Idyllisch fließt die Rednitz am Kraftwerk Franken im Nürnberger Stadtteil Gebersdorf vorbei. Bevor sie unter großen Bäumen in einer Biegung verschwindet, zweigt ein Kanal zum Kraftwerk mit seinen Kühltürmen ab. Hier wird das Kühlwasser entnommen und wieder in den Fluss zurückgeleitet. An dieser Stelle soll die Flusswärmepumpe gebaut werden. Die bestehende Infrastruktur des Kraftwerks kann genutzt werden. Weitere Eingriffe in die Natur sind kaum notwendig.
Grüne Energie vom Kraftwerkskonzern
"Das Kraftwerk ist lediglich an zehn bis fünfzehn Tagen im Jahr in Betrieb", erläutert Betriebsleiter Stefan Ritter. Die Turbinen werden mit Gas oder leichtem Heizöl betrieben. Sie springen nur dann an, wenn an Spitzentagen viel Strom benötigt wird. Kraftwerks-Chef Ritter hat bisher immer mit fossilen Energien gearbeitet. Nun kümmert er sich um die Dekarbonisierung, also die Wende hin zu erneuerbaren Energien. Die Flusswärmepumpe in Nürnberg ist für den Energiekonzern Uniper, der das Kraftwerk betreibt, ein wichtiges Projekt Richtung umweltfreundliche Energieerzeugung, so Ritter. "Wir stellen künftig grüne Energie zur Verfügung."
Großes Potenzial für Bayerns Städte
Wärmepumpen seien keine Raketenwissenschaft. Sie funktionieren wie "ein umgedrehter Kühlschrank", erläutert Ritter. Die Anlagen entziehen der Umgebung Wärme und geben diese ins Netz ab. Entsprechende Großwärmepumpen gibt es bereits – zum Beispiel in Rosenheim.
Die Forschungsstelle für Energiewirtschaft hat das theoretische Potenzial von Flusswärmepumpen in Bayern analysiert. "Wir haben festgestellt, dass 20 Prozent der Gemeinden ihren Heizwärmebedarf fast vollständig mit Flusswärme decken könnten, auch wenn wir die Gewässer nur um wenige Grad abkühlen", sagt Alexander Bogensberger. In Flüssen steckt also viel Energie. Zumal sie durch den Klimawandel zusätzlich aufgeheizt werden. Es ist eine Win-win-Situation: Wärmepumpen erzeugen umweltfreundliche Energie. Und gleichzeitig kühlen sie die Flüsse ab, was der Ökologie im Wasser hilft.
Energieversorger suchen Alternativen zum Gas
Rund 600 Megawatt Fernwärme benötigt die Stadt Nürnberg an einem kalten Wintertag. Derzeit wird diese noch zu 70 Prozent mit Gas erzeugt, sagt Norman Villnow von der N-Ergie. Der Versorger betreibt das Fernwärmenetz in Nürnberg. Dazu kommen etwa 20 Prozent Abwärme von der Müllverbrennung und der Rest wird aus Biomasse erzeugt. Die N-Ergie will weg vom Gas und sucht Alternativen. Sie erkundet derzeit, welche Potenziale in der Geothermie liegen. Und auch Flusswärmepumpen werden geprüft. Das Problem: "Nürnberg liegt nicht direkt an einem großen Fluss", sagt Villnow. Da haben es Kommunen am Main oder der Donau leichter.
Wärme-Potenzial wird nicht voll ausgeschöpft
Die Pegnitz, ein vergleichsweise kleiner Fluss, könnte 15 bis 20 Megawatt liefern. Das hat eine Studie für die N-Ergie ergeben – und das ist nicht viel. Das Potenzial einer Wärmepumpe an der Rednitz ist höher. Rund 80 Megawatt grüne Energie könnte die Anlage in Gebersdorf theoretisch erzeugen. Doch geplant wird derzeit nur mit 30 Megawatt. "Denn die N-Ergie kann nicht mehr abnehmen", sagt Kraftwerks-Chef Ritter. Der Grund dafür liegt einige Kilometer vom Kraftwerk entfernt am Main-Donau-Kanal und der parallel verlaufenden Süd-West-Tangente.
Main-Donau-Kanal wird zum Flaschenhals
Auf einer Fußgängerbrücke sind hier die Fernwärmeleitungen verlegt – dicke, silbern isolierte Rohre. Durch sie soll künftig die Wärme vom Kraftwerk im Süden zu den großen Verbrauchern in der Innenstadt transportiert werden. Derzeit fließt die Wärme in die andere Richtung vom Zentrum in den Vorort. Doch die Kapazität der Rohre ist zu gering, sie sind zu klein. Ein Flaschenhals, der das Projekt ausbremst. Die Fernwärme aus der Rednitz muss daher hauptsächlich im Netz in Gebersdorf und Umgebung genutzt werden. Deshalb die Beschränkung der Flusswärmepumpe auf 30 Megawatt. Mehr wird dort nicht benötigt.
Leitungsbau macht die Wärmewende teuer
"Der Bau von neuen und größeren Leitungen wird teuer", sagt Villnow. Der Kanal und die Schnellstraße müssen unterquert werden. Oder es müssen neue Brücken gebaut werden. Die Kosten dafür sind hoch. Und sie machen die Wärme aus dem Fluss teuer. Trotzdem hat das Projekt Relevanz für die N-Ergie, sagt Villnow. "Man kann es in einem ersten Schritt schon mal nutzen und versuchen, das zu machen, was jetzt schon sinnvoll und machbar wäre." Deshalb konzentrieren sich die N-Ergie und Uniper zunächst einmal auf die kleine Lösung.
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