In langen Kleidern stehen die "Wasch-Weiber" auf einem kleinen Schiff auf dem Main in Würzburg. Im Hintergrund: die Alte Mainbrücke und die Festung Marienberg. Am Ufer stehen weitere Frauen und Kinder. Die Frauen sind gekommen, um ihre dreckige Wäsche am Fluss zu waschen.
- Zum Artikel von radioWissen: Wasch-Frauen – Vom Einweichen und Auswringen
Früher Schiffe zum Wäschewaschen in Würzburg
Dafür gab es in Würzburg früher sogenannte Wasch-Schiffe. Am eisernen Rumpf war ein Holz-Ausleger angebracht. Darauf haben die Frauen die Kleidungsstücke und andere Wäsche kräftig eingeseift und mit Bürsten geschrubbt, auf dem Schiff stehend. An der Reling und an Stangen haben die Frauen die Wäsche zum Abtropfen aufgehängt.
Zeitzeuginnen erinnern sich an die anstrengende Arbeit
Es war eine anstrengende Arbeit, erinnert sich die heute 93-jährige Luitgard Braun: "Wir sind da mit einer Wanne Wäsche zum Main gegangen, haben die Sachen im Mainwasser eingeweicht. Mit einer Bürste haben wir geschrubbt, dann kam die Wäsche wieder ins Wasser. Das hat ganz schön gewackelt. Es war wenig Platz auf dem Schiff, so viele Menschen waren da."
"Wir hatten ja damals nicht viel Seife. Dann ist die Wäsche eben im Main ausgewaschen, ausgewrungen und im Anschluss aufgehängt worden. Danach sind wir wieder heimgelaufen", beschreibt Rosemarie Götz.
Schiffe am Ufer: Kinder mussten Wäsche einsammeln
Die Wasch-Schiffe hatten keinen Motor, sie waren mit dem Steg und mit Seilen am Ufer festgemacht. Viele Erinnerungen hängen bei älteren Würzburgerinnen und Würzburgern daran. So sind zum Beispiel immer wieder Kleidungsstücke weggeschwommen und Bürsten ins Wasser gefallen. "Meist sind dann die Kinder nachgesprungen und haben alles wieder herausgefischt", erzählt Luitgard Braun.
Trotz Waschmaschine: Weiter Wäschewaschen am Fluss
Die Trommel-Waschmaschine wurde zwar 1901 erfunden, doch damals konnten sich nur wenige so ein Gerät leisten. Viele Menschen mussten ihre Wäsche weiter an Flüssen waschen, wie in Würzburg am Main. Dort haben bis in die 1960er-Jahre Wasch-Schiffe geankert. Dann sind sie aus dem Stadtbild verschwunden. Im Würzburger Rathaus erinnert eine Foto-Ausstellung an sie – und an das frühere Leben im Main-Viertel.
Letztes Würzburger Wasch-Schiff braucht eine Restaurierung
Das letzte Wasch-Schiff seiner Art sollte eigentlich eine Restaurierung bekommen – doch seit Jahrzehnten rostet das Denkmal regelrecht weg. Der Lack ist abgeplatzt, die Holzteile sind morsch. Es steht aktuell auf dem Gelände des Bauhofs, nur wenige Kilometer von seinem früheren Einsatzort entfernt. Der Stadtrat möchte das kleine Schiff zwar als Denkmal erhalten, hat aber noch keinen geeigneten Platz gefunden. Außerdem dürften die Kosten für die Restaurierung inzwischen bei über 100.000 Euro liegen. Diese Summe nennt ein Gutachten, das allerdings bereits vor zehn Jahren erstellt wurde. Seitdem hat der Rost weitere Löcher in den Rumpf gerissen.
Würzburger Schüler setzen sich für Wasch-Schiff ein
Zwei Würzburger Schüler hatten das Wasch-Schiff auf dem Bauhof entdeckt: Oliver Mehling und sein Bruder. Die beiden waren fasziniert und schockiert zugleich. "Das ist ein Stück Stadtgeschichte, das kann man nicht so verkommen lassen", sagt Oliver. Für eine Geschichtsarbeit haben die Gymnasiasten Zeitzeuginnen und Zeitzeugen befragt – und haben die Historie dokumentiert. Dafür haben sie eine Auszeichnung vom Bayerischen Kultusministerium bekommen. Daraufhin ist der Würzburger Stadtrat erneut aktiv geworden. Ein Teil wollte das Denkmal an Land platzieren – ein anderer Teil im Wasser, so wie früher. Doch passiert ist nichts.
Kulturreferent: Hoffnung wohl nur mit Sponsor
Der Würzburger Kulturreferent Achim Könekke bezeichnet die Geschichte des Wasch-Schiffs als "never ending story". Es sei schwer, einen geeigneten Platz auf dem Main zu finden, denn der Fluss sei stark befahren. Zudem schätzt er die Kosten für die Restaurierung des Wracks ebenfalls auf weit mehr als 100.000 Euro. "Einziger Hoffnungsschimmer ist für mich ein Sponsor, der die finanzielle Last schultert – und sagt: Ich nehm das für die Stadt in die Hand", so Könneke. Das letzte Wasch-Schiff hätte jedenfalls einen würdigen Platz in Würzburg verdient, meinen Zeitzeuginnen wie die 93-jährige Luitgard Braun.
Denn: Hier wurde nicht nur schmutzige Wäsche gewaschen – die Wasch-Schiffe waren jahrzehntelang ein wichtiger Treffpunkt für viele Menschen in Würzburg.
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