Sie zischen, sie krachen, sie erleuchten den Nachthimmel in den buntesten Farben: Feuerwerksraketen mit atemraubenden Effekten sind in jeder Altersklasse beliebt, aber nicht jeder darf sie auch abfeuern.
Jürgen Mattis aus dem unterfränkischen Steinfeld (Lkr. Main-Spessart) ist professioneller Pyrotechniker. In seinen Feuerwerksverkauf kommen immer mehr Menschen, denen die frei verkäuflichen Raketen der Kategorie F2 aus dem Discounter nicht genug sind. Sie fragen nach Feuerwerkskörpern der Kategorie F3. Doch wer das sogenannte Mittelfeuerwerk mit deutlich mehr Schwarzpulver zünden möchte, braucht in Bayern dafür eine Genehmigung nach § 27 des Sprengstoffgesetzes.
Nachfrage seit Corona gestiegen
Die Nachfrage nach diesem sogenannten 27er-Schein für Hobby-Feuerwerker ist seit der Coronapandemie deutlich gestiegen. Das Gewerbeaufsichtsamt der Regierung von Unterfranken hat in diesem Jahr 15 Konzessionen ausgestellt – dreimal so viele wie vor der Pandemie. Ähnlich ist es in Mittel- und Oberfranken, dort waren es jeweils 14 Konzessionen. In Schwaben und Oberbayern waren es jeweils 12, in Niederbayern jedoch nur zwei.
Gewerbeaufsichtsamt erteilt Genehmigung
Wer den sogenannten 27er-Schein beantragen möchte, muss mindestens 21 Jahre alt sein und sich vom zuständigen Gewerbeaufsichtsamt eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellen lassen. Zusätzlich muss ein ärztliches Attest vorliegen, dass man sowohl geistig als auch körperlich in der Lage ist, das Feuerwerk zu zünden. Die Genehmigung kostet 300 Euro und gilt für fünf Jahre.
Damit darf das ganze Jahr über Feuerwerk der Kategorie F3 abgeschossen werden, insofern es vorher beim zuständigen Gewerbeaufsichtsamt angezeigt wurde. Bei F3-Feuerwerkskörpern ist die Nettoexplosivmasse (NEM) im Vergleich zum normalen Silvesterfeuerwerk deutlich höher – bis zu ein Kilogramm Schwarzpulver darf darin enthalten sein. Ebenso sind stärkere Zerleger-Ladungen und größere Steighöhen bis zu 80 Meter zulässig, statt 40 bis 60 Meter wie beim normalen Feuerwerk.
Auch Böller mit Blitzknallsatz sind hier mit einer NEM bis zu fünf Gramm erlaubt. "Der ist sehr reaktiv", erklärt Pyrotechniker Jürgen Mattis und nimmt einen Beispiel-Böller in die Hand. Der enthält 1,5 Gramm Nettoexplosivmasse. "Wenn der in der Hand losgehen würde, fehlen Gliedmaßen, definitiv", sagt Mattis. In vielen anderen europäischen Ländern ist diese Kategorie ab dem 18. Lebensjahr frei verkäuflich, daher kommt beispielsweise auch die Bezeichnung "Polenböller". In Österreich dagegen braucht es sogar einen Fachkundenachweis dafür. "Was auch Sinn ergibt, weil ich darf schon deutlich mehr. Ich kann viel damit anstellen", sagt Pyrotechniker Mattis.
Nachfrage wegen "Böllerverbot" gestiegen
Er geht davon aus, dass die Nachfrage zum einen aufgrund des "Böllerverbots" während der Coronapandemie gestiegen ist, zum anderen, weil die Bundesregierung über eine Änderung des Sprengstoffgesetzes nachdenkt und die Regeln verschärfen will. Dann könnte auch für den Erwerb von Feuerwerkskörpern der Kategorie F3 ein Fachkundenachweis verlangt werden.
"Und dann kriegen jetzt einige Angst und wollen noch schnell den F3-Schein beantragen. Bei uns in Bayern oder gezielt in Unterfranken haben wir den Anstieg enorm gemerkt. Es kommen auch immer öfter Laien zu uns, die den F3-Schein möchten oder die nachfragen, wie das überhaupt ist", so Mattis. "Ich als Feuerwerker helfe da gern weiter, weil ich schaue mir zum einen die Person an, ist die für mich schon mal geistig und körperlich in der Lage. Ich kann das auch ein bisschen beurteilen." Er berät seine Kundschaft auch und weist dabei auf die Gefahren hin.
Fachkundenachweis für Großfeuerwerk
Bislang ist es so, dass Hobby-Feuerwerker einen Fachkundenachweis nur erbringen müssen, wenn sie professionelles Feuerwerk der Kategorie F4 für private Zwecke abschießen möchten. Zum Großfeuerwerk zählen Zylinder- und Kugelbomben, großkalibrige Römische Lichter und Raketen mit einer Nettoexplosionsmasse über 250 Gramm. Um die abbrennen zu dürfen, braucht es aber eine richtige Ausbildung, weil bei der Zündung viel schiefgehen kann: "Allein, wenn ich die Bombe falsch herum – wir sprechen über die Kugelbombe – in das Rohr hineingebe, dann habe ich einen Rohrkrepierer. Mir fliegen die Splitter um die Ohren", beschreibt Mattis. Die Explosionswirkung könne man mit einer kleinen Handgranate vergleichen. "Es ist schon gigantisch. Das heißt, auch wenn so ein Ding in einem Auto losgeht. In der Größe hätte man bei einem Unfall eigentlich keine Überlebenschance", warnt Jürgen Mattis.
Feuerwerk-Führerschein kostet viel Zeit und Geld
Der Fachkundenachweis für das F4-Feuerwerk beinhaltet die Teilnahme an mindestens 21 professionellen Feuerwerken bei einem Pyrotechniker. Dazu kommt eine theoretische und praktische Prüfung, die das Gewerbeaufsichtsamt der Regierung von Oberbayern abnimmt: Kostenpunkt circa 2.000 Euro. Die Nachfrage nach dieser Art von Scheinen ist in Bayern jedoch eher gering.
Jürgen Mattis ist das recht, wenn das Großfeuerwerk in den Händen der Profis bleibt. Nicht, weil er Angst vor Konkurrenz oder ausbleibenden Aufträgen hat, sondern weil Feuerwerk für ihn viel mehr ist als nur ein schöner Schein am Himmel. "Feuerwerk bedeutet für mich eigentlich Kunst. Leuchtende Augen, leuchtende Kinderaugen, strahlendes Publikum, Emotionen einfach. Es verbindet", schwärmt Mattis.
Das Silvesterfeuerwerk gehe auf einen uralten Brauch zurück, um böse Geister zu vertreiben: "Die Menschen können sich ausleben, können sich auf die neue Jahreszeit freuen", erklärt der Mattis. Das Wichtigste ist für ihn jedoch die Sicherheit. Einen kleinen Feuerwerksführerschein für jedermann findet der Pyrotechniker deshalb ganz vernünftig.
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