Über 92.000 Geflüchtete aus der Ukraine sind bereits in Bayern angekommen. Beinahe stolz verkündet der bayerische Innenminister Joachim Herrmann am Mittwochabend bei "jetzt red i" diese Zahl und fügt hinzu, dass rund 32.000 dieser Menschen in staatlichen und kommunalen Einrichtungen untergebracht seien, nochmal so viele in Privathaushalten.
Diesmal fordert die CSU keine Obergrenze
Trotzdem sieht er - anders als 2017, als die CSU noch eine Obergrenze für Geflüchtete forderte - kein Problem darin. "Wir kriegen das hin, auf gut Bayerisch. Wir müssen das jetzt auch hinkriegen" , so Herrmann. Polen leiste im Moment "Unglaubliches" bei der Aufnahme dieser Menschen. Es sei klar, dass auch Bayern jetzt seinen Anteil leisten müsse.
Wie groß die Hilfsbereitschaft gegenüber den Geflüchteten aus der Ukraine ist, zeigen die Wortmeldungen vieler Ehrenamtlicher in der Sendung. "Am Anfang habe ich kaum mehr geschlafen", berichtet Ralf Müller aus Bad Aibling. Er organisiert seit Wochen die Unterbringung von Geflüchteten im Landkreis Traunstein - rein ehrenamtlich. Im Team habe man es dort geschafft, nach anfänglichem Chaos Strukturen aufzubauen. Nur die Bürokratie mache ihnen an manchen Stellen noch zu schaffen.
SPD-Politiker Grötsch: "Wir haben aus 2015 gelernt"
Ohne das Engagement der Ehrenamtlichen wäre es nicht möglich, meint dann auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Uli Grötsch: "Sie machen dieses Land zu etwas Besonderem." Schon 2015 und in den Jahren danach hätte man es ohne Ehrenamtliche nicht geschafft. "Wir haben gelernt aus dieser Zeit, in der ja bei Weitem nicht alles so geklappt hat, wie man es sich gewünscht hätte", betont er. "Die Fehler von vor sieben Jahren werden wir jetzt in der Situation nicht mehr machen." Schon jetzt kämen täglich mehr Geflüchtete in Deutschland an, als damals pro Monat.
Grötsch stimmt Herrmann zu: Es gebe jetzt effektive Maßnahmen und was Bund und Länder bisher geleistet haben, laufe "richtig gut". Beide betonen auf Nachfrage, dass nun gemeinsam an einem Strang gezogen werden müsse und Regierungsbeteiligung oder Opposition der eigenen Partei dabei zunächst keine Rolle spielen dürfe.
Kommunen kritisieren Bürokratie und Wohnungsmangel
Einzig das Thema der Bürokratie wird teilweise kontrovers in der Sendung diskutiert. "Leider ist es jetzt schon so, dass eine Bestellung gemacht wird, und zahlen tut ein anderer", sagt Richard Reischl (CSU), Bürgermeister von Herbertshausen im Landkreis Dachau. Die Gemeinde habe auf eigene Kosten zwei Lehrkräfte aus der Ukraine angestellt. Es sei aber noch nicht möglich, diese Personen über den Freistaat zu bezahlen. Bürokratische Hürden wie ein übersetztes beglaubigtes Diplom und Führungszeugnis stünden im Weg. Der Dachauer Landrat Stefan Löwl (CSU) mahnt zusätzlich eine gerechte Verteilung der Geflüchteten in Deutschland an - vor allem angesichts des Wohnungsmangels.
Innenminister Herrmann hingegen sagt, dass insgesamt viel Bürokratie abgebaut worden sei. Ukrainerinnen und Ukrainer bekämen in Deutschland sofort eine Arbeitserlaubnis - im Gegensatz zu Geflüchteten aus anderen Ländern. Wenn jemand aber beruflich Kinder betreue, müsse zu deren Schutz detailliert geprüft werden, ob die Person vorbestraft sei. "Es gibt Bürokratie, die wir reduzieren müssen, aber auch Vorschriften, die ihren guten Grund haben." Den Wohnungsmangel sieht er als "entscheidendes" Thema, das in Zukunft verstärkt angegangen werden müsse.
Ukrainische Schülerin: "Irgendwie von den Nachrichten ablenken"
Insgesamt überwiegt die Aufbruchsstimmung und der Optimismus in der Sendung. Martin Weinart, Schulleiter des Matthias-Grünewald-Gymnasiums in Würzburg sieht sich von der Politik, aber auch von der Schulfamilie derzeit gut unterstützt. Die vier ukrainischen Jugendlichen an seinem Gymnasium könnten bisher problemlos aufgenommen werden.
Eine von ihnen ist die 16-Jährige Khrystyna Yatsiruk Lwiw. Sie spricht noch kein Deutsch, aber ihre Schwester, die schon seit zwei Jahren in Würzburg studiert, übersetzt für sie. Die Schule sei für Khrystyna im Moment sehr wichtig. "Um sich irgendwie von den Nachrichten abzulenken." Gleichzeitig gehe es ihr darum, die Situation der jeweils anderen zu verstehen. Und das gelinge mit ihren Mitschülern in Würzburg gut.
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