Nach den Enthüllungen über Mitarbeiter von AfD-Abgeordneten im Bundestag aus der Neonazi-Szene und aus gesichert rechtsextremen Organisationen, geht Ilse Aigner (CSU) in Bayern in die Offensive: Auch in Bayern gebe es solche Fälle, erklärt die bayerische Landtagspräsidentin. Sie lässt nun prüfen, inwieweit das bayerische Parlament verfassungsfeindlichen Mitarbeitern das Gehalt streichen kann. Ein Rechtsgutachten soll dazu Klarheit bringen, sagt Aigner.
Es besteht aus ihrer Sicht Handlungsbedarf: "Der Landtagsverwaltung und mir sind einzelne Fälle bekannt geworden, wonach es Mitarbeiter von AfD-Abgeordneten im Landtag geben soll, die Organisationen angehören, die als verfassungsfeindlich eingestuft werden", sagte die Landtagspräsidentin am Ende einer Pressekonferenz im Landtag.
Aigner: Im Landtag arbeiten Mitarbeiter mit rechtsextremem Hintergrund
Zu den konkreten Personen wolle sich Aigner nicht äußern, es handle sich um eine einstellige Zahl. Die Fälle seien im Präsidium detailliert diskutiert worden, verbunden mit der Frage, ob eine Auszahlung der Löhne an die betreffenden Mitarbeiter verhindert werden könne. Eine der Hürden: Mitarbeitende schließen ihre Arbeitsverträge mit den jeweiligen Abgeordneten, das Landtagsamt sei nur administrativ für die Löhne zuständig.
Bislang fehle eine rechtliche Grundlage, klar verfassungsfeindlichen Extremisten die Auszahlung der Löhne zu verweigern, sagt Aigner, eine solche gesetzliche Absicherung gibt es in keinem deutschen Parlament, und müsste Teil des bayerischen Abgeordnetenrechts werden.
"Gefährliche Lücke" im Abgeordnetengesetz
Aigner sieht darin eine "gefährliche Lücke": "Derzeit werden Verfassungsfeinde von Steuergeldern bezahlt", so die Landtagspräsidentin. Das rechtliche Gutachten solle die Bereiche Verfassungsrecht und Arbeitsrecht umfassen.
Den Recherchen des BR zufolge beschäftigen die AfD-Fraktion im Bundestag und ihre Abgeordneten mehr als 100 Mitarbeiter, die in vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Organisationen aktiv sind. Unter ihnen befinden sich demnach Aktivisten aus dem Umfeld der "Identitären Bewegung", ideologische Vordenker aus der "Neuen Rechten" und mehrere Neonazis. Während Spitzenpolitiker von SPD, Union, Grünen und FDP im Bundestag Konsequenzen fordern, spricht die Fraktionsspitze der AfD von einer "Kampagne".
AfD nennt BR-Recherchen "Kampagne" und "Grütze"
Tino Chrupalla, Co-Vorsitzender der Fraktion, sagte, die Mitarbeiter seien "unser höchstes Gut" und schützenswert. Die Berichterstattung über die Mitarbeiter der Fraktion und der Abgeordneten nannte er "diffamierend und diskreditierend". Sie seien "unbescholtene Bürger, gegen die nichts vorliegt".
Co-Fraktionschefin Alice Weidel äußert sich despektierlich über die BR-Recherchen. Diese nennt sie eine "Medienkampagne". Der Bericht sei "lächerlich, an den Haaren herbeigezogen". Es würde mit "offensichtlichen, rufschädigenden Mitteln" gearbeitet. Das, was Journalisten schrieben, sei "Grütze", so die AfD-Chefin. "Das ist alles so dummes Zeug."
Politikwissenschaftler: Rechtsextreme im Bundestag können "Propaganda verbreiten"
Während der Verfassungsschutz die AfD immer stärker ins Visier nimmt und Regierungsmitglieder wie Oppositionspolitiker mittlerweile gar ein Verbot der Partei diskutieren, zeigt die Recherche erstmals, in welchem Ausmaß die AfD Verfassungsfeinden Zugang zum Parlament gewährt.
Der Professor für Politikwissenschaft Armin Pfahl-Traughber, der bis 2004 im Bundesamt für Verfassungsschutz Referent für Rechtsextremismus war und seither an der Hochschule des Bundes forscht, sagte dem ARD-Politikmagazin report München, es sei ein Problem, "dass tatsächlich im organisatorischen Herzen der Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland Rechtsextremisten sitzen". Dort könnten sie "Einfluss ausüben und Propaganda verbreiten".
Im Audio: Auch bayerische AfD-Bundestagsabgeordnete beschäftigen Rechtsextreme
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