Augsburg ohne sein Turamichele-Fest? Undenkbar. Jedes Jahr freuen sich Hunderte, wenn der Heilige Michael am Perlachturm den Teufel bezwingt. So auch in diesem Jahr. Am Wochenende wurde am Rathausplatz wieder das Turamichele-Fest gefeiert, zum insgesamt 498. Mal. Wie es in den nächsten beiden Jahren weitergeht, ist allerdings noch offen, denn der Perlachturm wird saniert. Umso mehr genossen es die Augsburger an diesem Wochenende noch einmal, ihr Turamichele anzufeuern.
Hunderte Kinder feuern das Turamichele bei seinem Kampf an
"Turamichele, Turamichele" – lautstark rufen hunderte Kinder auf dem Augsburger Rathausplatz nach dem Heiligen Michael, alle Augen gespannt auf den Perlachturm gerichtet. Dann, kurz vor jeder vollen Stunde ist es so weit: An dem mit bunten Blumen verzierten Fenster erscheint die hölzerne Figur des Erzengels, ihm zu Füßen liegt rot und gehörnt der Teufel.
Nur an den Tagen rund um den 29. September – dem Namenstag des Heiligen Michael – wird das mechanische Figurenspiel in Gang gesetzt. Bereits seit den 50er-Jahren erwecken immer zwei Mitarbeiter der Stadtwerke Augsburg die Figuren mit dem Drehen an einer Kurbel zum Leben. Der Heilige Michael sticht mit einer Lanze auf den Teufel ein, die Kinder zählen lautstark mit: "1, 2, 3, …".
Ein Meer an bunten Luftballons auf dem Rathausplatz
Und wieder hat am Ende das Gute gegen das Böse gesiegt. Zur Freude lassen die Kinder im Anschluss ihre roten, grünen und weißen Luftballons steigen. Unten an jeder Schnur baumelt eine Teilnahmekarte für das Gewinnspiel, das das Team von Augsburg Marketing seit Jahren als Veranstalter organisiert. Längst ist rund um das Figurenspiel ein Fest mit buntem Rahmenprogramm für die ganze Familie entstanden.
Die Augsburger Tradition reicht fast bis ins Mittelalter
Das Augsburger Turamichele gilt als eines der ältesten Kinderfeste in Deutschland. Bereits aus dem Jahr 1526 stammt nach Angaben der Stadt der erste gesicherte Nachweis über eine Holzfigurengruppe.
Doch es gab auch Zeiten ohne Spiel: 1806 wurde Augsburg an das Königreich Bayern angeschlossen. Die Regierung verbot das Fest. Bis ins Jahr 1822 durfte das Spiel nicht aufgeführt werden. In der Augsburger Bombennacht 1944 brannte der Perlachturm vollständig aus, das Turamichele und der Teufel wurden zerstört.
Das jetzige Figurenspiel stammt aus dem Jahr 1949. Der Augsburger Malzfabrikant Ernst Gebler spendete Geld für eine neue hölzerne Figurengruppe. Angefertigt wurde sie vom Kemptener Bildhauer Karl Hoefelmayr.
Für viele Augsburger eine "Herzensangelegenheit"
Wie sehr die Tradition in der Stadt verwurzelt ist, spürt man auch bei vielen Zuschauern. So erklärt eine Großmutter emotional: "Das Turamichele ist für mich Kindheitserinnerung, das will ich mit meiner Enkelin jetzt natürlich auch haben." Und eine Frau neben ihr ergänzt: "Ich war hier in der Schule und wir sind immer zum Turamichele gegangen, irgendwann dann mit meiner Tochter und jetzt mit meinen Enkeln."
Auch Heinz Stinglwagner, der Augsburger City Manager, war selbst als kleiner Junge dabei und ist überzeugt: "Das Turamichele ist einfach eine Augsburger Herzensangelegenheit."
Und wie gefällt es den Kleinen? "Guuut" betont die vierjährige Frieda, der vor allem das Kinderschminken gefallen hat. Die acht Jahre alte Lina mag die Luftballons am meisten und der fünfjährige Karl fand beim Turamichele am besten, "wie es immer den Teufel sticht."
Zwangspause für das Figurenspiel am Perlachturm?
Weil der Perlachturm saniert wird, kann das Fest in den kommenden beiden Jahren nicht so wie sonst stattfinden. Erst 2027 sollen die Baumaßnahmen abgeschlossen sein. Muss der Erzengel also eine Zwangspause einlegen? Stinglwagner bleibt vage: Es gebe viele Ideen. Und dann fügt er mit einem Schmunzeln an: "Ob es pausiert? Jein! Aber mehr wird noch nicht verraten." So bleibt den Augsburgern eine kleine Hoffnung, dass ihr Heiliger Michael auch in den kommenden zwei Jahren den Kampf "Gut gegen Böse" weiter für sich entscheiden wird.
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