"Liebe Freundinnen, machen wir uns nix vor, der Wahlkampf war hart für uns Grüne!" Die Landesvorsitzende, Eva Lettenbauer, beginnt den Parteitag der bayerischen Grünen in Lindau mit einem Blick zurück. Die Grünen seien im Wahlkampf beschimpft, angefeindet und bedroht worden, ob "beim Wahlkampfstand oder beim Einkaufen". Weil die Grünen die einzige Partei sei, "die keine falschen Versprechungen" mache, vor allem mit Blick auf die Wärmewende. "Will die CSU bis 2044 blockieren und dann 2045 einfach die Heizungen abdrehen?"
Außerdem warf Lettenbauer der CSU vor, für die derzeit aufgeheizte Stimmung mitverantwortlich zu sein. Sie forderte, zu einem respektvollen Umgang zurückzukehren. Als demokratische Partei sollte sich die CSU "ihrer Verantwortung für die Debattenkultur in diesem Land bewusst sein".
"Zusammen sind wir stark": Mehr Unterstützung für Kreisverbände
Man merkt auf diesem Parteitag aber auch: Die Grünen, sie wollen jetzt unbedingt nach vorne schauen. Nach vorne und aufs Land - also dorthin, wo man den Grünen derzeit am wenigsten zuhört. Dort müssten die Grünen "versuchen deutlich besser anzukommen", ruft Lettenbauer. "Was können wir besser machen, wie können unsere Vorschläge besser ankommen?"
Schaffen will die Partei das, indem sie die Kreisverbände vor Ort stärkt. Mit mehr Geld, flächendeckenden Strukturen, mehr Personal, mehr prominenter Unterstützung. Jeder Kreisverband soll eine "Geschäftsführung und mehr Angestellte" bekommen. In einem ersten Schritt sollen die Kreisverbände entlastet werden, indem alle Bezirke "stundenweise Unterstützung" entsenden. "Danke für die Teamarbeit", bedankt sich Lettenbauer. Auch die Abgeordneten aus Bund und Land sollen öfter in den Kreisverbänden vorbeischauen. "Zusammen sind wir stark."
Raus aus dem Schatten: Schulze krank
Die Gallionsfigur der bayerischen Grünen, Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze, liegt mit Fieber im Bett. "Ihr schicken wir jetzt bitte alle gemeinsam eine ganz gute Besserung nach Hause", ruft die Landesvorsitzende die Delegierten auf. Das bedeutet für die Nummer zwei, Johannes Becher, dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden: raus aus dem Schatten.
Becher forderte die "demokratischen Parteien" auf, sich der aktuellen Demokratiekrise entgegenzustellen. "Schließen Sie sich uns an und führen wir diesen Kampf gemeinsam." Wenn man Verfassungsfeinden "nicht rechtzeitig die Stirn bietet, kann es irgendwann zu spät sein". Ein AfD-Verbot müsse juristisch geprüft werden. "Ich will es nicht zu spät werden lassen."
Team Lettenbauer-Sarnowski unter Druck
Am Samstag steht auf dem Parteitag eine richtungsweisende Entscheidung an: die Kampfabstimmungen der beiden Vorsitzenden-Posten. Den beiden aktuellen Landesvorsitzenden Eva Lettenbauer und Thomas von Sarnowski stellen sich mindestens drei Gegenkandidaten - darunter auch Gisela Sengl, ehemalige Abgeordnete und Bio-Bäuerin aus dem Landkreis Traunstein. Die 63-Jährige betont kurz vor der Wahl, dass die Parteispitze wieder die ländliche Bevölkerung und Ältere repräsentieren müsse.
Mit Gegen- und Rückenwind ins Europawahljahr
Laut aktuellen Umfragen wie dem letzten BayernTrend kommen die Grünen derzeit auf nur noch 13 Prozent. Andererseits haben sie aktuell guten Zulauf – Anfang Januar vermeldeten sie erstmals mehr als 20.000 Mitglieder. Anton Hofreiter will die Delegierten am Sonntag auf den anstehenden Europawahlkampf einstimmen.
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