Der Bund Naturschutz Bayern (BN) und ostbayerische Bürgerinitiativen haben am Sonntag zu zwei Demonstrationen gegen den Flächenverbrauch in Bayern aufgerufen. Allein im Freistaat betrage dieser mehr als zehn Hektar pro Tag, rechnet der BN vor. Damit liege Bayern "im Spitzenfeld beim Flächenfraß und der Bodenversiegelung" in Deutschland. Rund 150 Menschen demonstrierten am Sonntag vor den Rathäusern in Obertraubling und Geiselhöring insbesondere gegen den Flächenverbrauch im Gäuboden.
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Streit um wertvolle Ackerflächen
Ihr Protest richtet sich gegen neue geplante großflächige Gewerbe- oder Industrieansiedlungen im Gäuboden. So hat der Autobauer BMW vor, im Landkreis Straubing-Bogen ein Batteriemontagewerk für Elektroautos zu errichten. Eine Bürgerinitiative will das verhindern. Zuletzt wurde in der Bürgersendung "jetzt red i" des Bayerischen Fernsehens heftig darüber gestritten.
Aber auch andere Großbauprojekte wie Straßenneubauten und Ortsumgehungen würden vorangetrieben, so die Kritiker. Zum Beispiel die geplanten Umfahrungen von Geiselhöring, Mallersdorf-Pfaffenberg oder Alburg im Landkreis Straubing-Bogen sowie im Landkreis Regensburg die Ortsumfahrung Niedertraubling.
Dabei sei der Gäuboden in Bayern eine "einmalige, bisher weitgehend unverbaute, urtypische Landschaft, auf deren Fruchtbarkeit der Reichtum und die Geschichte des Landes aufbaute", hieß es.
Die Umgehung um Geiselhöring würde nördlich entlang des Ortes Haindling verlaufen, weshalb sich der "Haindling"-Frontmann Hans-Jürgen Buchner persönlich auf der Demo in Geiselhöring gegen das Bauprojekt aussprach.
Landtagswahl im Blick
Die teilnehmenden Bürgerinitiativen haben sich nach eigener Aussage gegründet, um den Gäuboden zu erhalten und eine Verbauung zu verhindern. Mit den Demonstrationen wollten sie vor der bayerischen Landtagswahl im Oktober auf eine "landesplanerische Fehlentwicklung" hinweisen und sie verhindern.
Hubert Weiger, Mitbegründer des Bund Naturschutz und Ehrenvorsitzender, kritisierte in seiner Ansprache den Freistaat Bayern, der zu wenig für den Schutz der Böden in Bayern tue. "Nach wie vor findet hier in dieser Region fast ein Viertel des Landverbrauchs von ganz Bayern statt“, sagte Weiger dem BR am Rande der Demo.
Weiger für mehr Verkehrsberuhigung
"Niederbayern und die Oberpfalz sind inzwischen zu einem Zentrum des Landverbrauchs in ganz Bayern geworden. Damit muss Schluss sein. Wir brauchen endlich Verkehrsberuhigungen in den Ortschaften statt Ortsumfahrungen", so Weiger.
Der Zusammenschluss der verschiedenen Initiativen bei den Demos zeige, dass die Bürger mittlerweile umdenken würden, was den Flächenfraß betreffe. Sie würden erkennen, dass die wertvolle Ressource Boden wichtiger sei als Wirtschaftsinteressen.
💡 Der Flächenverbrauch in Niederbayern und der Oberpfalz
Der Flächenverbrauch in Niederbayern ist in den vergangenen Jahren besonders stark gewesen. Laut des Bayerischen Landesamts für Statistik wuchs der Flächenverbrauch in Niederbayern vom Jahr 2020 zum Jahr 2021 um 0,7 Prozent (887 Hektar), das sind rund 2,4 Hektar pro Tag. Das ist der höchste Wert Bayerns. Insgesamt sind in Niederbayern 11,6 Prozent der Flächen durch Verkehr oder Siedlungen verbraucht. Neben Großbauprojekten - wie dem geplanten neuen Batteriewerk von BMW im Landkreis Straubing-Bogen - sorgen auch kleinere Bauprojekte wie der Bau eines neuen, elf Hektar großen Gewerbegebiets an der Anschlussstelle Iggensbach im Landkreis Deggendorf an der A3 weiterhin für einen hohen Flächenverbrauch in dem Bezirk.
Die Oberpfalz liegt beim Flächenverbrauch unter dem bayerischen Durchschnitt. Hier gibt es bayernweit am wenigsten Verkehrs- und Siedlungsfläche: 11,1 Prozent (107.093 Hektar). Jährlich kommen 561 Hektar dazu, das entspricht 1,5 Hektar pro Tag.
Insgesamt sind in Bayern 863.191 Hektar mit Siedlungen oder Verkehrsflächen bebaut. Das Statistikamt weist darauf hin, dass Verkehrs- und Siedlungsflächen auch Grün- und Freiflächen umfassen. Sie sind also nicht automatisch versiegelt, das heißt asphaltiert, überbaut oder betoniert. Das Landesamt für Umwelt hat ausgerechnet, dass nur etwa 51 Prozent der Siedlungs- und Verkehrsflächen versiegelt sind. Zu den Siedlungs- und Verkehrsflächen zählen auch Gelände mit Solar- oder Windenergie darauf. Aber: Davon wird nur ein Bruchteil versiegelt.
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