"From the river to the sea, Palestine will be free", ("Vom Fluss bis zum Meer wird Palästina frei sein") – in gelber Farbe stand dieser Spruch in arabischer Schrift auf blauem Untergrund auf einem Bungalow im Münchner Olympiadorf. Mittlerweile ist der Schriftzug vom Studentenwerk mit Farbe übersprüht worden und die Polizei ermittelt. Wer den Spruch an das Haus geschrieben hat und wie lange er dort schon stand, ist bislang noch unklar. Der jetzige Bewohner des Hauses hatte den Schriftzug Anfang März gemeldet. Seit November ist diese Aussage, die von der palästinensischen Terrororganisation Hamas benutzt wird, in Deutschland verboten.
Antisemitismusbeauftragter Spaenle: "Es ist erschütternd"
Gerade das Olympische Dorf ist durch seine Vergangenheit ein sensibler Ort, was Israelfeindlichkeit betrifft: Während der Olympischen Sommerspiele 1972 in München verübte dort ein palästinensisches Terrorkommando der Organisation "Schwarzer September" einen Anschlag auf die israelische Mannschaft. Beim Überfall auf deren Unterkunft im Olympischen Dorf töteten die Attentäter am 5. September 1972 zwei Athleten und nahmen neun weitere Sportler als Geiseln. In der darauffolgenden Nacht scheiterte ein von den deutschen Behörden unternommener Befreiungsversuch auf dem Fliegerhorst Fürstenfeldbruck: Alle israelischen Sportler und ein deutscher Polizist wurden von den Terroristen ermordet. Auch fünf der insgesamt acht Attentäter starben.
Der Antisemitismusbeauftragte der bayerischen Staatsregierung Ludwig Spaenle bezeichnet es als "erschreckend", dass ausgerechnet an diesem Ort das Existenzrecht Israels infrage gestellt wird: "Es ist zunächst einmal erschütternd, dass in einem Studentenheim im Olympischen Dorf eine so judenfeindliche, antisemitische Schrift zu finden ist. Wenige hundert Meter von diesem Ort geschah das Olympia-Attentat", so Spaenle. Er sei der Generalstaatsanwaltschaft dankbar, die die Ermittlungen aufgenommen hat, um die Straftat zu untersuchen und die Täter zu finden. "Wir sehen zurzeit bei vielen Demonstrationen zulässige Formulierungen wie 'Free Palastine'", sagt Spaenle. "Wenn ich aber Formulierungen wähle, die wie in diesem Fall die Vernichtung des Staates Israels bedeuten, dann ist die Grenze zur Strafbarkeit überschritten."
Studentenwerk München zieht Konsequenzen
Für Christopher Klein, Pressesprecher vom Studentenwerk München, ist der Vorfall im Olympiadorf bislang einmalig: "Wir haben sehr viele internationale Studenten hier. Die Beschriftungen und Bemalungen sind normalerweise inklusiv, divers und zu Themen der Menschenfreundlichkeit." Das Studentenwerk stellt auch Farben zur Verfügung, die sich Studierende leihen können, um die Bungalows zu bemalen. Die Inhalte der Beschriftungen sind an Richtlinien gebunden, so dürfen keine rassistischen, antisemitischen und menschenfeindliche Aussagen auf die Häuserwände geschrieben werden.
Bislang soll es keine Grenzüberschreitungen oder Auffälligkeiten gegeben haben. Doch nach diesem Vorfall will das Studentenwerk die Regelungen nun verschärfen: "Es darf nur noch Deutsch oder Englisch als Sprache verwendet werden", so Klein. Wegen der arabischen Schrift blieb die israelfeindliche Aussage wohl so lange unbemerkt.
Vielen Studierenden ist der Schriftzug nicht aufgefallen
Der Verein "Studenten im Olympiazentrum" distanziert sich deutlich von dem Statement auf dem Bungalow. In einer Pressemitteilung wird betont, dass sich der Verein auch für die Sensibilisierung der historischen Ereignisse im Olympiadorf einsetzt. Vor allem neue Bewohnerinnen und Bewohner werden bei Rundgängen über die Geschichte der Anlage informiert und es werden die Orte des Olympia-Attentats sowie die Gedenkstätte aufgesucht.
Bei einer BR-Straßenumfrage im Olympiadorf berichten Studierende, dass ihnen der Spruch auf dem Bungalow nicht aufgefallen war. Einige meinten, dass er womöglich schon ein Jahr dort stand, aber verstanden wurde er wohl wegen der arabischen Schrift nicht. "Es ist sehr bunt hier. Wir haben Leute hier aus allen Ländern", berichtet ein Student. Antisemitische Vorfälle seien ihm nicht bekannt. Vielmehr sei das Olympiadorf ein internationaler und offener Ort, an dem viele Menschen und Kulturen zusammenkommen.
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