Die Aussagen der Zeugen vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth erinnern an eine Chronik eines angekündigten Todes. Denn in den drei Wochen vor ihrem Tod lebte das 36 Jahre alte Opfer in panischer Angst vor dem Angeklagten. Mitte Dezember dann soll er der Frau vor ihrer Wohnung im Fürther Stadtteil Burgfarrnbach aufgelauert und sie niedergestochen haben. Die drei Messerstiche verletzten sie so schwer, dass sie zwei Stunden später im Krankenhaus starb.
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Angeklagter machte Opfer teure Geschenke
Die Frau lernte den Angeklagten über eine Internet-Partnerbörse kennen. Er habe sich große Mühe gegeben, ihr viele, auch teure Geschenke gemacht, berichten die Zeugen – Blumen, Kopfhörer, Nahrungsergänzungsmittel, sogar eine Brust-OP habe er ihr angeboten, berichtet eine Arbeitskollegin. Sie habe ihn als netten und ruhigen Mann kennengelernt. Er habe von ihrer Kollegin regelrecht geschwärmt. Einmal etwa schickte er ihr eine Sprachnachricht: "Du bist die Frau meines Lebens, ich kann mir ein Leben ohne dich nicht vorstellen", sagte er da – obwohl die beiden doch gar kein Paar waren. Nicht einmal geküsst hätten sie sich, erzählte die Frau ihrer Arbeitskollegin, und sie wolle das auch nicht.
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"Ich dachte, ich muss sterben"
Nach einem gemeinsamen Abendessen am 20. November 2021 dann soll der 45-Jährige ganz plötzlich ein ganz anderes Gesicht gezeigt haben. Im Auto sei es zum Streit gekommen. Plötzlich, so schilderte es die Frau der Polizei und Freunden, habe er sie als "Schlampe" beschimpft, bei den Haaren gepackt und auf dem Beifahrersitz hinuntergedrückt, so dass sie kaum noch Luft bekam. "Ich dachte, ich muss sterben", schreibt sie ihrer Arbeitskollegin am nächsten Tag in einer Textnachricht, und: "Das ist wie in einem Horrorfilm". Fotos, die das Opfer im Krankenhaus von ihren Beinen machte, belegten den Vorfall: Die Beine, vor allem die Knie, waren blau und aufgeschürft. Auch zwei Polizisten und ein Autofahrer, der wegen ihrer panischen Schreie anhielt, um ihr zu helfen, berichten, dass die 36-Jährige große Angst vor dem Angeklagten hatte.
Nach Angriff lebte Opfer in Angst
Diesen Vorfall zeigte die Frau bei der Polizei an und erwirkte ein Annäherungs- und Kontaktverbot für den Angeklagten. Dennoch habe sie sich jeden Tag vor einer Attacke von ihm gefürchtet, erzählt die Arbeitskollegin vor Gericht. "Sie hatte jeden Tag Angst, allein nach Hause zu gehen." Am 10. Dezember 2021, als die 36-Jährige mit ihrem Auto zur Arbeit fahren wollte, soll er ihr auf dem Parkplatz vor ihrer Wohnung aufgelauert und sie mit einem Messer mit einer Klingenlänge von mindestens zwölf Zentimetern niedergestochen haben. Sie konnte sich noch in den Hauseingang ihres Mehrfamilienhauses schleppen, wo sie zusammenbrach. Nachbarn fanden die Schwerverletzte und riefen den Rettungsdienst.
Angeklagter ist mehrfach vorbestraft
Der Angeklagte selbst sagte nichts zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft. Er muss sich unter anderem wegen Totschlags seit gestern vor Gericht verantworten. Seine Einträge im Zentralregister, die der Vorsitzende Richter vorlas, sagen aber schon viel über ihn aus: Der 45-Jährige ist unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung und Vergewaltigung vorbestraft. Zuletzt verbüßte er eine mehrjährige Haftstrafe. Erst wenige Monate vor der Tat war er aus dem Gefängnis freigekommen. Im Laufe ihrer Bekanntschaft erzählte er der Frau, dass er schon einmal in Haft war. Jeder habe eine zweite Chance verdient, sagte sie danach ihrer Arbeitskollegin. Eine Einstellung, die für sie tödlich endete.
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