Ob Lenker, Rahmen oder sei es nur die Klingel: Norbert Gonschorek erkennt in jedem alten Fahrrad eine Besonderheit. Er ist fasziniert von der Einfachheit und Beständigkeit der Technik – Nostalgie pur, davon kann er nicht genug haben.
Eine Feder am Lenker, Holzgriffe, Ledersattel - Norbert Gonschorek schwingt sich auf eins seiner Lieblingsräder – Baujahr 1922. Mit viel Liebe zum Detail hat er das hundert Jahre alte Schmuckstück restauriert, den Rost entfernt, die alte Patina aber erhalten. "Da blüht mein Herz auf, weil das ist einfach ein Stück Lebensqualität", erzählt der Sammler begeistert. Er findet sogar, dass die alten Drahtesel schöner fahren als die neuen. "Wenig Technik, wenig Wartung, einmal überholt kannst zwanzig Jahre fahren - außer Du hast einen Plattfuß oder die Kette reißt", bestätigt Gonschorek.
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Reisen mit dem Rad – 1.000 Kilometer die Woche
Er selbst wagt auf diesen nostalgischen Reifen Langstrecken-Touren und radelt einmal im Jahr mit seinem Kumpel los – ohne E-Bike versteht sich. Ziel: rund 1.000 Kilometer pro Woche. Sie sind zum Beispiel schon von Flensburg nach Füssen gefahren. In besonders guter Erinnerung hat Gonschorek die Fahrten bis nach Italien, zum Königssee oder entlang der Donau – freihändig versteht sich. Zu Hause in seinem Museum im unterfränkischen Hüttenheim erzählt der 60-Jährige gerne von seinen Erlebnissen, aber auch von der über 200-jährigen Geschichte des Fahrrads.
Der Traum vom eigenen Museum wird wahr
2001 hat sich Norbert Gonschorek seinen Traum verwirklicht und ein Fahrradmuseum im unterfränkischen Hüttenheim eröffnet. Jeder der 150 Drahtesel hier wäre fahrbereit. Von den meisten kennt er sogar noch die ehemaligen Besitzerinnen und Besitzer. Vom Kunst-, Hochrad, über das Schweizer Militärrad bis hin zum sogenannten "Reitrad", dem Hercules-Cavallo von 1975 – der gelernte Automechaniker sammelt sie alle.
Seine Mutter Gisela Gonschorek übernimmt die Führungen, wenn der Sohn noch auf Arbeit ist und klar, er schraubt auch hauptberuflich als Fahrradmechaniker. Die 81-Jährige ist in das kuriose Hobby ihres Sohnes hineingewachsen. Ursprünglich arbeitete sie in der Verwaltung, jetzt erzählt sie bunt und lebendig über Fahrräder. Der Funke des Sohnemanns ist definitiv übergesprungen. Und wenn Gisela mal eine Auszeit braucht, dann steigt die rüstige Rentnerin gerne aufs Trimm-Dich Rad aus den Siebzigern und scheint heimlich in der alten Scheune zu trainieren. "Das macht mir unheimlich Spaß. Jetzt bin ich ein bisschen aus der Puste – aber geht schon wieder", sagt Gisela und schwingt sich vom Heimtrainer.
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Sammeln, restaurieren, reparieren
Oft stellen die Leute Norbert Gonschorek einfach ein altes Rad vor die Werkstatt. Der gelernte Automechaniker kann selten nein sagen und bringt so gut wie jedes Rad wieder auf die Straße – Ersatzteile hat er ja genug. In 30 alten Koffern und zahlreichen Schubladen hält Norbert Gonschorek eine akribische Ordnung: Hier Rücklichter, da Pedale, dort Klingeln. Seine Scheune platzt aus allen Nähten und somit würde sich der Sammler aus Vernunft von dem ein oder anderen Rad trennen und es verkaufen. Seine Bonanza-Räder würde er aber nicht hergeben: "Als Kind wollte ich immer ein Bonanza-Fahrrad, hab aber keins bekommen", erzählt Gonschorek, der früher auf einem Klapprad durchs Dorf düste.
Heute steht Norbert Gonschoreks Kindheitstraum mit vielen weiteren Raritäten in seinem eigenen Museum. Das öffnet er immer, wenn in Hüttenheim gefeiert wird. Zum Beispiel beim Kirchenburgmarkt am 15. Mai 2022. In der Regel von 14 Uhr bis 18 Uhr oder nach Vereinbarung.
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