Montagabend in Großwallstadt im Landkreis Miltenberg: Ein Autofahrer fährt in eine Gruppe feiernder Menschen auf dem Weg zum Kirchweihplatz. Jetzt rekonstruieren die Ermittler die Sekunden vor dem Notfall. Laut ihnen steckt – anders als zwischenzeitlich vermutet – kein versuchtes Tötungsdelikt hinter dem Vorfall.
Es gebe keine Anhaltspunkte für ein "vorsätzliches Kapitaldelikt", heißt es in einer Pressemitteilung der Polizei. Man gehe "nach wie vor von einem Unfallgeschehen" aus. "Es sieht im Moment danach aus, dass es keine Absicht war", sagt Polizeisprecher Florian Leimbach.
Kripo ermittelt: Vorsatz nicht auszuschließen
Ursache war dem Polizeisprecher zufolge möglicherweise ein medizinischer Notfall des 58-jährigen Fahrers, der nach dem Zusammenstoß reanimiert werden musste. Dass dieser absichtlich in die Gruppe Feiernder gefahren sei, sei dennoch ebenfalls denkbar. "Ein vorsätzliches Herbeiführen des Unfalls" könne "nach wie vor nicht ausgeschlossen werden", heißt es in der Pressemitteilung.
Deshalb sei in Absprache mit der Staatsanwaltschaft nun auch die Kripo Aschaffenburg in die Ermittlungen mit eingebunden. Das Ermittlungsteam versuche die Hintergründe zu rekonstruieren und sucht dazu auch Zeuginnen und Zeugen, die den Vorfall beobachtet oder möglicherweise sogar gefilmt haben.
Fünf Leichtverletzte, darunter ein zehnjähriges Kind
Der Mann hatte am Montagabend mehrere Menschen in einer Gasse in Großwallstadt mit seinem Auto erfasst. Ein zehnjähriges Mädchen, zwei Frauen und zwei Männer wurden leicht verletzt. Laut Polizei liegt der Fahrer noch im Krankenhaus und konnte bislang nicht vernommen werden. Die fünf Leichtverletzten werden wie weitere Augenzeugen des Geschehens intensiv befragt.
Der Mann war mit seinem Auto in eine Menschengruppe gerast, die auf dem Weg zur Kirchweih am Mainufer waren. Vor dem Zusammenstoß soll sich der Mann über die Menschen geärgert haben. Das berichten dem BR auch mehrere Anwohner.
Zeugenberichte: Autofahrer schimpfte über Gruppe
"Ich bin hinter dem Auto gelaufen, habe gesehen, wie es immer wieder auf meine Kumpels, die da mit einem Tisch unterwegs waren, aufgefahren ist. Dann geriet das Auto außer Kontrolle, hat mit voller Drehzahl durchgezogen und ist geradeaus runter an die Sandsteinmauer und dort gegen ein geparktes Auto gefahren", erzählt Stefan Schmidt. Er steht am Ort des Geschehens in der Schmalzgasse und kann es noch gar nicht fassen. Der Schock sitzt ihm in den Knochen, er habe seine Kumpels durch die Gegend fliegen sehen.
Ähnliches erzählt Helmut Schmitz, Anwohner der Schmalzgasse, die vom Ort zum Mainufer führt, wo die traditionelle Kirchweih aufgebaut war. "Der hat halt gehupt und konnte an den Jungs nicht vorbeifahren, hat geschimpft. Dann hat er Gas gegeben, den Tisch umgeknallt, die Jungs sind durch die Gegend geflogen – ich hab gedacht, hoffentlich ist da keiner tot!"
Bürgermeister: Trotz Gerüchteküche gilt Unschuldsvermutung
Der 58-jährige Unfallverursacher soll selbst in der der betroffenen Gasse wohnen. In den sozialen Netzwerken wird heftig spekuliert, was sich genau ereignet hat. Laut Großwallstadts Bürgermeister Roland Eppig brodelt die Gerüchteküche. Eppig sagt vor Ort im BR-Gespräch: "Es gilt die Unschuldsvermutung. Wir von der Gemeindeverwaltung gehen aktuell von einem medizinischen Hintergrund aus. Der Mann musste vor Ort ja reanimiert werden."
Nach Eppigs Informationen standen die Betroffenen mit einem fahrbaren Holztisch auf der Straße, als der Wagen des 58-Jährigen sie erfasste. Diese Tische auf Rollen würden manchmal von einigen Kirchweih-Burschen geschoben.
Ein Sachverständiger hatte bereits am Montag den Unfallort untersucht, um den Hergang zu klären. Nun werde er das Auto und den Holztisch ansehen, sagte Polizeisprecher Leimbach. Das Gutachten des Experten dürfte frühestens in vier Wochen vorliegen.
Kirchweihfest wurde abgebrochen
Großwallstadt liegt unweit der Landesgrenze zu Hessen und knapp 20 Kilometer südlich von Aschaffenburg. Am Montag war der letzte Tag der dreitägigen "Wällster Kerb", einem Kirchweihfest, das traditionell mit der Verbrennung einer Strohpuppe namens "Kerb-Hannes" enden sollte. Das Fest wurde allerdings nach dem Vorfall abgebrochen.
Mit Informationen von dpa
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