Der Ton im Bayerischen Landtag hat sich verschärft, seit die AfD ins Maximilianeum eingezogen ist. Das kann Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) mit Zahlen belegen: In der vergangenen Legislaturperiode (2018 bis 2023) wurden 25 Rügen gegen Abgeordnete ausgesprochen, weil deren Wortwahl nicht der Würde des Hauses und den demokratischen Debattenregeln entsprachen. Drei davon entfielen auf Abgeordnete von SPD und Grünen, der Rest auf Abgeordnete der AfD.
Harte Strafen geplant: Ordnungsgeld und Sitzungsausschluss
Um die Würde des Hauses zu wahren, hatte Aigner bereits zu Beginn der neuen Legislaturperiode im Herbst schärfere Regeln angekündigt. Diese wurden nun zwischen den Fraktionen der CSU, Freien Wähler, Grünen und SPD beratschlagt. Die AfD ist bei diesen Beratungen nicht dabei.
Alle vier Fraktionen sind sich einig, dass pöbelnde Abgeordnete mit einem Ordnungsgeld bestraft werden können. Sind deren Worte besonders drastisch oder Demokratie schädigend, sollen die Betroffenen auch von den Sitzungen im Parlament ausgeschlossen werden.
Bislang gibt es im Abgeordnetengesetz des Landtags nur das Instrument der Rüge. Dazu stellt nicht nur der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Jürgen Mistol, fest: "Gerade AfD-Abgeordnete haben Rügen wie Trophäen vor sich hergetragen." Wie viele seiner Kollegen in den Fraktionen der CSU, Freien Wähler und der SPD ist er der Meinung, dass Geldstrafen das weitaus schärfere Schwert sind. Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Simone Strohmayr, sagt: "Der Ton und die Würde des Hauses müssen wieder hergestellt werden."
Ordnungsgeld: Offenbar bis zu 4.000 Euro
Da die Fraktionen am Mittwochvormittag noch über die Änderung der Geschäftsordnung beratschlagen, will bislang kein Abgeordneter öffentlich eine konkrete Summe nennen. Aus Fraktionskreisen wurde BR24 jedoch mehrfach bestätigt, dass die Summen gestaffelt werden sollen. Je nach Schwere der Wortwahl sind Beträge von bis zu 2.000 Euro im Gespräch, im Wiederholungsfall können es bis zu 4.000 Euro sein.
Benimmt sich ein Abgeordneter völlig daneben, so kann das Landtagspräsidium auch über einen Sitzungsausschluss entscheiden. Der Betroffene dürfte dann an bis zu zehn Sitzungen im Landtag nicht teilnehmen. In der Realität bedeutete das einen Ausschluss von bis zu einem halben Jahr. Das ist auch jetzt schon möglich - allerdings nur, wenn ein Abgeordneter das "Wort ohne Worterteilung" ergreift. Diese Formulierung soll nun breiter gefasst werden.
Strafen werden nicht während der Sitzung ausgesprochen
Ilse Aigner hatte die schärferen Regeln zwar bereits im Herbst angekündigt, aber schon damals stets hinzugefügt, dass Änderungen des Abgeordnetengesetzes auch immer rechtssicher sein müssen. Ein Ordnungsgeld oder gar ein Ausschluss aus den Sitzungen ist eine härtere Strafe als eine Rüge - und muss daher inständig beraten werden. Die Sitzungsleitung, also die Landtagspräsidentin oder ihre Stellvertreter, wird die Strafen deswegen auch nicht unmittelbar während der laufenden Plenardebatte festlegen.
Über jede einzelne Entgleisung und die mögliche Konsequenz wird das Landtagspräsidium in Ruhe entscheiden. Der oder die betroffene Abgeordnete hat natürlich das Recht, sich dagegen zu wehren. Eine entsprechende Klage müsste vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof verhandelt werden.
Änderungen sollen noch vor der Sommerpause gelten
Wenn sich die vier Fraktionen auf einen gemeinsamen Nenner einigen, können die Änderungen im Abgeordnetengesetz schon in der kommenden Woche im Parlament beraten werden. Bis zu einer abschließenden Lesung beraten noch die jeweiligen Ausschüsse darüber. Geht es nach dem Zeitplan des Landtagspräsidiums, könnten die schärferen Regeln mit den Stimmen von CSU, Freien Wählern, Grünen und SPD Ende April beschlossen werden.
Ordnungsgeld auch in anderen Landtagen und im Bundestag
Der Bundestag hatte bereits vor drei Jahren ein Ordnungsgeld eingeführt. Gegen die Stimmen der AfD und der Linksfraktion wurde beschlossen, dass Störungen im Parlament mit einer Strafe von 1.000 Euro belegt werden können, im Wiederholungsfall können es auch 2.000 Euro sein. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) will die Summe noch einmal erhöhen.
Der Landtag von Nordrhein-Westfalen beschloss kürzlich ein Ordnungsgeld in derselben Höhe wie im Bundestag. Einzig die AfD stimmte im Januar 2024 im Landtag von Düsseldorf gegen die entsprechende Änderung der Geschäftsordnung.
Im Brandenburger Landtag hat das Präsidium laut Geschäftsordnung seit vier Jahren die Möglichkeit, "wegen einer nicht nur geringfügigen Verletzung der Ordnung oder der Würde des Parlaments" ein Ordnungsgeld in Höhe von 500 Euro zu verhängen.
Eine weitere Lex AfD?
Bereits zu Beginn der Legislaturperiode wurde im Landtag die Geschäftsordnung zum Nachteil der AfD geändert. Die Fraktion hat seitdem keine Chance, einem der begehrten Ausschüsse Haushalt, Verfassung oder Innen vorzustehen.
Die AfD hätte als drittstärkste Fraktion das Recht gehabt, auf den Vorsitz eines dieser sensiblen Ausschüsse, in denen es um Asylfragen oder die Belange der Polizei geht, zuzugreifen. Da durch die Änderung der Geschäftsordnung des Landtags nun aber ein anderes Zählverfahren angewendet wird - es wechselte von Saint-Laguë/Schepers auf das D'Hondt-Verfahren - rutschte die AfD auf den vierten Platz, hinter die Grünen. Damals stimmten allerdings die Grünen mit der AfD gegen diese Änderung.
Geschäftsführer Mistol, sagte, niemand müsse einen Vorsitzenden wählen, den er nicht will. Beim Ordnungsgeld, das nun diskutiert wird, sei die Sache anders. Das könne schließlich gegen Abgeordnete aller Fraktionen verhängt werden.
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