Der Schotter knirscht unter unserem Reifen, der Fahrtwind kühlt - das Motto "Hügel-Surfen im Wein- und Bierland", das sich der Haßberge-Tourismus ausgedacht hat, ist ziemlich gut gewählt. Unsere Rund-Tour durch die – noch so eine Tourismusformulierung – "fränkische Toskana" ist in Haßfurt am Main gestartet. Von dort ging es über gut beschilderte Radwege auf das Hofheimerle. Die ehemalige Bahntrasse ist betoniert und damit für jede Art von Fahrrad geeignet, sagt meine Führerin Susanne Volkheimer vom Haßberge Tourismus. Besonders gut lasse sich die Region mit ihren vielen hügeligen Schotterpisten aber mit dem Gravelbike erleben, sagt die Tourismusexpertin.
Eigene Strecken fürs Gravelbike ausgewiesen
Zwölf Strecken speziell für Gravel-Biker sind in den vergangenen Jahren in den Haßbergen entstanden. Sie sind zwischen 20 und 70 Kilometer lang und nach Themen wie "Burgen, Bier & Biken" geordnet. Viele führen durch Wälder und Weinberge, malerische Fachwerkorte oder zu Burgen und anderen Denkmälern. Auch an Hinweisen zur Übernachtung, etwa auf Campingplätzen, wurde gedacht. Doch was ist denn nun dieses Gravelbike, zu Deutsch schlicht Schotterrad? Auf den ersten Blick sieht es mit seinem geschwungenen Lenker wie ein Rennrad aus, hat aber einen komfortabler geschnittenen Rahmen und vor allem viel dickere Reifen, mit denen wir bei unserer Tour ohne Probleme über das historische Pflaster ins wunderschöne Königsberg rollen.
Fachwerk-Perle Königsberg mit berühmtem Sohn
Highlight ist der Stopp am Marktplatz. In der Mitte plätschert der Regio-Montanus-Brunnen, der an den berühmten Wissenschaftler erinnert. Der Astronom und Mathematiker Johann Müller hatte von späteren Bewunderen den Namen erhalten, der an seine fränkische Heimatstadt erinnert. "Er hat Geräte entwickelt und Berechnungen angestellt, mit denen zum Beispiel Christoph Columbus bei seinen Entdeckungsfahrten navigiert hat", erzählt uns Stadtführer Walther Schneider. Er kennt jedes der zauberhaften Fachwerkhäuser und weiß zum Beispiel auch, wo einst Filme mit Schauspieler und Regisseur Hans-Joachim Kulenkampff gedreht wurden.
Rennweg: Historischer Handelsweg zwischen Bischofssitzen
Unsere Radtour mit den Gravelbikes führt dann aber erstmal steil hinaus auf den Burgberg, wo wir die Aussicht genießen und dann weiter auf das Gravel-Highlight, den historischen Rennweg. Auf einem schier endlosen Kammweg und gut geschotterten Pisten führt er von Bamberg-Hallstadt bis nach Fulda. Eine ideale Tour führt zum Beispiel von Bamberg nach Sulzfeld und endet nach gut 60 Kilometern und mehr als 800 Höhenmetern auf dem dortigen Campingplatz an einem idyllischen Badesee, sagt Susanne Volkheimer.
Burgen, Parks und künstliche Ruinen
Auf dem Rennweg treffen wir Jürgen Bergmann, der mit Freunden die Vereinigung Haßberg Graveller gegründet hat. Regelmäßig kundschaften sie neue Strecken aus und veranstalten Ausfahrten. "Wir haben hier viele schöne Waldwege, wir haben tolle Radwege, aber wir haben auch leichtere Mountainbike-Trails, die man mit dem Gravel-Fahrrad befahren kann. Man geht aus der Haustür und ist sofort im Grünen", schwärmt er. Eigentlich ist Bergmann Architekt und restauriert beruflich häufig historische Gebäude wie alte Burgen. Mit ihm zweigen wir vom Rennweg ab in den Landschaftspark Bettenburg. Ein lokaler Adeliger ließ ihn 1789 nach englischem Vorbild bauen – als romantische Parkanlage im Wald mit Säulen, Denkmälern und künstlichen Ruinen.
Gut mit öffentlichem Nahverkehr erreichbar
Der Ausklang in einem Biergarten gehört zu einer Graveltour unbedingt dazu, in unserem Fall in Hofheim. Mit dabei Uli Büscher vom Kooperationspartner VGN Verkehrsverbund. Er ist selbst leidenschaftlicher Gravelbiker und Radreisender und betont, dass viele Strecken in den Hassbergen gut mit öffentlichem Nahverkehr erreichbar sind. "Ich kann zum Beispiel innerhalb einer Stunde von Nürnberg über Bamberg nach Haßfurt fahren oder innerhalb der Haßberge mit der Agilis oder dem Bus weiter", sagt der VGN-Freizeitreferent. "Graveln ist für mich eine super Mischung aus sportlicher Aktivität in der Natur. Und auch Kulinarik ist wichtig, also ein leckeres Bierchen danach ist schon toll", sagt Büscher.
Fazit: Natürlich braucht man kein spezielles Gravelbike, um eine Fahrradtour zu machen, aber wer abseits geteerter Wege schnell und sportlich unterwegs sein möchte und auch ohne Elektromotor schnell auf Schotter unterwegs sein will, für den ist es ideal geeignet.
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