land zeigt die Wanderausstellung bis zum 26. März in ihrem Foyer in der Ludwigstraße 7. Der Eintritt ist kostenfrei möglich zu den Öffnungszeiten der VHS: wochentags von 8 Uhr bis 17 Uhr, freitags bis 15 Uhr. "Politische Bildung ist einer unserer Aufträge", sagt Alexander Greßmann von der VHS Hofer Land. "Wir wünschen uns, dass eine breite Bevölkerungsschicht die Wanderausstellung bei uns besucht."
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