Aiwanger unter Jubel auf dem Karpfhamer Fest
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Basis der Freien Wähler steht hinter Aiwanger

Basis der Freien Wähler steht hinter Aiwanger

In der Flugblatt-Affäre steht nicht nur die Partei- und Fraktionsspitze hinter ihrem Chef - auch Lokalpolitiker der Freien Wähler geben Hubert Aiwanger Rückendeckung. Aber: Dessen Kommunikationsstrategie kommt an der Basis nicht bei allen gut an.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

In der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt und Rassismus-Vorwürfe aus der Jugendzeit von Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) stehen neben Partei- und Fraktionsspitze auch viele Lokalpolitiker fest hinter ihrem Parteichef. Das ist das Ergebnis einer schriftlichen Anfrage, die die Korrespondentenbüros von BR24 an FW-Bürgermeister und -Landräte in ganz Bayern geschickt haben.

Fünf Fragen sollten die Lokalpolitiker beantworten. So wollte BR24 unter anderem wissen, wie die Basis die Vorwürfe bewertet, Hubert Aiwanger habe ein antisemitisches Flugblatt besessen, den Hitlergruß gezeigt und Judenwitze erzählt. Weitere Fragen waren: Reichen den Lokalpolitikern die bisherigen Erklärungen Aiwangers? Und: Müsste Aiwanger sein Amt als Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident ruhen lassen, bis alle Vorwürfe geklärt sind?

  • Zum Artikel: Fall Aiwanger - Freie Wähler nehmen ihr "Zugpferd" in Schutz

Scharfe Kritik am Inhalt des Flugblatts

Das Ergebnis: Der Rückhalt für Hubert Aiwanger ist groß an der Basis. Vom Inhalt des antisemitischen Flugblatts, das Aiwangers Bruder Helmut vor 35 Jahren als Schüler geschrieben haben will, distanzieren sich die angefragten Politikerinnen und Politiker allerdings. Und dies mit teils sehr deutlichen Worten. Von einem "Schlag ins Gesicht" schreibt etwa Frank Helmerich, Direktkandidat der FW im Stimmkreis Haßberge/Rhön-Grabfeld. Er sei selbst in der Flüchtlingshilfe aktiv und distanziere sich von jeglichem Antisemitismus oder Nationalsozialismus.

Der Landrat des Landkreises Nürnberger Land, Armin Kroder, betont, dass die Freien Wähler klar für ein Miteinander verschiedener Nationen, Kulturen und Religionen, schlicht "für ein Miteinander von Menschen" stünden: "Daher lehnen wir jede Form von Rassismus und Extremismus, insbesondere in der Form des Antisemitismus, kategorisch ab."

Die nun diskutierten Sachverhalte lägen jedoch 35 Jahre zurück, so Kroder, weswegen kaum "hart Gesichertes befunden" werden könne. Er selbst habe nie feststellen können, dass Aiwanger ein Antisemit oder Extremist sei. "Er ist sicher oft sehr populär unterwegs, auch mit Formulierungen, die nicht meine sind, aber Antisemitisches oder Extremistisches gehört dazu nicht."

Aiwanger sei kein Antisemit, sagt die Basis

Auch Albert Gürtner, Landrat der Freien Wähler im Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm, teilt mit: Hubert Aiwanger sei kein Antisemit. Er kenne Aiwanger seit 20 Jahren, in dieser Zeit sei dieser nie mit einer antisemitischen oder rechtsradikalen Wortwahl aufgefallen. Gürtner steht nach eigenen Worten "voll und ganz" hinter Aiwanger. Neumarkts Oberbürgermeister Thomas Thumann verteidigt Aiwanger ebenfalls: Er habe zu keinem Zeitpunkt irgendeinen Hinweis auf angeblich antisemitische oder rechtsradikale Tendenzen nur ansatzweise erkennen können.

Ähnlich die Reaktion von Josef Niedermaier, Landrat im oberbayerischen Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Er teilt mit, bei Aiwanger bisher kein einziges Mal das Gefühl gehabt zu haben, dass dieser rechtsradikales oder antisemitisches Gedankengut mit sich trage.

Oft geäußerter Vorwurf: Es gebe eine Kampagne gegen Aiwanger

Kritisch gesehen wird von einigen an der FW-Basis der Zeitpunkt der Flugblatt-Veröffentlichung, sechs Wochen vor der Landtagswahl.

Dieser Zeitpunkt deutet nach Ansicht des Pfaffenhofener Landrates Gürtner "auf eine geplante Demontierung eines erfolgreichen und beliebten Politikers" hin. Der Unterallgäuer Landrat Alex Eder antwortet auf die BR-Anfrage, dass der Inhalt des Flugblatts ohne Frage zutiefst verabscheuungswürdig sei - aber: "Das Auftauchen nach 35 Jahren, pünktlich zur Landtagswahl, nach immer höheren Umfragewerten für Hubert Aiwanger, ist in meinen Augen extrem durchschaubar. Die Art der Berichterstattung grenzt an Rufmord. Die Menschen, mit denen ich bisher darüber gesprochen habe, finden diese lächerlich."

Martin Behringer, Bürgermeister der Freien Wähler aus dem Landkreis Freyung-Grafenau, spricht von einer "Schlammschlacht"; diese gebe es wahrscheinlich deshalb, weil Aiwanger zu oft den Finger in die Wunde gesteckt habe. Neumarkts Oberbürgermeister Thumann hält die Berichterstattung für einen Versuch, den "wachsenden Zuspruch für Hubert Aiwanger und die Freien Wähler anlässlich der bevorstehenden Landtagswahl zu torpedieren".

"Eine Vorverurteilung darf es nicht geben"

Von der Forderung der bayerischen Oppositionsparteien, dass Aiwanger sein Amt als Wirtschaftsminister ruhen lassen soll, hält man an der Basis wenig. "Das wäre ja die Ultima Ratio und würde auch eine falsche Botschaft vermitteln", so der Würzburger Direktkandidat Sven Baumeister, der auch stellvertretender Vorsitzender im Landesverband der Freien Wähler Bayern ist.

"Eine Vorverurteilung darf es meiner Meinung nach nicht geben", erklärt die Kitzinger Landrätin Tamara Bischof schriftlich. Zunächst sei die Beantwortung der 25 Fragen durch Hubert Aiwanger abzuwarten. Ihre Meinung: "Aiwanger soll in der Position bleiben, bis die Sache geklärt ist."

Viele sehen Entschuldigung als ausreichend an

Diese Einschätzung teilt Felix von Zobel, Direktkandidat der FW im Landkreis Würzburg: "Wichtig ist, dass die Unschuldsvermutung gilt." Aiwanger habe seiner Meinung nach glaubhaft versichert, dass er sich nichts habe zu Schulden kommen lassen. Falls sich in der weiteren Prüfung herausstellt, dass dem doch so sei, dann müsse es personelle Konsequenzen geben. Seiner Ansicht nach hat sich Aiwanger "glaubwürdig" entschuldigt.

Auch für den Vorsitzenden der Freien Wähler im Landkreis Donau-Ries, Florian Riehl, ist mit der Entschuldigung von Huber Aiwanger alles geklärt. Sven Baumeister, stellvertretender Landesvorstand der Freien Wähler in Bayern, sagt: "Ich finde, man muss anerkennen, dass er sich der Presse gestellt hat und dass er sich wirklich bei den Opfern entschuldigt hat."

Am Donnerstag hatte Hubert Aiwanger in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz für mögliche Verfehlungen in seiner Schulzeit um Verzeihung gebeten. Er bereue es zutiefst, falls er durch sein Verhalten Gefühle verletzt habe. Außerdem hatte er sich bei allen Opfern des NS-Regimes und deren Hinterbliebenen entschuldigt.

Schadet die Flugblatt-Affäre den Freien Wählern?

Dass die Affäre um das antisemitische Flugblatt den Freien Wählern schadet, davon gehen die Politikerinnen und Politiker an der Basis nicht aus. "Ich bin viel unterwegs in der Region und ich habe den Eindruck, dass die Bürgerinnen und Bürger in diesem Thema Klarheit wünschen, aber dass sie keinesfalls die gute Regierungsarbeit der Freien Wähler in fünf Jahren Bayern-Koalition in Frage stellen", sagt Maili Wagner, Direktkandidatin der Freien Wähler im Stimmkreis Aschaffenburg-West. Neumarkts Oberbürgermeister Thumann erlebt aktuell "viel Rückhalt in der Bevölkerung" für Aiwanger.

Kritik an Aiwangers Kommunikationsstrategie und Rhetorik

An Aiwangers Kommunikationsstrategie und seinem Umgang mit der Flugblatt-Affäre gibt es allerdings durchaus Kritik. "Überfällig" nennt die Entschuldigung zum Beispiel Matthias Bielek, FW-Bürgermeister von Dettelbach. Auch übers Aiwangers Rhetorik ist er nicht immer glücklich. "Zweifel kann Herr Aiwanger nur durch richtiges Verhalten und Worte ausräumen. Wenn er in einer Rede wieder Formulierungen verwendet, die Zündstoff liefern, kann ich verstehen, wenn sich die Presse da drüber hermacht."

Auch der Bürgermeister von Ergolding im Landkreis Landshut, Andreas Strauß, erklärt auf BR24-Anfrage, dass Aiwangers Auftritt bei der Demo in Erding zuletzt heftiger und kontroverser diskutiert wurde. Die jüngsten Veröffentlichungen der Süddeutschen Zeitung und der folgende Umgang mit Aiwanger werde aber von den meisten, mit denen er darüber gesprochen habe, als unanständiges Wahlkampfmanöver angesehen.

Der Freie Wähler-Bürgermeister von Ornbau im Landkreis Ansbach, Marco Meier, sieht das ähnlich. Er selbst sei auch nicht immer glücklich mit jeder Aussage Aiwangers. "Aber ich glaube, in der heutigen Zeit brauchen wir auch Politiker, die einfach mal unbequem sind, die offen und ehrlich ihre Meinung sagen." Der Kommunalpolitiker bedauert, dass durch die Diskussion um das Flugblatt die sachlichen Themen in den Hintergrund gedrängt würden.

Video: Ministerpräsident Söder zu Aiwanger

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder vor Mikrofonen
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Ministerpräsident Markus Söder forderte Hubert Aiwanger auf, 25 Fragen zu der Flugblatt-Affäre zu beantworten.

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