Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bei dessen Einschätzung zur Lastenverteilung bei der Flüchtlingsunterbringung kritisiert. "Wie sich die Ampel-Parteien im Bund die Bälle zuspielen, ist ein übles Foul auf dem Rücken der Länder und Kommunen, die die Hauptlasten in der aktuellen Flüchtlingssituation tragen. Es wird höchste Zeit, dass sich die Bundesregierung aus ihrem Elfenbeinturm traut und der Realität stellt", sagte Herrmann auf Anfrage in München.
Lindner: Bund müsste Länder um Unterstützung bitten
Lindner hatte zuvor der "Rheinischen Post" gesagt, der Bund unterstütze die Länder bereits massiv. "Wir haben die Flüchtlinge aus der Ukraine alle ins Bürgergeld übernommen, das heißt, der Bund zahlt für ihren Lebensunterhalt, obwohl eigentlich die Länder zuständig wären." Die Länder seien finanziell in einer besseren Verfassung als der Bund, der aufgrund der Krisen hohe Schulden habe aufnehmen müssen. "Insofern müsste eigentlich der Bund die Länder um Unterstützung bitten und nicht umgekehrt", sagte Lindner.
Herrmann: Bund trägt Kostenanteil von unter 20 Prozent
Herrmann betonte dagegen, die Länder und Kommunen seien bei ihrer Belastung bereits am Anschlag. Die finanzielle Unterstützung der Bundesregierung für die Unterbringung und Integration von Flüchtlingen sei völlig unzureichend. Erhebungen aller Länder hätten gezeigt, dass die Mittel, die der Bund für 2022 und 2023 gewährt, nur einen Bruchteil der Kosten für Asyl und Integration ausmachten. In diesem Jahr sinke der Bundesanteil auf unter 20 Prozent.
Das Argument, der Bund übernehme die Leistungen für den Lebensunterhalt der Ukraine-Flüchtlinge, wollte Herrmann nicht gelten lassen. "Längst kommen viel mehr Asylbewerber als Kriegsflüchtlinge und für alle enden die Kosten noch lange nicht bei den Lebenshaltungskosten", sagte der bayerische Innenminister. "Es müssen auch die Gesundheitskosten, die Kosten für die Kita und Schule und vieles mehr miteingerechnet werden", sagte er.
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Hessens Regierungschef: Unterstützung müsse verdoppelt werden
Auch Hessens Ministerpräsident Boris Rhein hat die Äußerungen von Lindner zurückgewiesen. "Was der Bund zahlt, reicht bei weitem nicht aus", sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. "Der Betrag von 2,75 Milliarden Euro für dieses Jahr muss mindestens verdoppelt werden. Klar war von Anfang an: Steigt die Zahl der Flüchtlinge, muss auch die Hilfssumme des Bundes steigen."
Hessens Regierungschef argumentierte, es sei "einzig und allein der Bund, der den Schlüssel für die Zuwanderung in der Hand hält". "Die Bundesregierung muss die Migration steuern und begrenzen - im Sinne von Humanität und Ordnung", sagte er. "Steuert und begrenzt die Bundesregierung die Migration weiterhin nicht, muss sie umso mehr und erst recht die finanzielle Verantwortung für die eigene Migrationspolitik übernehmen." Es könne nicht sein, "dass die Länder und Kommunen die verfehlte Politik der Bundesregierung ausbaden müssen".
Flüchtlingsgipfel am 10. Mai
Rhein fügte hinzu: "Wenn der Bundesfinanzminister schon jetzt - einen Monat vor dem Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt - verkündet, es werde kein zusätzliches Geld für Länder und Kommunen geben, dann bin ich sehr gespannt, welche großzügigen Hilfen der Bundeskanzler und sein Kabinett den gebeutelten Städten, Gemeinden und Landkreisen ansonsten anbieten werden." Auf einem Bund-Länder-Gipfel mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) soll am 10. Mai über die Flüchtlingskosten beraten werden.
Mit Informationen der dpa.
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