Philipp Böss beugt sich über die Außenwand seines schmalen Fischerkahns. Mit einem Kescher fischt er geschickt eine verrostete Bierdose aus dem glasklaren Wasser des Chiemsees. "Das ist hier leider keine Seltenheit," sagt der junge Berufsfischer aus Bernau am Chiemsee. "Wir haben sogar mal einen kleinen Hecht gefangen, der in eine Plastikröhre reingeschwommen und nicht mehr rausgekommen ist." Seine Kollegen nehmen manchmal Forellen aus, die Zigarettenstummel im Magen haben. Auch Möwen verschlucken die Kippen.
Müll vom Parkplatz weht in den Chiemsee
Hinter Philipp Böss erstreckt sich eine graue, etwa 500 Meter lange Kaimauer, die Teil des Müllproblems ist: Der beliebte Rastplatz Chiemseeblick an der A8 zwischen Salzburg und München. Hunderte Reisende stoppen hier jeden Tag ihr Auto und genießen die traumhafte Sicht auf die Herreninsel.
Doch nicht alle nutzen die aufgestellten Mülleimer und die Toiletten. Der Parkplatz riecht – vorsichtig formuliert – streng. Auf dem Boden und im Uferbereich liegen Windeln, Plastikflaschen, Keksverpackungen, Zigarettenkippen und ganze Müllsäcke. "Pendler mit Nummernschilder aus dem Landkreis Traunstein oder Berchtesgadener Land entsorgen ihren Hausmüll in den Mülltonnen." Das hat der Siegsdorfer Wolfgang Stephl beobachtet. Der Rentner ist immer gerne an den Rastplatz gefahren, um Wasservögel zu beobachten. "Aber mittlerweile möchte ich hier nicht mehr hinfahren, weil’s mich graust“.
Millionen für Reinigung der Rastplätze
Zuständig für den Parkplatz direkt am Chiemsee ist die bundeseigene Autobahn GmbH in Südbayern. Deren Pressesprecher Josef Seebacher kennt das Problem. Die GmbH gibt mehrere Millionen Euro im Jahr für die Reinigung der Rastplätze in Südbayern aus. "Wir machen dreimal in der Woche auf diesem Parkplatz sauber, aber wir kommen einfach nicht hinterher. Wenn wir das hochfahren, kostet das die Steuerzahler noch ein paar Millionen mehr im Jahr."
Schlachtabfälle auf Parkplätzen
Am Rastplatz Chiemseeblick sei es besonders schlimm, weil sich auf dem langgestreckten Parkstreifen viele Menschen unbeobachtet fühlten. Ein Einzelfall sei er aber nicht. "Einige kleine Parkplätze haben wir schon gesperrt", erklärt Josef Seebacher. "Die werden häufig für die Entsorgung von Hausmüll genutzt. Wir mussten auch schon Schlachtabfälle und Eternitplatten entsorgen."
Den Rastplatz am Chiemsee möchte Josef Seebacher aber nicht schließen lassen. Die Reisenden sollten besser sensibilisiert werden. "Wir müssen die Menschen, die dort den schönen Blick genießen, davon überzeugen, dass sie diesen Parkplatz auch schön hinterlassen." Nach der Recherche des BR will er darüber nachdenken, Schilder auf dem Problemparkplatz am Chiemsee aufstellen zu lassen.
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