In Bayerns Krankenhäusern arbeiten erstmals mehr Ärztinnen als Ärzte. Mit einem Zahlenverhältnis von 18.270 zu 18.214 haben Frauen im vergangenen Jahr ihre männlichen Kollegen überholt, wie die Bayerische Landesärztekammer (BLÄK) berichtet. Kammerpräsident Gerald Quitterer spricht von einer "Zeitenwende in der Medizin".
Im Medizinstudium stellen Frauen schon seit Längerem die Mehrheit, rund zwei von drei Studienplätzen nehmen Frauen ein. Ein Grund dafür liege darin, dass junge Frauen im Schnitt bessere Abiturnoten haben, erklärt die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Susanne Johna. Weil beim Medizinstudium durch das Numerus-Clausus-System sehr gute Abiturnoten eine wichtige Voraussetzung sind, hätten Bewerberinnen entsprechend Vorteile.
Ärztinnenbund: Noch keine Chancengleichheit für Frauen
Die Präsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes, Christiane Groß, hält es "grundsätzlich für einen Erfolg", dass Frauen in immer mehr Bereichen der Medizin zahlenmäßig vorrücken. Wenn es um Karrierechancen geht, könne aber von Chancengleichheit keine Rede sein, kritisiert Groß. Nach einer Untersuchung des Ärztinnenbundes ist an den deutschen Universitätskliniken im Schnitt nur eine von acht Führungsstellen mit einer Frau besetzt.
Die Ärztegewerkschaftschefin Johna sieht auch für Patienten Vorteile darin, wenn mehr Frauen in der Medizin arbeiten. Zum einen würden beispielsweise viele Patientinnen lieber von einer Gynäkologin behandelt als von einem männlichen Kollegen. Es gebe aber auch eine Reihe von Untersuchungen, die aufzeigen, dass bei Operationen die Ergebnisse im Schnitt besser ausfallen, wenn eine Frau das Skalpell führt.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter schwierig
Frauen stünden aber oft immer noch vor Problemen, wenn sie Familie und Beruf miteinander vereinbaren wollen, beklagt Johna. Auch Bayerns Ärztepräsident Quitterer sieht hier noch Nachholbedarf. Gleichzeitig müsse man zur Kenntnis nehmen, dass Ärztinnen sich öfter als Männer für eine Anstellung als für selbstständige Arbeit entscheiden, sagt Quitterer. Und Frauen würden öfter in Teilzeit arbeiten als Männer, ergänzt Bayerns Ärztepräsident.
Das trage mit dazu bei, dass der ärztliche Nachwuchs nicht ausreiche, um einen Ärztemangel zu vermeiden, erklärt Quitterer. Die Zahl der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte in Bayern ist in den vergangenen zehn Jahren zwar um ein Sechstel gestiegen, auf zuletzt 72.552. "Aber die Zahl der Köpfe steigt nicht so schnell wie der Bedarf an ärztlicher Arbeitskraft", so Quitterer.
Mit Informationen von dpa.
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