In einer Wiese befindet sich eine grauweiße Grube.
Bildrechte: BR24/Laura Nadler

Inmitten von Wiesen, Wäldern und landwirtschaftlich genutzten Flächen befindet sich das Knauf-Gipsabbaugebiet.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Erneuter Gipsabbau geplant - Bürger wehren sich gegen Knauf

In Ingolstadt, einem Gemeindeteil des Marktes Sugenheim im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim, plant Knauf ein neues Gipsabbaugebiet. Die Bürger wollen das aber unbedingt verhindern. Sie werfen dem Baustoffriesen unsaubere Machenschaften vor.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Mitten in der Natur, zwischen Feldern, Wiesen und landwirtschaftlich genutzten Flächen, stapeln sich Teile alter Gipsplatten zu einem riesigen, grauweißen Deponie-Berg. Bis vor einiger Zeit hat das Baustoffunternehmen Knauf hier, im oberen Ehegrund Ingolstadts, Gips abgebaut. Im Jahr 2004 erhielt die Firma vom Bergamt Nordbayern, der zuständigen Behörde, die Erlaubnis, das Abbaugebiet um eine Deponie zu erweitern. Bis Anfang des Jahres fuhr Knauf Teile alter, nicht-verwendbarer Gipsplatten dorthin. Einige Einwohner Ingolstadts werfen dem Baustoffriesen allerdings vor, auch andere Produktionsabfälle in der Deponie abgelagert zu haben.

Hat Knauf unerlaubte Materialen deponiert?

"Überall waren Styroporplatten, Kunststofffasern und dann noch schwarze Ablagerungen, die extrem nach Teer gestunken haben", beklagt sich Martina Piller, während sie Bilder zeigt, die sie aufgenommen hat und die Knaufs Machenschaften beweisen sollen. "Es ist eindeutig, dass Knauf hier auch unerlaubte Materialen abgelagert hat. Und ich frage mich, wieso er damit durchkommt", fügt Tanja Hübner, die sich ebenfalls gegen ein neues Gipsabbaugebiet wehrt, an. Uwe Schirmer, Bauingenieur der Firma Knauf und Verantwortlicher für den Gipsabbau, weist die Vorwürfe zurück: "Diese Fläche ist immer offen und für jeden zugänglich. Das können auch Produktionsabfälle sein, die nicht von uns kommen, sondern von Dritten."

Bildrechte: BR24/Laura Nadler
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Mit diesen Bildern wollen die Bürger beweisen, Knauf hätte auch unerlaubte Materialien wie Styroporplatten in der Deponie abgelagert.

Bürger beklagen mangelnde Rekultivierung

Ein weiterer Vorwurf der Bürger: Knauf kümmere sich nicht, wie ursprünglich mit dem Bergamt Nordbayern vertraglich festgehalten, um die Rekultivierung ehemaliger Gipsabbauflächen. "Wenn ich hier den Wald anschaue, sehe ich keinen einzigen gesunden Baum. Das sind alles irgendwelche Büsche, die krank sind, nach Energie, Nahrung und Wasser suchen. Aber wie sollen diese Bäume auch anständig wachsen können, wenn sich darunter nur Altlasten, Gipsabfälle und Steine befinden?", beschwert sich Hans-Martin Prell, der als Jäger im betroffenen Gebiet unterwegs ist.

Knauf-Bauingenieur weist Vorwürfe zurück

Doch auch diese Vorwürfe weist Knauf-Bauingenieur Schirmer von sich: "Wir bekommen strenge Auflagen vom Bergamt Nordbayern, wie wir ehemalige Gipsabbaugebiete zu rekultivieren haben. Diesen Forderungen kommen wir auch nach", erklärt Schirmer und verweist auf eine rekultivierte Fläche, knapp zehn Autominuten von Ingolstadt entfernt. "Einige Landwirte sagen sogar, dass die Felder nach dem Gipsabbau noch besser landwirtschaftlich genutzt werden können. Wir tun alles dafür, dass hier nichts mehr auf einen ehemaligen Gipsabbau hinweist. Aber diese Region ist eben extrem wichtig für uns", fügt der studierte Bergbauer an.

Ein alter Gipsabbau der Firma Knauf bei Sugenheim.
Bildrechte: BR
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Ein alter Gipsabbau der Firma Knauf bei Sugenheim.

Kohle-Aus hat Konsequenzen für Knauf

Dem synthetisch hergestellten Gips aus Rauchentschwefelungsanlagen von Kohlekraftwerken droht aufgrund des Kohleausstiegs das Aus. Dementsprechend ist Knauf immer mehr auf die Gewinnung von Naturgips angewiesen. 2025 will der Baustoffriese deshalb, wenige hundert Meter vom bisherigen Ingolstädter Gipsabbaugebiet entfernt, ein Weiteres erschließen. "Ohne Gips hätten wir alle keine Häuser. Wir könnten nichts bauen", macht Schirmer deutlich. Martina Piller, studierte Architektin, sieht das anders: "Ich komme aus der Branche und weiß, dass es mittlerweile auch andere, vor allem nachhaltigere Möglichkeiten gibt, Häuser zu bauen."

"Die Vertragsbedingungen sind unter aller Sau"

Damit das Unternehmen Knauf überhaupt Gips abbauen kann, ist es auch auf die Bereitstellung einiger Felder von Landwirten angewiesen. "Ich habe von Knauf einen Anruf bekommen. Sie haben mir gesagt, dass sie Interesse an meinem Grundstück haben. Dann haben sie mir einen Vertrag zugeschickt. Aber die Vertragsbedingungen sind unter aller Sau", erzählt ein Ingolstädter Bürger, der nicht namentlich genannt werden möchte.

BR24 liegt ein solcher Vertrag vor. Darin heißt es beispielsweise: "Für die nicht bewirtschaftungsfähigen Flächen, die für den Übertageabbau und für alle anderen (...) genannten Zwecke benötigt werden, zahlt Knauf bis zur Rückgabe der rekultivierten Vertragsgrundstücke eine Ernteausfallentschädigung pro Jahr von 1.200,00 EUR/ha." Weiter erklärt der Ingolstädter Einwohner: "Ich will nicht verkaufen, aber mein Feld liegt mittendrin. Wenn alle Felder außenrum verkauft werden und die Baumaschinen rollen, hat mein Feld keinen landwirtschaftlichen Nutzen mehr."

Entscheidung fällt in den kommenden Monaten

Die Entscheidung, ob ein weiteres Gipsabbaugebiet genehmigt wird, liegt beim Bergamt Nordbayern in Bayreuth. Auf BR24-Anfrage heißt es in einem schriftlichen Statement: "Es sind noch Antragsunterlagen zu ergänzen. Ergänzungsbedarf ergab sich insbesondere zu naturschutz- und wasserwirtschaftlichen Fragestellungen. Die Unterlagen sind uns noch für das Jahr 2024 angekündigt worden."

Genau diesen Aspekten steht der Bund Naturschutz kritisch gegenüber: "Es ist ein Raubbau an einem Naturvorkommen. Knauf macht nichts für Recycling. Gerade zur aktuellen Zeit müssen wir uns stärker um unser Grundwasser und Trinkwasser kümmern", wird Tom Konopka, BN-Regionalreferent für Mittelfranken, deutlich. Ob das Unternehmen Knauf hier in Ingolstadt erneut Gips abbauen darf, will das Bergamt Nordbayern in den kommenden Monaten entscheiden.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!