Waltraud Bauer steht hinter ihrer Ladentheke und lacht etwas schüchtern in die Kamera. Die über 80-jährige Frau führt seit 60 Jahren eine Drogerie in Uffing am Staffelsee. Dass sie für eine Ausstellung in einem Museum fotografiert wird, sei jedoch eine ganz neue Erfahrung für die langjährige Geschäftsfrau gewesen, erzählt Sascha Chowdhury, der das Foto gemacht hat. Nach anfänglicher Skepsis habe sie dann aber doch mitgemacht.
"Die Drogerie ist ein wichtiger Ort hier", erklärt der Fotograf. Die Einwohner im oberbayerischen Uffing und aus der Umgebung gingen da nämlich nicht nur hin, wenn sie etwas kaufen wollen. Die Ladeninhaberin habe sich im Laufe ihres langen Berufslebens so viel Wissen über Salben oder Kräuterheilkunde angeeignet, dass die Dorfbewohner sie auch gerne aufsuchten, um sich Informationen oder Tipps abzuholen - oder um einfach ein bisschen zu ratschen.
"Der Ort lebt von der Landschaft und von den Menschen"
Das Foto von Waldtraud Bauer hinter der Ladentheke ihrer alten Drogerie ist eines von zwanzig Portraits, die derzeit im Uffinger Heimatmuseum ausgestellt werden. Der Fotograf Sascha Chowdhury will damit die Menschen zeigen, die den Ort zu dem machen, was er ist.
"Jeder, der Uffing kennt, weiß, dass der Ort von der Landschaft und den Menschen lebt", so der Fotograf, der während der Öffnungszeiten selbst im Heimatmuseum anwesend ist und Hintergründe zu den Bildern erzählt. Weil die Menschen den Ort so stark prägen, habe er sich entschlossen, Teile der Dorfgemeinschaft selbst im Museum zu zeigen: "Es war mir ein Bedürfnis, diesen Menschen, die sich im Ort engagieren, die Möglichkeit zu geben, sich mal in Form eines Bildes zu zeigen."
Das Spannende an dem Projekt sei auch, so der Fotograf, dass Besucherinnen und Besucher in einem Museum eigentlich etwas anderes erwarteten. "Plötzlich hängen da die Menschen, die sie selbst aus den Vereinen des Ortes, aus der Dorfgemeinschaft kennen."
Dorfbewohner lernen sich neu kennen
Der Fotograf hat die Menschen in Uffing im Sommer 2022 fotografiert. Wichtig sei ihm dabei gewesen, sie in einer für sie natürlichen oder prägenden Umgebung zu zeigen. Da ist beispielsweise ein bekannter lllustrator und Maler in seinem Uffinger Atelier zu sehen. Oder ein Dorfbewohner, der zwar einen anderen Beruf hat, daheim aber leidenschaftlicher Gärtner ist - was wohl viele Uffinger nicht wussten. Nun hängt ein Bild von ihm im Museum, mit Gartenhaus im Hintergrund und Rechen in der Hand. "Das war für die anderen Bewohner überraschend, ihn so aus einer ganz neuen Perspektive zu sehen", berichtet der Fotograf. So hätten sich seit Beginn der Ausstellung viele Menschen des Dorfes aus einer ganz neuen Perspektive kennengelernt.
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Liebeserklärung an die Heimat
Die Ausstellung ist für Sascha Chowdhury auch so etwas wie eine Liebeserklärung an seine neue Heimat. Der ausgebildete Fotograf wurde 1965 in Aachen geboren. Heute arbeitet er als Unternehmer im Medien- und Gesundheitsbereich und gibt in Uffing das Bürgerblatt "Hoagart" heraus.
"Meine Frau Stephanie und ich haben lange nach diesem paradiesischen Ort gesucht - und diesen vor gut zehn Jahren gefunden. Seither leben und lieben wir Uffing. Die einzigartige Natur, der traumhafte See, das bunte Gemeindeleben", so Chowdhury. Ganz besonders hätten es ihm jedoch die Menschen angetan. "Irgendwie scheint hier alles etwas anders, ja wie verwandelt zu sein. Diese Verwandlung ist mir auch bei der Vorbereitung zu dieser Fotoausstellung begegnet."
"Wunderbare Bilder von wunderbaren Menschen"
Bei der Ausstellung wollte sich Chowdhury auf das Wesentliche konzentrieren. Sowohl für ihn als Fotografen als auch für die Menschen im Ort sei es ein "Experiment" gewesen. Schade sei nur gewesen, dass nicht so viele Frauen wie Männer mitmachen wollten. Dies sei, aus seiner Sicht, oft aus "falscher Bescheidenheit" passiert. Vor allem Frauen seien skeptisch gewesen, sich mitten im Zentrum des Ortes, im Uffinger Heimatmuseum, in dieser doch sehr persönlichen Form öffentlich zu zeigen.
Bei der Ausstellungseröffnung am 20. August seien die Porträtierten dann aber dennoch überrascht und begeistert gewesen, erzählt der Fotograf. So schrieb beispielsweise Michaela Mück, die sich von Chowdhury unter einem Baum fotografieren ließ, ins Gästebuch: "Wunderbare Bilder von wunderbaren Menschen. So ist Uffing und Schöffau (Gemeindeteil von Uffing, Anm. d. Redaktion): offen, selbstbewusst, freundlich, nachdenklich, handfest, stolz."
Bewohner dürfen ihre Fotos behalten
Die Ausstellung am Staffelsee geht noch bis Sonntag, 4. September. Jede auf den Fotos dargestellte Person darf ihr eigenes Bild dann abhängen und als Erinnerung mit nach Hause mitnehmen.
Rund 3.000 Menschen in der Gemeinde Uffing konnten im Rahmen der Fotoausstellung jedoch nicht porträtiert und ausgestellt werden. Chowdhury hat sich deshalb auch für sie etwas einfallen lassen: Im Heimatmuseum gibt es auch eine "Buidlmacha-Fotobox". Damit kann sich jeder selbst fotografieren und sein Porträt dann im Internet "ausstellen".
Fotoausstellung "Uffing 2022"
20.08. – 04.09.2022
Heimatmuseum, Hauptstr. 16, 82449 Uffing a. Staffelsee
Öffnungszeiten: samstags und sonntags von 15.00 - 18.00 Uhr, mittwochs von 16.00 - 18.00 Uhr und nach Vereinbarung