Gaststätte ohne Alkohol
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Kerstin Gößl schenkt in ihrer Wirtschaft ohne Alkohol ein alkoholfreies Bier ein.

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Ein Wirtshaus ohne Alkohol – Wie läuft es nach einem Jahr?

Ein Wirtshaus ohne Alkohol – Wie läuft es nach einem Jahr?

In einem Wirtshaus in Großenohe in der Fränkischen Schweiz bleiben alle Gäste nüchtern. Seit einem Jahr setzten zwei Wirte auf die Kneipe ohne Alkohol – ausgerechnet im Bierland Bayern.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Auf den ersten Blick wirkt die Gaststätte von Kerstin Gößl und Vladimir Kloz wie jede andere auch. Doch in der Wirtschaft "Zur Sägemühle" in Großenohe im Landkreis Forchheim gibt es seit einem Jahr keinen Alkohol. Die beiden sind die ersten Wirte in Bayern, die sich das getraut haben. "Die haben uns schon die Insolvenz ans Bein gebunden", erinnert sich Kerstin Gößl zurück. In den Kommentaren in den Sozialen Netzwerken war von "Bevormundung" und "Diktatur" zu lesen.

Vom Traum zum Albtraum

Doch die beiden Wirte haben weitergemacht – aller Kritik zum Trotz. Für Vladimir Kloz ist die Gaststätte ohne Alkohol die letzte Chance. Denn hinter der Idee steckt eine traurige Geschichte. Bereits 2017 eröffnet das Paar ein Café in Ebermannstadt. In der fränkischen Kleinstadt wollen sie ihren Traum als Wirte verwirklichen. Doch dann kommt der Absturz.

Wegen Geldsorgen und Stress trinkt Vladimir Kloz mehr und mehr, wird cholerisch und aggressiv. "So viele Freunde haben zu mir gesagt: 'Was willst du mit dem Säufer?'", erzählt Kerstin Gößl unter Tränen. Doch sie hält zu ihrem Mann. Zuletzt trinkt Vladimir Kloz jeden Tag 15 Flaschen Bier. Sein Körper streikt. Endlich sucht er sich Hilfe und macht einen Entzug.

Im Video die ganze Reportage: Nüchtern in der Kneipe: Ein Wirtshaus ohne Alkohol

BR24 vor Ort: Ein Wirtshaus ohne Alkohol
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BR24 vor Ort: Ein Wirtshaus ohne Alkohol

Neustart ohne Alkohol

Nach dem Klinikaufenthalt ist klar: Das Paar will in der Gastronomie weiterarbeiten, nur ganz anders. Im Januar 2024 eröffnen die beiden Wirte neu. Auf der Karte im Gasthof "Zur Sägemühle" stehen ab jetzt nur noch alkoholfreie Getränke: Cocktails, Weine und allein 30 unterschiedliche Sorten Bier.

Nach einem Jahr zieht die Wirtin Bilanz: "Unser Hauptgeschäft ist während der Wandersaison im Frühling und Herbst." Im Winter sei es aber sehr ruhig gewesen. Die Wirte könnten sich in den Wintermonaten vor allem auf ihre Stammgäste verlassen, die die große Bierauswahl schätzen. "Ich habe mein Bier gefunden", sagt Oliver Frank, dem die alkoholfreie Alternative gut schmeckt.

Alkoholfreies Bier im Trend

Alkoholfreies Bier ist über die Jahre immer beliebter geworden. Das zeigt die Statistik. So hat sich der Absatz von alkoholfreiem Bier in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt, teilt das Statistische Bundesamt mit. Im Jahr 2023 lag der Marktanteil von alkoholfreiem Bier bei ungefähr sieben Prozent des gesamten deutschen Biermarktes, so der Verband Privater Brauereien Bayern.

Der Markt für alkoholfreie Biere werde laut dem Verband auch für kleine und mittelständische Brauereien immer attraktiver, sodass einige kleine Brauereien in die Produktentwicklung gingen und alkoholfreie Biere auf den Markt bringen.

Wirt: "Trotz Stress kein Alkohol"

Vladimir Kloz hat seit seinem Entzug vor einem Jahr keinen Alkohol mehr getrunken. Wenn es in der Küche stressig wird, versucht der Wirt, ruhig zu bleiben und nicht hektisch zu werden. "Die Gäste müssen einfach etwas warten", sagt er. Einige Gerichte sind vorbestellt, auch das reduziere den Stress.

Einkauf mit Hindernissen

Eine Herausforderung bleibt der Einkauf im Getränkemarkt. Die beiden Wirte müssen regelmäßig einkaufen gehen, denn alkoholfreies Bier gibt es nicht im Fass und auch nicht alle Brauereien beliefern die Wirte direkt. Die alkoholfreien Alternativen stehen im Laden neben den Getränken mit Alkohol. "Das ist natürlich eine Versuchung", sagt Kerstin Gößl. Sie habe Angst, dass sich ihr Mann doch für den Alkohol entscheidet.

Bisher blieb Vladimir Kloz stark. Zu viel steht auf dem Spiel. Und auch das Wirtshaus ohne Alkohol ist im ersten Jahr gut angelaufen. Die beiden wollen an ihrem Konzept auch in Zukunft festhalten.

Dieser Artikel ist erstmals am 30. Dezember 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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