Es gibt viel zu bereden beim gemeinsamen Fastenbrechen, zu dem das "Münchner Forum für Islam" geladen hat. Der 7. Oktober, der Angriff der Hamas auf Israel, hat tiefe Wunden hinterlassen, auch in Bayern, in München, im Gespräch zwischen den Religionen. Langjährige Partner unterschiedlicher Herkunft misstrauten einander plötzlich, ein gemeinsames Friedensgebet musste im Oktober abgesagt werden. Jetzt in der ersten Ramadanwoche scheint es so etwas wie eine Kehrtwende zu geben. Beim öffentlichen Fastenbrechen im "Münchner Forum für Islam" sind wieder andere Töne möglich - mitten im Ramadan ein Zeichen des Aufeinanderzugehens.
Ramadan als Zeichen des Aufeinanderzugehens
Eva Haller, selbst Jüdin und Vorsitzende der Europäischen Janusz-Korczak Akademie, tritt ans Rednerpult im muslimischen Gebetsraum. "Es ist mir nicht leicht gefallen, muss ich ganz ehrlich zugeben, weil der 7. Oktober sitzt wirklich sehr tief in meiner Seele. Er sitzt sehr tief in der Seele des jüdischen Volkes allgemein", sagt Haller. Dennoch: Sie habe festgestellt, dass Menschen auf beiden Seiten weinen würden. "Ich habe Freundschaften aufgebaut, ich habe Vertrauen aufgebaut. Ich habe Zusammenarbeit aufgebaut. Und warum ich heute hier bin, möchte ich wirklich wörtlich auch in Namen benennen: Nermina, danke! Gönül, danke! Erkan, danke!"
Eva Hallers Botschaft geht bei diesem interreligiösen Fastenbrechen im "Münchner Forum für Islam" vielen unter die Haut. In der Münchner Stadtpolitik scheint man dankbar für solche Worte. "Ich denke, in so schwierigen Zeiten ist es umso wichtiger, die gegenseitige Wertschätzung immer wieder zum Ausdruck zu bringen", sagt Münchens Dritte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD). Dass gerade Juden und Muslime in Bayern seit dem 7. Oktober in gegenseitigem Misstrauen und in Angst gelebt haben, beobachten viele. Der Generalvikar des Erzbistums München-Freising Christoph Klingan spricht diese Konflikte offen an: "Wechselseitige Vorwürfe waren und sind im Raum, manche Gesprächsfäden sind leider abgerissen. Lange gewachsenes Vertrauen ist erschüttert worden. Umso wichtiger scheint mir, dass wir im Dialog bleiben, das Leid der anderen wahr und ernst nehmen. Vor allem aber die gemeinsame Hoffnung und den Einsatz für den Frieden nicht aufgeben."
Gläubige Menschen müssen sich gegen Hass und Spaltung stellen
In Zeiten von Spaltung, Hass und Feindschaft müssten sich gläubige Menschen dagegen stellen, betont der Vorsitzende des "Münchner Forums für Islam", Imam Benjamin Idriz aus Penzberg. Als Gastgeber hält er ein Plädoyer dafür, die Konflikte im Nahen Osten nicht hierher zu importieren. "Auf allen Ebenen sollte jetzt die Vernunft über Emotionen und Feindseligkeit und Menschlichkeit über Parteinahmen siegen", sagt Benjamin Idriz. Als "bemerkenswert" bezeichnet der Vizepräsident des Bayerischen Landtags Markus Rinderspacher (SPD) die Reden an diesem Abend: "Möge das, tatsächlich ein Beginn sein, des Aufeinanderzugehens. So verstehe ich den Ramadan."
Trotzdem ist den anwesenden Politikern bewusst: Worte allein machen noch keinen Frieden. Es brauche auch Taten. "In vielen muslimisch geprägten Ländern werden die Fußgängerzonen zu Weihnachten geschmückt und beleuchtet. Unser Marienplatz kann auch im Ramadan solch eine Gestaltung ertragen", sagt Imam Benjamin Idriz. Das könnte eine Art Wertschätzung für die über weit über 100.000 in München lebenden muslimischen Bürgerinnen und Bürger sein.
Stadt München will nächstes Jahr zum Fastenbrechen einladen
Die Stadt Frankfurt macht das bereits. Ähnliche Pläne gibt es derzeit in München nicht. Beim Fastenbrechen-Termin im "Münchner Forum für Islam" stellt Münchens Dritte Bürgermeisterin Verena Dietl eine Gegeneinladung in Aussicht: ein von der Stadt organisiertes Fastenbrechen, einen Iftar-Abend, vielleicht nächstes Jahr im Ramadan.
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