120 Jahre wird das Kaufhaus Zöls in Fürstenzell im Landkreis Passau heuer alt. Das Familienunternehmen verfolgt über die Jahrzehnte hinweg eine Strategie. Das Sortiment anpassen, "alte Zöpfe" abschneiden und auch mal etwas Neues wagen.
"Ein vogelwilder Mix"
Martin Zöls ist der Chef des Kaufhauses mit aktuell knapp 50 Mitarbeitenden. Der Warenmix ist ungewöhnlich: Im Erdgeschoss decken sich die Kunden mit Markenkleidung ein, im ersten Stock befindet sich die Sportabteilung inklusive Ski-Werkstatt. Im Untergeschoss hat sich ein Baumarkt mit dem Schwerpunkt Öfen etabliert. Zöls meint: "Klar, das ist erst mal ein vogelwilder Mix. Aber es ist ein Sortiment, das sich hier in der Region etabliert hat".
Vom Kramerladen über Tankstelle zum Modeladen
Im Jahr 1902 hat alles angefangen. Der 49 Jahre alte Martin Zöls deutet auf seinem Tablet auf Fotos aus der Gründungszeit. Sie zeigen ein großes Gebäude mit kleinen Warenständern davor. Ein klassischer Kramerladen mit Lebensmitteln und Sachen des täglichen Bedarfs. Nächstes Bild: eine alte Zapfsäule. "Als in den 1920ern die Automobile kamen, war hier eine Tankstelle, die einige Jahre später wieder verschwunden ist. Auch der Kramerladen hat sich ständig gewandelt."
Veränderungen waren immer ein Thema, erinnert sich Martin Zöls, der die Firma mit seiner Frau Claudia mittlerweile in vierter Generation leitet. Klar habe es auch schwierige Zeiten gegeben. In den 1990er Jahren musste er sich als Juniorchef gegen seinen Vater behaupten und machte aus der Haushaltswarenabteilung einen Modeladen. Schicke Shirts statt Porzellan. "Das waren schon harte Diskussionen. Ich bin froh, dass ich mich damals durchgesetzt habe", so der Geschäftsmann.
Mitarbeitende 50 Jahre und länger dabei
Flexibel mussten auch die Mitarbeitenden sein. "Wir haben früher ja alles verkauft. Von Fliesen bis zu Einbauküchen. Das war brutal vielseitig und ich habe fast alle Abteilungen mitgemacht", erzählt der 71-jährige Rudolf Wimmer, der von 1964 bis zu seiner Rente bei Zöls war. Auch Susanne Greiler aus der Buchhaltung kennt nur einen Arbeitgeber. Inklusive Kinderzeit arbeitet die 65-Jährige hier seit über einem halben Jahrhundert: "In meinem Büro steht noch die alte Schreibmaschine. Das war natürlich die Hölle, wenn man sich vertippt hat. Das kann sich heuer keiner mehr vorstellen".
Herausforderung: Corona
Eine Herausforderung war auch die Corona-Pandemie. Martin Zöls setzte vorübergehend mehr auf Onlinehandel und telefonische Bestellungen. Um Kunden zu halten, baute er zusammen mit einem befreundeten Apotheker vor dem Geschäft ein Testzentrum auf. Worauf Zöls stolz ist? Dass er betriebsbedingt noch nie einen Mitarbeiter entlassen musste. Und dass sich sein Unternehmen so lange gehalten hat - 120 Jahre.
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