Als vergangenen Sonntag das Hotelschiff "MS Rossini" am Donauufer der Gemeinde Bach bei Regensburg anlegt, ist die Empörung bei vielen Dorfbewohnern groß. Der Landkreis Regensburg möchte am Donauufer der 1.800-Seelen-Gemeinde bis zu 200 Flüchtlinge unterbringen. Man sei nicht gefragt worden, erzählt ein Dorfbewohner den Reportern des BR-Politikmagazins Kontrovers. Ein anderer kritisiert die Ortswahl, weil die Infrastruktur in Bach für so viele Geflüchtete nicht ausgelegt sei. Tatsächlich gibt es hier fußläufig nicht mal einen Supermarkt.
Es ist ein Improvisieren aus der Not heraus und der Landkreis Regensburg ist dabei keine Ausnahme. Am Vilstalstausee im Landkreis Dingolfing-Landau wurde gerade in Windeseile ein Bierzelt aufgestellt. Es soll das vorläufige Zuhause für rund 150 ukrainische Flüchtlinge werden. "Das ist natürlich nicht optimal, aber wir haben keine Alternative. Jetzt müssen wir diesen Weg gehen. Es hilft ja nicht", sagt Dingolfings Landrat Werner Bumeder. Seit Dezember wurden seinem Landkreis über 350 Personen zugewiesen, der Wohnungsmarkt allerdings ist längst erschöpft. Heute wurde bekannt, dass auf das Zelt ein Brandanschlag verübt wurde. Es könne aber weiter genutzt werden, so die Behörden.
Starke Zunahme von Asyl-Erstanträgen im Jahr 2022
Bayerns Landkreise und Kommunen schlagen seit Monaten Alarm, denn die Zahl der Geflüchteten ist immens gestiegen: Mindestens 150.000 Ukrainer haben im vergangenen Jahr Zuflucht in Bayern gesucht und auch die Zahl der Asylsuchenden ist deutlich gestiegen. Laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sind in ganz Bayern im Jahr 2022 knapp 29.000 Asyl-Erstanträge eingegangen, das sind 44 Prozent mehr als im Vorjahr. In vielen Kommunen, in denen die Wohnraumlage ohnehin angespannt ist, sind die Möglichkeiten der Unterbringung erschöpft.
Kaum Abschiebungen von ausreisepflichtigen Asylbewerbern
Dazu kommt, dass derzeit auch Zehntausende Asylsuchende in Bayern Wohnraum beanspruchen, deren Anträge bearbeitet und abgelehnt wurden. Insgesamt 39.153 Menschen gelten als ausreisepflichtig, teilt das bayerische Landesamt für Asyl und Rückführungen (LfAR) dem BR-Politikmagazin Kontrovers mit. Tatsächlich abgeschoben wurden im vergangenen Jahr rund 2.000 Menschen.
Landesamt für Asyl und Rückführungen fordert Bund zum Handeln auf
Gründe dafür gibt es mehrere: Beispielsweise werden Geflüchtete aus Syrien oder Afghanistan aktuell aufgrund der politischen Lage nicht in ihre Heimatländer abgeschoben. Häufig scheitert es aber auch an der mangelnden Kooperationsbereitschaft einiger Herkunftsländer. Sie verzögern die Rückkehr der eigenen Landsleute, indem sie sich weigern, Reisepässe auszustellen. Zum Teil werden laut LfAR auch bestehende Rücknahmeabkommen nicht eingehalten. Die bayerische Behörde hält es für dringend erforderlich, dass die Bundesregierung im Bereich Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern politisch tätig wird.
Haltung der Bundesregierung bei Visapolitik in der Kritik
Konkret kritisiert das Landesamt für Asyl und Rückführungen die Zurückhaltung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die Anforderrungen für die Visavergabe für die EU zu erschweren, um Druck auf Staaten auszuüben, die sich in Migrationsfragen unkooperativ zeigen. Viele EU-Staaten, darunter auch Schweden, halten die gemeinsame Visapolitik für ein Schlüsselinstrument, um mehr Rückführungen zu erreichen. Ähnlich sieht das auch das LfAR. Aus praktischer Sicht sei die Haltung der Bundesregierung in dieser Frage nicht nachvollziehbar, so die bayerische Behörde. Innenministerin Faeser sagte dagegen am Rande eines Treffens mit den EU-Innenministern vor wenigen Tagen in Stockholm, sie glaube, der Weg über Migrationsabkommen sei der bessere.
Schlechte Rückführungsquote von Ausreisepflichtigen in der EU
Die EU bemüht sich schon seit Jahren darum, mehr Menschen ohne Bleiberecht zurückzuführen, kommt dabei aber kaum voran. 2019 lag die Quote ausreisepflichtiger Menschen, die die EU tatsächlich verließen, bei 29 Prozent. 2021 waren es - wohl auch coronabedingt - nur 21 Prozent. Nun wollen sich die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsstaaten bei einem Sondergipfel Migration am 9. und 10. Februar erneut beraten, um zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen.
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