Auch wenn man gerade in Bayern oft Kühe auf der Weide sieht – viele andere stehen im Stall. Selbst in der Biohaltung dürfen nicht alle Tiere auf das frische Grün. Zwar schreibt die EU in ihren Biorichtlinien vor, dass Wiederkäuer auf einer Weide grasen dürfen müssen, wenn es Wetter und Boden zulassen. Bislang wurde diese Regel aber lascher ausgelegt: In den vergangenen Jahrzehnten reichte es aus, den Tieren einmal am Tag frisches Grün zu verfüttern - so kamen die Tiere in den Genuss von Weidegras und galten als Bio. Nach draußen kamen Bio-Tiere aber trotzdem, etwa durch Laufhöfe.
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Teils schwer, Herden auf Weiden zu treiben
Nun will die EU-Kommission die Richtlinien aber strenger durchgesetzt sehen. Deutschland muss das umsetzen, sonst droht ein Vertragsverletzungsverfahren. Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) rät Landwirten laut einer Pressemitteilung dringend, bereits in diesem Jahr mit der Umsetzung der Weidevorgaben zu beginnen.
Schon seit Jahren arbeiten viele Bio-Landwirte daran, die Vorgabe zu erfüllen und beschaffen sich beispielsweise durch Flächentausch geeignete Weideflächen. Allerdings sind diese vielerorts knapp, gerade Höfe, die innerhalb von Dörfern liegen, haben oft schlechte Karten. Und die Tiere wie früher auf die Weide zu treiben, ist bei größeren Herden und dem heutigen Verkehr schwieriger als noch vor einigen Jahrzehnten.
BBV: "Ökolandbau wird um mehr als ein Jahrzehnt zurückgeworfen"
Deswegen warnt der Bayerische Bauernverband (BBV) vor einer regelrechten "Ausstiegswelle bei Ökobetrieben". Landwirte, die die Bio-Vorgaben nicht erfüllen können, müssten nun auf konventionell umsteigen – oder den Stall gleich ganz zusperren. Wie viele Betriebe tatsächlich betroffen sind, ist sehr schwer einzuschätzen. Der Bauernverband spricht von etwa 20 Prozent.
Für diese Betriebe sei dies ein tragischer Einschnitt, da sie voller Überzeugung "bio" seien und nun wegen verschärfter EU-Vorgaben aus dem Ökolandbau hinausgedrängt würden, schreibt der BBV. Die Bio-Ausbauziele – auf EU- und Bundesebene 25 Prozent Ökoflächenanteil bis 2030, für Bayern 30 Prozent – rückten in unerreichbare Ferne. "Der Ökolandbau wird um mehr als ein Jahrzehnt zurückgeworfen, das Vertrauen der ökologisch wirtschaftenden Familienbetriebe erschüttert", so der BBV.
LVÖ: Fünf bis sieben Prozent könnten aufgeben müssen
Die Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern (LVÖ) geht mit fünf bis sieben Prozent von einer niedrigeren Zahl aus. Das ist der Anteil der Betriebe, die in Österreich aufgeben mussten, nachdem die Regeln dort bereits 2022 strenger geworden sind. Da Bayern und Österreich in einigen Punkten vergleichbar seien, hält die LVÖ diese Größenordnung für wahrscheinlicher.
Dennoch spricht auch die LVÖ von schweren Schicksalsschlägen für betroffene Landwirte, manche stünden vor realen Existenzproblemen.
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