Wildbiene
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Das Volksbegehren "Rettet die Bienen" ist erst teilweise umgesetzt. Um die beschlossenen Ziele zu erreichen, ist mehr Geld für Naturschutz nötig.

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Haushaltssperre: Geht Bayern beim Naturschutz das Geld aus?

Haushaltssperre: Geht Bayern beim Naturschutz das Geld aus?

Das Volksbegehren "Rettet die Bienen" war das erfolgreichste in der bayerischen Geschichte: 1,7 Millionen Menschen haben vor sechs Jahren für mehr Artenvielfalt in Bayern unterschrieben. Doch die Umsetzung gerät jetzt offenbar ins Stocken.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Eine Baumschule bei Forchheim hat in jahrelanger Arbeit 6.000 hochstämmige Streuobstbäume herangezogen – als Beitrag zum bayerischen Streuobstpakt, mit dem bis 2035 eine Million neue Streuobstbäume gepflanzt werden sollen. In den vergangenen Jahren waren neue Bäume immer knapp. Aber jetzt will sie niemand mehr haben. Im Mai muss der oberfränkische Betrieb seine Ware wahrscheinlich kompostieren. Denn die fest geplanten Naturschutzprojekte, in deren Rahmen die Bäume gepflanzt werden sollten, haben keine Förderung bekommen.

Das ist nur ein Beispiel von vielen, berichten der Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) und weitere Naturschutzverbände. Auch für Moor-Renaturierung, naturnahe Wiesen, Krötenzäune oder Hecken scheint das Geld auf einmal weg zu sein. Naturschutzprojekte, die in den vergangenen Jahren routinemäßig gefördert wurden, werden jetzt reihenweise abgelehnt.

Vertrauen bei Landwirten wird verspielt

Die Beauftragte des Artenschutz-Volksbegehrens, Agnes Becker (ÖDP) schlägt Alarm: "Wir erleben gerade, dass die Finanzierung der Maßnahmen für die Umsetzung des Volksbegehrens ins Wackeln gerät." Das gefährde die Erfolge der vergangenen Jahre. Immer mehr Landwirte konnten überzeugt werden, etwa freiwillig beim Vertragsnaturschutz mitzumachen. "Aber wir sehen die große Gefahr, dass da viel Vertrauen zerstört wird, wenn der Staat sagt: 'Jetzt ist Haushaltssperre. Sorry, wir haben jetzt kein Geld mehr.'"

Abrupte Haushaltssperre trifft besonders Naturschutz

Zu diesem Effekt geführt haben abrupte Sparmaßnahmen der Staatsregierung seit dem Jahreswechsel. Nicht verbrauchte Mittel aus 2024 dürfen vorerst nicht mehr ins aktuelle Jahr mitgenommen werden. Das Kabinett hat außerdem entschieden, eine generelle Haushaltssperre für alle Ressorts von zehn auf 15 Prozent anzuheben. Diese Maßnahme soll die Möglichkeit eröffnen, bei den derzeit laufenden Verhandlungen zum Nachtragshaushalt 2025 noch Etats im Nachhinein zu kürzen. Die Sperre betrifft nur Mittel, die noch nicht fix gebunden sind. Und damit offenbar besonders die Naturschutzprogramme, die stets nur befristet bewilligt sind und regelmäßig neu abgeschlossen werden müssen.

Wenn der Haushalt fertig wird, ist es zu spät

Auch falls das Geld nach der Verabschiedung des Nachtragshaushalts im Frühsommer wieder freigegeben wird, ist es für eine Reihe von Maßnahmen schon zu spät, die zwingend früh im Jahr passieren müssen: etwa der Rückschnitt von Hecken – oder eben das Pflanzen von Streuobstbäumen. Weil der Mittelstopp mitten in die Antragsphase fiel, war es reiner Zufall, welche Projekte für 2025 noch den Zuschlag bekamen und welche nicht, berichten Maßnahmenträger.

Glauber: Am Ende gibt es nicht weniger Geld

Das bayerische Umweltministerium besteht auf der Feststellung, dass die Naturschutzposten im Haushalt am Ende zumindest gleich bleiben werden. Außerdem wettert Umweltschutzminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) gegen die Ampel: "Die aktuelle Bundesregierung war kein verlässlicher Partner beim Naturschutz" kritisiert er. Die Ampelkoalition hatte infolge der Haushaltskrise nach dem Urteil zur Schuldenbremse die Bundesmittel für Naturschutz gekürzt. Für Bayern macht das jährlich sechs Millionen Euro aus. Das könne Bayern nicht dauerhaft kompensieren, so Glauber.

Vertreter von Naturschutzverbänden bestätigen das, die fehlenden Bundesmittel seien für die aktuelle Situation aber von eher untergeordneter Bedeutung. Generell gilt: In Bayern stehen deutlich mehr Landes-Naturschutzmittel zur Verfügung als in den meisten anderen Bundesländern – vor allem als Folge des erfolgreichen Volksbegehrens Artenschutz.

Wer nichts vorschreiben will, braucht Fördermittel

Die dahinterstehende Philosophie ist: Landwirten möglichst keine Naturschutzmaßnahmen vorschreiben, sondern sie für freiwillige Maßnahmen bezahlen. Dieser Ansatz war erfolgreich, die Fläche im bayerischen Vertragsnaturschutzprogramm etwa hat sich innerhalb eines Jahrzehnts verdreifacht. Das bedeutet aber auch: Die Naturschutz-Mittel müssen immer weiter steigen, um die Ziele zu erreichen. Denn auch für alle bisher schon schonend bewirtschafteten Flächen muss weiter bezahlt werden.

"Freiwilligkeit im Naturschutz ist ein wunderbares Prinzip. Aber wir brauchen die notwendigen Gelder", betont der LBV-Vorsitzende Norbert Schäffer. Beim bayerischen Biotopverbund etwa sind bisher zehn Prozent der Landesfläche erreicht – bis 2030 müssen es aber nach aktueller Gesetzeslage 15 Prozent sein.

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