Anfang November wurde im sogenannten Doppelgängerinnen-Mordprozess vor dem Landgericht Ingolstadt die Beweisaufnahme geschlossen.
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Anfang November wurde im sogenannten Doppelgängerinnen-Mordprozess vor dem Landgericht Ingolstadt die Beweisaufnahme geschlossen - zunächst.

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Doppelgängerinnen-Prozess: Anklage plädiert auf lebenslänglich

Doppelgängerinnen-Prozess: Anklage plädiert auf lebenslänglich

Im Doppelgängerinnen-Prozess hat die Staatsanwaltschaft heute lebenslange Haftstrafen gefordert. Die Tat sei laut der Staatsanwältin "in ihrer Verdorbenheit und Skrupellosigkeit unübertroffen". Die Verteidigung könnte weitere Beweise vorlegen.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Die Staatsanwältin spricht von einer "brutalen Hinrichtung". Heimtückisch hätten die beiden angeklagten Mitzwanziger ihr arg- und wehrloses Opfer in ein Waldstück gelockt und dort mit über 50 Messerstichen getötet. Den perfiden Mordplan habe die Deutsch-Irakerin ausgeheckt. Sie habe im Internet nach einer ihr extrem ähnlich sehenden Frau, ihrer Doppelgängerin, gesucht. Die Tat-Ausführung habe dann ihr Komplize übernommen. Daran gibt es für die Staatsanwaltschaft nach der sehr langen Beweisaufnahme keinen Zweifel.

Anklage hält Sicherheitsverwahrung für angebracht

Weil die Angeklagte schon in der Vergangenheit ihre Probleme mit Gewalt gelöst habe, zieht die Staatsanwältin Sicherheitsverwahrung im Anschluss an die Haftstrafe in Betracht. Ebenso für den Angeklagten. Dieser habe sich – ohne erkennbares Motiv – innerhalb weniger Tage für den Mord-Plan rekrutieren lassen. Deshalb gebe es für ihn, so die Staatsanwältin, "keinen Platz mehr in der Gesellschaft". Mit Blick auf die Sicherheitsverwahrung tritt das Gericht noch einmal in die Beweisaufnahme ein.

Fall wird bundesweit als Doppelgängerinnen-Mordprozess bekannt

In ihrem Schlussvortrag vor dem Landgericht Ingolstadt betont Staatsanwältin Kristina Dirnberger, dass sie die zu Prozessbeginn verlesene Anklageschrift in vollem Umfang bestätigt sieht. Dafür sprächen die ungezählten Spuren, Daten, Zeugen- und Sachverständigenaussagen. Für die Vertreterin der Anklagebehörde steht fest, dass die beiden angeklagten Mittzwanziger, die beide damals im oberbayerischen Ingolstadt wohnten, im August 2022 gemeinsam einen Mord begangenen haben. Weil das Opfer der Angeklagten Deutsch-Irakerin sehr ähnlich sieht, wurde das Verfahren als Doppelgängerinnen-Mordprozess bundesweit bekannt.

Mordplan ausgeheckt und Doppelgängerin gezielt gesucht

Den Mordplan ausgeheckt hat laut Staatsanwaltschaft die Deutsch-Irakerin Scharban K. Sie suchte im Internet gezielt nach einer Doppelgängerin. Dies belegten die ausgewerteten Handy-Chatverläufe. Ihr Ziel sei es gewesen, deren "Identität zu übernehmen und so ein neues Leben anzufangen", so die Vertreterin der Anklagebehörde. Scharban K. habe eine höchst manipulative Persönlichkeit, daher sei es ihr innerhalb kürzester Zeit gelungen, den Mitangeklagten zur Tat zu überreden.

Das Motiv des Angeklagten sei allerdings nach wie vor unklar. Der Mann schweigt seit Beginn des Prozesses. Verschiedene Motive kämen laut Staatsanwaltschaft in Frage: Liebe oder versprochene Geldleistungen. Für letzteres gebe es aber keine Beweise. Wahrscheinlicher sei, dass er der Angeklagten einen Gefallen tun wollte und seine Gewaltphantasien ausleben wollte.

Mordmerkmal der Heimtücke und niedrige Beweggründe

Erwiesen sei, dass beide aus niedrigen Beweggründen getötet haben. Bei dem Angeklagten, da er willkürlich ohne konkreten Anlass getötet habe; bei der Angeklagten, weil sie tötete, um ihr Leben zu verbessern. Zweifelsfrei sieht die Staatsanwaltschaft bei beiden Angeklagten auch das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt: Die Angeklagten hätten ihr Opfer in ein Waldstück gelockt und dort deren Arglosigkeit und Wehrlosigkeit ausgenutzt. Die Tat sei "in ihrer Verdorbenheit und Skrupellosigkeit unübertroffen", so die Staatsanwältin in ihrem Schlussvortrag wörtlich.

Besondere Schwere der Schuld

Die besondere Schwere der Schuld sei gegeben, da die Tat weit über gewöhnliche Morde hinausragt. Beide Angeklagte hätten "aus Selbst- und Eigennutz ein unschuldiges junges Leben vernichtet". Den perfiden Mordplan habe die Angeklagte gefasst. Der Angeklagte wiederum habe die Tat mit großer Brutalität ausgeführt. Sollte die Strafkammer diesem Antrag nachkommen, könnte die Haftstrafe voraussichtlich nicht bereits nach 15 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Nebenklage, die den Vater des Opfers vertritt, hat sich in ihren Forderungen der Staatsanwaltschaft angeschlossen.

Gericht wieder in die Beweisaufnahme eingetreten

Da das Gericht wieder in die Beweisaufnahme eingetreten ist, wurde der Prozess bis nächsten Dienstag unterbrochen. Die Verteidigerteams der beiden Angeklagten behielten es sich vor, beim nächsten Termin noch Beweisanträge zu stellen. Dadurch könnten sich die Plädoyers der Verteidigung nochmals verzögern.

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