Blumen und Besucherinnen und Besucher auf der Landesgartenschau in Freyung
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Blumen und Besucherinnen und Besucher auf der Landesgartenschau in Freyung (Archivbild)

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Ein Jahr nach Freyung-Gartenschau: "Würden uns wieder bewerben"

Blumenmeer, Konzerte und viele andere Veranstaltungen – vor einem Jahr lief die Landesgartenschau in Freyung im Bayerischen Wald an. Die Macher hatten die Hoffnung, damit einen verschlafenen Ortsteil wiederzubeleben. Ging der Plan auf?

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Von Mai bis Oktober vergangenen Jahres wuselte es nur so am Geyersberg oberhalb von Freyung. Hunderttausende Besucher ließen sich von Bussen auf den Berg shuttlen – zur höchstgelegenen Gartenschau Bayerns. Heute, ein Jahr später, ist es deutlich ruhiger als damals. Aber bei Weitem nicht so gespenstisch leer wie in den Jahren zuvor.

Der Geyersberg als neues Ausflugsziel

Der Geyersberg lebt. Urlauber und Einheimische balancieren durch den Kletterpark, Kinder wie Erwachsene springen auf Trampolinen herum. Daneben, wo einst die Infostände der Landesgartenschau aufgebaut waren, befindet sich seit wenigen Tagen ein Campingplatz. Die Hecken, die Trenner zwischen den Infoständen waren, sind Sichtschutz zwischen den Stellplätzen.

"Wir haben ein neues Naherholungsgebiet", sagen Hoteliers, Geschäftsleute und Einheimische unisono. "Vor der Landesgartenschau ist man nicht auf den Geyersberg gefahren, jetzt ist es für Familien mit Kindern völlig üblich, am Sonntag raufzukommen", erzählt eine Mutter.

Nicht alle Kommunen wollen Landesgartenschau

Landesgartenschauen sind teuer. Rund acht Millionen Euro gaben Bayerns Umwelt- und Bauministerium für die Schau in Freyung. Die Stadt selbst investierte mehr als sechs Millionen. Aber nicht überall können und wollen sich Kommunen eine Landesgartenschau leisten: In Traunstein sprachen sich die Bürger 2016 in einem Bürgerentscheid dagegen aus. Schweinfurt hatte den Zuschlag für die Landesgartenschau 2026 bekommen, stieg aber aus finanziellen Gründen aus. Nachrücker Tittmoning warf Anfang des Jahres ebenfalls hin.

Freyungs Bürgermeister Olaf Heinrich (CSU) würde hingegen sofort noch mal eine Bewerbung für die Schau unterstützen. Denn: "Die entstandenen Parkanlagen, der traumhafte Spielplatz und das sanierte Wegenetz rund um den Gipfel des Geyersbergs werden gut angenommen und frequentiert."

"Stadtteil war dem Verfall preisgegeben"

Rückblick in die 1970er-Jahre im Bayerischen Wald: Die Zonenrandförderung führte zu einem Bauboom – auch am Freyunger Geyersberg. So entstanden auf dem 800 Meter hohen Hügel mit Blick über die Stadt riesengroße Ferienwohnungen, Kur- und Rehakliniken aus Beton. Zunächst lockten sie Tausende Besucher. Doch mit der Zeit verfielen die Gebäude und standen leer.

"Der Stadtteil war dem Verfall preisgegeben, vor allem zu Beginn der 2000er-Jahre, als sich die Nutzung vom Tourismus hin zur Dauervermietung für sozial Schwache verändert hat", sagt Richard Gibis. "Wir haben uns schon vor zehn Jahren gefragt: Was können wir tun?", erinnert er sich weiter.

Renovierungswelle bei Ferienwohnungen

Gibis nahm sich selbst in die Pflicht. Der Optiker wurde zum Wirt, übernahm die "Geyerei", das Wirtshaus am Berg. Die Politik bemühte sich, Einheimische zu überzeugen, in der großen Ferienanlage am Geyersberg Wohnungen zu kaufen und zu renovieren. Als Freyung den Zuschlag für die Kleine Landesgartenschau bekam, nahm dieser Plan Fahrt auf. 80 Prozent der Ferienwohnungen wurden renoviert, sagt Julia Göllner. Sie leitet mit ihrem Mann Valentin den Ferienpark, die Vermietungs-GmbH betreibt die Stadt. Die beiden beobachten, dass mehr Besucher kommen, seitdem die Apartments renoviert sind. Die Landesgartenschau habe einen Prozess beschleunigt, den die Stadt ohnehin angeschoben hatte.

Tirschenreuth: See und Park statt Industriebrache

Dass Landesgartenschauen langfristig etwas bewegen können, zeigt das Beispiel Tirschenreuth. Die Oberpfälzer Stadt richtete das Event vor elf Jahren aus, und die Stadtverwaltung spricht noch heute von einem "Urknall". Das brachliegende Industriegelände wurde mit imposanten Brücken an die Stadt angeschlossen, ein einst trocken gelegter Teich geflutet. Entstanden ist eine Park- und Seenlandschaft mit Gastronomie und Bühne für Kultur.

Die Landesgartenschau allein sorgte aber nicht für den Effekt. Sie war eingebettet in ein Gesamtkonzept. Von 2002 bis 2024 wurden über 200 Millionen Euro in die Stadtentwicklung investiert. Auch nach der Schau folgten diverse Projekte – vom Umbau des Sudhauses zur Kletterhalle bis zur Sanierung des Theaters. Die Tirschenreuther zeigten sich so begeistert von den Folgen der Landesgartenschau, dass sie sich 2022 erneut bewarben. Diesmal gingen sie aber leer aus. Freyung bekam den Zuschlag.

Fokus auf Innenstadtentwicklung

Auch in der Bayerwaldstadt scheint die Gartenschau ein Puzzlestück im großen Ganzen zu sein. Denn los ging der Prozess schon deutlich früher – und zwar im Zentrum. Freyung investierte in den vergangenen Jahren bereits massiv in die Innenstadtentwicklung. Der Stadtplatz ist hergerichtet und belebt. Kleine, inhabergeführte Geschäfte reihen sich an Lokale, Brauerei und Kino. Es gibt kaum Leerstand. Und wo Lücken im Ortsbild klaffen, kauft die Stadt immer wieder Gebäude auf, renoviert sie und leistet sich beispielsweise eine Galerie und bald auch eine Genussmanufaktur. Dabei fällt auf, dass Freyung nicht auf Gewerbe im Außenbereich setzt.

Landesausstellung kommt nach Freyung

Wie geht es aber nun weiter nach der Landesgartenschau? Die nächsten Projekte stehen schon an: Eine leerstehende Klinik am Geyersberg wurde vom Freistaat Bayern gekauft. Hier zieht eine Polizei-Akademie ein. Und in Freyung selbst steht 2026 das nächste große Event auf dem Plan: die Landesausstellung mit dem Thema "So klingt Bayern - die bayerische Musikgeschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart".

Landesgartenschauen sind Besuchermagnete und die Austragungsorte bieten die Chance, sich herauszuputzen. Vom Freistaat fließen dazu regelmäßig Millionenbeträge. Doch was bleibt nach so einer Landesgartenschau übrig? Ein Blick nach Freyung.
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Landesgartenschauen sind Besuchermagnete und die Austragungsorte bieten die Chance, sich herauszuputzen.

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