Fünf Jahre nachdem der Landtag das "Volksbegehren Artenvielfalt" angenommen und inklusive Begleitgesetz verabschiedet hat, haben die Staatsregierung sowie die ursprünglichen Initiatoren rund um die ÖDP, die Grünenfraktion im Landtag, der LBV und die Gregor Louisoder Umweltstiftung im Landtag Bilanz gezogen. Das Ergebnis lautet in Kurzform: Es ist einiges passiert in Sachen Artenvielfalt, doch es bleibt noch viel zu tun.
Fortschritte werden wissenschaftlich überwacht
Im Rahmen des damals als "Volksbegehren Plus" bezeichneten Pakets wurden 2019 zahlreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Biodiversität, dem Schutz von Artenreichtum und Lebensräumen auf den Weg gebracht. Seitdem lassen die Initiatoren die Fortschritte bei diesen Maßnahmen von Forschenden der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen wissenschaftlich überwachen und bewerten. Dieses Monitoring soll bis zum Jahr 2030, auf das sich viele Zielsetzungen beziehen, laufen. Dazu haben die Forschenden 32 Indikatoren festgelegt. Bisher haben sie jedes Jahr einen Teil ausgewertet. Jetzt, quasi zur Halbzeit, stellten sie zum ersten Mal alle Indikatoren vor, die etwas darüber aussagen sollen, wie gut es beim Schutz der Artenvielfalt vorangeht.
Erfolge bei Streuobstwiesen, Naturwäldern und Gewässerrandstreifen
Ein Beispiel: Allein im vergangenen Jahr wurden 30.000 neue Streuobstbäume gepflanzt. Das Ziel, eine Million neue Bäume bis 2035, wird erreicht. Die Streuobstwiesen sind ein Indikator von 32, die von der Hochschule Nürtingen-Geislingen festgelegt wurden. Gut sieht es ebenfalls bei der Ausweisung von Naturwäldern aus. 10 Prozent der Staatswälder sind inzwischen nutzungsfreie Wälder.
Kritik bei Biotopverbund, Pestizideinsatz und Ökolandbau
Es gibt allerdings auch diverse Schwachstellen im Maßnahmenpaket: etwa der Einsatz von Pestiziden, also Pflanzenschutzmitteln. Deren Gebrauch soll bis 2028 halbiert werden, im Jahr 2022 wurden nach Angaben des bayerischen Landwirtschaftsministeriums 19 Prozent weniger eingesetzt – allerdings ist hier nicht die reine Menge ausschlaggebend, sagen die Experten, sondern auch die Frage: Wie toxisch, also giftig sind solche Mittel.
Der Biotopverbund bestehe bisher nahezu ausschließlich aus Flächen, die bereits vor dem Volksbegehren schon existierten, so die Kritik des Initiatorenkreises. Auch die Qualität der Flächen als Lebensraum ist laut Monitoring-Ergebnis zumindest in Teilen fragwürdig. Beim Biolandbau hinkt der Freistaat ebenfalls hinterher, gerade mal 13 Prozent der Agrarflächen werden in Bayern ökologisch bewirtschaftet, bis zum nächsten Jahr sollen es eigentlich 20 Prozent sein.
Umweltminister Glauber spricht von "Erfolgsreise"
Bayerns Landwirtschaftsministerin Kaniber und Umweltminister Glauber sehen die Bilanz naturgemäß positiv. Thorsten Glauber spricht sogar davon, dass 90 Prozent der Maßnahmen umgesetzt worden seien. Bayern habe sich im Vergleich mit den anderen Bundesländern auf eine Erfolgsreise gemacht. "Wir werden natürlich dranbleiben, um die Ziele, die noch bestehen, wirklich zu erfüllen. Man muss der Natur aber auch die Chance geben, tatsächlich diese Trendumkehr abzubilden", sagte Glauber BR24.
Initiatoren fordern mehr Engagement für die wichtigsten Ziele
Grünen-Landtagsvizepräsident Ludwig Hartmann spricht nur von 30 Prozent der Maßnahmen, die gut umgesetzt würden. Die Artenvielfalt im Freistaat werde nicht durch Schönrechnerei gerettet, so Hartmann. Die Beauftragte des Volksbegehrens und ÖDP-Landesvorsitzende Agnes Becker kritisiert vor allem die "atemberaubende Ambitionslosigkeit" beim Ausbau des Ökolandbaus. Hier habe es im Vergleich zum Vorjahr kaum einen Zuwachs gegeben, so Becker. Und Norbert Schäffer, der Vorsitzende des Landesbundes für Vogelschutz, vergleicht das Volksbegehren mit einer Bergtour. Man sei jetzt am Watzmannhaus, aber "ein schwieriges Stück des Wegs liegt noch vor uns", so Schäffer. Jetzt werde es steil und schwierig, die Flipflops könne man nicht anlassen.
Im Video: BR-Landwirtschaftsexpertin Jeanne Turczynski zu fünf Jahre "Rettet die Bienen"
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