Pinchas Goldschmidt, Vorsitzender der Europäischen Rabbinerkonferenz, nimmt an der 32. Generalversammlung der Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER) teil. Zu dem Treffen werden rund 400 Rabbiner, religiöse Führer und politische Entscheidungsträger aus Europa, Israel und den USA erwartet, um sich zu aktuellen das Judentum betreffenden Fragen auszutauschen.
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Pinchas Goldschmidt, Vorsitzender der Europäischen Rabbinerkonferenz, bei der Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER) 2002

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Europäische Rabbinerkonferenz eröffnet Hauptsitz in München

Zum ersten Mal nach dem Zweiten Weltkrieg verlegt eine internationale jüdische Organisation ihre Zentrale nach Deutschland – und das ausgerechnet in die einstige Nazihochburg München. "Gerade deshalb", lautet die Begründung.

Über dieses Thema berichtet: Rundschau Magazin am .

Es ist ein historischer Moment: Zum ersten Mal nach der Schoah eröffnet eine internationale jüdische Organisation ihren Hauptsitz in Deutschland. An diesem Dienstag wird damit der Umzug der Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER) von London nach München besiegelt. Zeitgleich soll auch ein vom Freistaat gefördertes "Zentrum für jüdisches Leben" eingeweiht werden.

Als europäisches Rabbinat vertritt die Konferenz der Europäischen Rabbiner rund 1.000 Mitglieder, darunter nach eigenen Angaben die größten jüdischen Gemeinden Europas. Bislang war der Hauptsitz der Organisation in London.

Die neue Niederlassung befindet sich in einem modernen Büro- und Tagungskomplex in der Innenstadt, unweit des israelischen Generalkonsulats und der einstigen Parteizentrale der NSDAP, also der Nationalsozialisten. "Allen Antisemiten, Israelhassern und Extremisten wollen wir zeigen, wer am Ende der Geschichte siegt", erläuterte Konferenzsprecher Oliver Rolofs die Standortentscheidung gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Diese sei gerade auch wegen der NS-Vergangenheit Münchens gefällt worden.

Rabbiner-Hauptsitz - ausgerechnet in München

Ein bemerkenswerter Schritt: Erklärte doch Adolf Hitler München einst zur "Hauptstadt der Bewegung" für seine rassistische und faschistische Ideologie, die in der Ermordung von sechs Millionen Juden gipfelte.

Es sei schon einmalig, dass eine jüdische Organisation von einer Regierung eingeladen werde, sich anzusiedeln, erklärte Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt in einem Zeitungsinterview. Man fühle sich in München sehr sicher und sei der bayerischen Polizei und den Sicherheitsbehörden sehr dankbar für ihre Unterstützung und die gute Zusammenarbeit. Das Gleiche gelte für die bayerische Staatsregierung, die das Zentrum für jüdisches Leben politisch und finanziell großartig unterstütze. Die bayerische Staatsregierung fördert die Arbeit der CER mit ihren neun Beschäftigten jährlich mit 1,5 Millionen Euro.

Staatsregierung unterstützt mit 1,5 Millionen Euro im Jahr

Von München aus will die CER die öffentliche Präsenz jüdischen Lebens stärken. Dazu zählen auch Weiterbildungsangebote für Rabbiner und ihre Frauen. Diese sollten in den Kultusgemeinden in ihrer Rolle gestärkt werden, erläuterte der Sprecher.

Auch der bayerische Antisemitismus-Beauftragte Ludwig Spaenle sprach von einem "historischen Moment". Mit der neuen Zentrale werde Bayern "zum Zentrum für jüdisches Leben in Europa". Von der bayerischen Landeshauptstadt aus werde es künftig "wichtige Impulse für jüdische Gemeinden sowie für die Bildungsarbeit zu Geschichte, Glauben und Alltag von Jüdinnen und Juden geben", so Spaenle weiter.

Die Konferenz der Europäischen Rabbiner zählt nach eigenen Angaben 800 aktive Mitglieder von Dublin bis Wladiwostok. An ihrer Spitze steht seit 2011 der ehemalige Moskauer Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt. Dieser musste nach Israel emigrieren. Er werde künftig etwa die Hälfte des Monats in München leben, sagte Rolofs. Ab dem Wintersemester lehrt Goldschmidt dort auch als Gastprofessor an der Technischen Universität. Inhaltlich werde sich der Rabbiner mit ethischen Fragestellungen im Zusammenhang mit neuen Technologien auseinandersetzen.

(Mit Material von KNA und dpa)

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