Eine 3-Zimmer-Wohnung in München. Hier leben Verena und Alex. Und seit fünf Monaten auch ihre Tochter Ellie. Heute bekommen Sie Besuch von Maryam Krimphove – ihrer Doula. Vier Monate haben Sie sich nicht gesehen. Maryam Krimphove hat die Familie im Wochenbett betreut.
Schon vor Ellies Geburt stand für Mama Verena fest, dass Sie in diesen ersten Wochen nach der Geburt eine Unterstützung möchte.
"Das war tatsächlich komplett unabhängig von der Hebamme", erzählt Verena. "Ich hatte eine super Hebamme auch in der Vorsorge. Aber für mich war die Doula zusätzlich. Also gerade für das, was die Hebamme nicht macht. Die Hebamme kocht ja für mich kein Essen oder so. Oder massiert mich. Mein Wunsch nach einer Doula kam eher aus dem Gedanken heraus, wenn die Familie nicht so nah ist, dass da noch jemand ist, der unterstützt."
Maryam Krimphove ist selbst zweifache Mutter. Seit eineinhalb Jahren arbeitet die 35-Jährige als Doula in München. Sie begleitet Familien vor, während und nach Geburten. Je nachdem, was sich Paare wünschen. Und die Nachfrage steige, sagt sie.
Die Doula als neutrale Begleiterin
Neben der Mütterpflege im Wochenbett mit zehn Stunden Hausbesuch, Kochen und Stillberatung arbeitet sie auch in einer Gemeinschafts-Praxis mit Hebammen. Hier berät sie vom Thema Geburtsort bis zur konkreten Geburtsbegleitung.
Wichtig: Als Doula darf sie keine medizinischen Untersuchungen durchführen. Sie sieht sich als emotionale Unterstützung für Eltern. Bei der konkreten Geburtsbegleitung im Kreißsaal ist sie die neutrale Begleiterin der Paare. Ihre Aufgabe ist es, eine gute Atmosphäre für die werdenden Eltern zu schaffen. Eine medizinische Verantwortung übernimmt sie dabei nicht - anders als eine Hebamme.
"Mir ist es total wichtig, dass es ein Zusammenarbeiten ist zwischen Hebamme und Doula", erklärt Maryam Krimphove. "Dass man sich gegenseitig respektiert und da auch ganz klar abgegrenzte Rollen hat."
Dieser Aspekt war auch in Krimphoves einjähriger Ausbildung wichtig, in der sie unter anderem mehrere Geburten begleitet hat.
Doula – ein Beruf ohne standardisierte Ausbildungskriterien
Jedoch: Doula ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Auch ohne Ausbildung kann man sich so nennen. Zudem ist in den letzten drei Jahren die Zahl der Ausbildungs-Institute stark gestiegen. Von drei auf mittlerweile 15 bis 20. Der Doula Verbund Deutschland e.V. blickt deshalb besorgt auf diese Entwicklung - aus mehreren Gründen, wie die Vorsitzende Sylvia Fischer erklärt.
"Das hat einerseits etwas mit den unterschiedlichen Qualitäten definitiv zu tun. Der andere Aspekt ist, dass es für die Frauen, die gerne Doula werden möchten, sehr unübersichtlich geworden ist. Und der dritte Aspekt ist letztendlich die Rezeption von Eltern oder Fachpersonal, die zu Recht eben auch die Frage stellen, haben wir es hier mit einer professionell ausgebildeten Doula zu tun oder eben nicht."
Das zu erfragen, liegt im Ermessen der Eltern. Tatsächlich sind die Ausbildungskriterien nicht festgelegt. Eine einjährige Ausbildung wie die von Maryam Krimphove gehört zu den umfangreichen Angeboten. Bei ihr gehörte ein Kreißsaal-Praktikum dazu, bei dem sie mehrere Geburten begleitete, sowie Kenntnisse über Gebär-Positionen und Schmerzbehandlung. Es gibt aber auch Anbieter, deren Ausbildung sich nur auf einige Stunden Online-Unterricht beschränkt. Dabei sei gerade bei der Geburtsbegleitung im Kreißsaal eine vertiefte Ausbildung wichtig, betont Sylvia Fischer.
"In dem Moment, wo ich eine Dienstleistung anbiete, muss ich Professionalität mitbringen. Es ist unabdingbar, dass eine Doula mit sich und ihrer Geschichte und ihren Einstellungen rein ist und damit auch nicht in eine Wertung geht, wenn Sie in einen Kreißsaal geht, weil das nicht ihre Aufgabe ist. Und das wird in einer guten Ausbildung trainiert. Wenn man das nicht hat, kann es zu Kollisionen kommen, weil man bewusst oder unbewusst Grenzen überschreitet."
Wie wichtig es für eine Frau ist, während der Geburt eine vertraute Person an ihrer Seite zu haben, betont auch der bayerische Hebammen-Landesverband. Jedoch ließen das der Zeitdruck und Schichtbetrieb von Hebammen in Kliniken oft nicht zu. Dabei kämpfe der Hebammen-Landesverband dafür, wieder eine 1:1-Betreuung durchführen zu können, erläutert Maria Jacobi.
"Das Traurige ist, dass Frauen das eben in der aktuellen Situation in unserem Gesundheitssystem nicht durch Hebammen erfahren können. Und da kommen die Doulas ins Spiel. Und insofern sind sie natürlich eine Unterstützung für die Frauen. Aber sie flicken eigentlich ein Loch im Gesundheitssystem, das nicht bestehen dürfte", findet Maria Jacobi, Hebamme und Vorständin des bayerischen Hebammen-Landesverbands.
Ersetzen werden Doulas Hebammen nicht. Dafür fehlt Ihnen die medizinische Ausbildung. Eine emotionale Unterstützung für Gebärende möchten aber beide Berufsgruppen bieten.
Kostenfaktor: Doulas legen ihre Preise individuell fest
Wenn sich Frauen oder Paare zusätzlich für die Betreuung durch eine Doula entscheiden, spielt auch das Thema Kosten eine Rolle.
Während Hebammen einen festen Vergütungssatz haben, den die Krankenkassen übernehmen, legen Doulas ihre Preise selbst fest. Und einen Krankenkassenzuschuss gibt es in der Regel nicht.
Für eine Geburtsbegleitung mit Rufbereitschaft berechnet Doula Maryam Krimphove 890 Euro. Die Kosten für eine Wochenbett-Betreuung fangen bei 385 Euro an.
"Die Kosten waren für uns natürlich ein Thema", sagen auch die Eltern Verena und Alex aus München. "Wir mussten unsere Prioritäten abwägen. Aber letztendlich war es uns die Unterstützung und der begleitete Start ins Familien-Leben mit Ellie wert."
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