Eine bisher für die breite Öffentlichkeit auf den ersten Blick unkonventionelle Energiequelle könnte getrockneter Klärschlamm sein. Durch richtige Verwertung kann aus dem Abfallprodukt Wärme und Benzin, Diesel oder Kerosin gewonnen werden. In Zeiten wie diesen klingt das verlockend. Doch in Bayern werden nach Recherchen des BR-Politikmagazins Kontrovers immer noch Anlagen geplant, die zum Teil fast gar keine Energie erzeugen, sich lediglich auf die Entsorgung des Klärschlamms konzentrieren. Wird hier eine wertvolle Energiequelle verheizt?
Im Kontrovers-Interview äußert sich Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) zu den Vorwürfen. Seine Idealvorstellung sei es, so viel Sprit wie möglich aus den Klärschlammvorräten zu gewinnen – auch wenn aktuell noch Anlagen in Bayern geplant werden, die nur auf Verbrennung setzten, erklärt Aiwanger.
Aiwanger: Klärschlamm als Energielieferant muss bekannter werden
Bayerns Wirtschaftsminister betont aber auch: "Wir haben nun mal keine staatliche Planwirtschaft, die solche Dinge verbietet. Wenn eine Kommune sagt, ich sehe Vorteile darin, den Klärschlamm energetisch zu benutzen und damit Wärme zu gewinnen, dann ist das auch eine sinnvolle Lösung."
Bei den Recherchen ist Kontrovers allerdings auch auf eine neu gebaute Anlage gestoßen, die offensichtlich gar keine Energie für die Bevölkerung produziert. Auch Aiwanger räumt ein, dass die Technik zur Spritproduktion aus Klärschlamm noch bekannter werden müsse, um eine wichtige Rolle bei der Energieversorgung zu spielen: "Da braucht man noch ein paar Jahre bis dorthin."
Streit zwischen Bund und Freistaat über Isar 2
Inmitten der Krise herrscht zudem Streit zwischen Bund und Freistaat über das Atomkraftwerk Isar 2, welches – wenn es nach Bayern geht – über das geplante Ende der Laufzeit hinaus auch noch im nächsten Jahr Strom produzieren soll. Nun wurden Vorwürfe der Bundesregierung laut, dass der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) absichtlich wichtige Informationen über ein Leck eines Sicherheitsventils zu spät kommuniziert habe. "Hier macht der Bund Panik ohne Not", kontert Aiwanger diese Vorwürfe.
Bei dem Leck handele es sich keineswegs um ein Sicherheitsproblem, wenn das Kraftwerk nur bis Ende des Jahres betrieben wird. Wenn man das Kraftwerk jedoch über den Jahreswechsel hinaus betreiben wolle, "müsste jetzt eine Revision gemacht werden, (…) damit es nicht just nächstes Jahr im Februar oder März kaputtgeht." Deshalb müsse sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) jetzt rechtzeitig für oder gegen eine Laufzeitverlängerung entscheiden und damit für die Betreiber Klarheit schaffen, ob eine Revision in den kommenden Wochen Sinn macht.
Forderung nach finanziellen Mitteln vom Bund für Bürger
Ministerpräsident Markus Söder hat bei der CSU-Klausurtagung im Kloster Banz erklärt, dass für Bayerns Bürger, die besonders hart von der Krise betroffen sind, eine Milliarde Euro bereitgestellt werden solle. Aiwanger betonte im Kontrovers-Interview, dass die Staatsregierung dafür an ihre finanziellen Rücklagen gehen müsste. Er sieht hier eher den Bund in der Pflicht. So habe Habeck bereits ein Förderprogramm für den Mittelstand angekündigt: "Wenn der Bund schnell genug mit diesem Programm käme, dann brauchen wir kein bayerisches Geld. (…) Aber lieber bayerisches Geld als Firmenpleiten."
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!