Mit einer eigenen Ampel werden Fahrradfahrende sicher in den Straßenverkehr geschleust.
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Mit einer eigenen Ampel werden Fahrradfahrende sicher in den Straßenverkehr geschleust.

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Erste Fahrradschleuse in Würzburg hat noch Tücken

Wenn die Fahrradampel auf grün schaltet, dürfen die Radler zuerst starten – die Autos müssen warten. So sollen Fahrradfahrer sicherer die Kreuzung passieren können. Nach vier Wochen Fahrradschleuse in Würzburg fällt die Bilanz durchwachsen aus.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Mainfranken am .

Wie bei einer Schiffsschleuse macht eine Ampel an einer Kreuzung den Verkehrsfluss dicht. An einer Würzburger Kreuzung ist die erste Ampel das Schleusentor und sorgt dafür, dass Radfahrende sich bequem und sicher in den davor liegenden geschützten Bereich in Ruhe aufstellen können. Wenn die Signale dann auf grün umspringen, haben Radfahrende einen kleinen Vorsprung vor dem nachfolgenden Verkehr und können als Pulkführer starten und in alle Richtungen weiterfahren.

Radfahrende müssen sich noch daran gewöhnen

Die erste Fahrradschleuse in Würzburg ist am Rennweg eingerichtet worden, stadtauswärts oberhalb der Residenz. Seit einem Monat ist sie in Betrieb. Die Resonanz ist eher mäßig: Nur fünf von 50 Radfahrenden nutzen die Schleuse. "Noch ist das neue System nicht so publik, insbesondere in Würzburg nicht", sagt Würzburgs Baureferent Benjamin Schneider. Er beobachtet, dass viele einfach vorbeifahren und die Fußgängerampel nutzen. "Aus Gewohnheit. Aber verkehrsrechtlich ist die Fahrradschleuse besser." Bekannter sei den Fahrradfahrenden in Würzburg wohl der Wartebereich vor Ampeln, die nicht mit einer separaten Fahrrad-Ampel zu befahren sind, sondern etwa von einem Schutzstreifen dort hinein führen.

Programm für mehr Radwege vom Freistaat gefördert

Laut der aktuellen Radreiseanalyse des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs (ADFC) nutzen 71 Prozent der Radfahrerinnen und Radfahrer das Fahrrad für Alltagswege. Während der Corona-Pandemie seien sogar über die Hälfte der Befragten häufiger aufs Fahrrad gestiegen – ein Trend, der anhält. Der Freistaat hat darauf reagiert: Er investiert in den kommenden drei Jahren mit einem Radwegebauprogramm etwa 40 Millionen Euro pro Jahr in den Bau und Erhalt von Radwegen an Bundes- und Staatsstraßen. Städte und Gemeinden können dabei ebenfalls Finanzen beantragen. Ziel sei, dass bis 2025 in Bayern 20 Prozent aller Wege mit dem Fahrrad zurückgelegt werden sollten – und sich damit die Zahl der Wege mit dem Rad verdoppelt.

Bündnis "Verkehrswende Jetzt": Schleuse muss integriert werden

Die Fahrradschleuse in Würzburg ist ein Puzzleteil auf dem Weg dorthin – und da ist für Volker Glöckner, Sprecher des Würzburger Bündnisses "Verkehrswende Jetzt", der Haken. "Diese Schleusen müssen in eine größere Radinfrastruktur integriert werden, welche auch gefahrlos genutzt werden kann, sonst ist es wieder nur Flickschusterei", so Glöckner. Grundsätzlich sieht er, auch in Rücksprache mit der Radl-Community in Würzburg, die Einführung solcher Systeme positiv: Gerade das Einfädeln vor den Autos in den Aufstellungsbereich sorge objektiv für ein höheres Sicherheitsgefühl. "Es ist ein erster guter Schritt, aber das langfristige Ziel sollte die Schaffung von baulich getrennten Radwegen an stark befahrenen Straßen und Kreuzungen sein."

ADFC: Idee super, Umsetzung hat einen Haken

Lob mit Einwand auch vom ADFC-Sprecher in Würzburg Christoph Spenkuch: "Wenn die Autos grün haben, aber kein Auto kommt, ist die Rad-Ampel trotzdem rot. Da als Radfahrer nicht in den Straßenverkehr einsteigen zu können, bremst total aus." Die immer häufiger eingerichteten Stellflächen vor dem Autoverkehr findet er dennoch sehr gut.

Mehr Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer

Die meisten Autofahrer verstehen, nach welcher Ampel sie sich richten und welchen Haltestreifen sie beachten müssen. Einige jedoch fahren direkt über rot bis zur vordersten Ampel, quasi in den Abstellbereich der Radler. Dennis Heldt, Sprecher des ADAC Nordbayern: "Eigentlich ist das System ja nicht neu. Vor allem der Stellbereich für Radler ist mittlerweile häufig in Städten umgesetzt. Die getrennte Ampelschaltung ist für Würzburger Autofahrer jetzt eben ungewohnt." Er begrüßt solche Fahrradschleusen, weil sie einen Sicherheitsgewinn darstellen – für alle Verkehrsteilnehmer. Allerdings müsse die Signalschaltung der Ampel so abgestimmt werden, dass die Leistungsfähigkeit der Kreuzung nicht leidet. "Wir empfehlen, dass die Stadt den Verkehrsfluss einige Zeit beobachtet und dann gegebenenfalls nachjustiert."

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