Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) rechnet damit, dass viele Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine länger in Deutschland bleiben - und entsprechend längerfristig Jobs brauchen werden. Das sei eine Frage der Humanität, aber auch eine Frage der Vernunft. "Wir müssen realistisch sein: Die Zerstörung und die Länge des Krieges sind nicht vollständig absehbar", sagte Heil im ARD-"Morgenmagazin".
"Viele werden länger hier bleiben", betonte der Minister. Das zeigten auch die Erfahrungen aus vorherigen Fluchtbewegungen. Deshalb müsse den Geflüchteten aus der Ukraine eine längerfristige Perspektive in Deutschland eröffnet werden, konkret auf dem Arbeitsmarkt. "Es kommen sehr, sehr viele Menschen zu uns, die auch eine gute Ausbildung haben", sagte der SPD-Politiker. Heil sprach sich dafür aus, Berufsabschlüsse schneller anzuerkennen: "Die Ausbildungssysteme sind nicht eins zu eins vergleichbar - da müssen wir schneller werden."
Heil: Menschen dürfen nicht ausgebeutet werden
Zwar sei der Aufenthaltsstaus der Menschen aus der Ukraine mit einer Arbeitserlaubnis gekoppelt, doch viele könnten ihre Qualifikationen nicht nachweisen, sagte Heil. Entscheidende Fragen seien: "Wie kriegen wir es hin, dass die nicht alle in Hilfstätigkeiten gedrängt werden? Und vor allen Dingen auch: Wie kriegen wir es hin, dass die Menschen, die so ein schweres Schicksal jetzt hinter sich haben, hier auch nicht ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen ausgesetzt sind?"
Heil trifft sich am Nachmittag mit Arbeitgebern und Gewerkschaften, um über praktische Fragen der Arbeitsmarktintegration ukrainischer Flüchtlinge zu beraten. Vor dem Treffen forderte auch der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie: "In der Ukraine erworbene Kompetenzen müssen zügiger geprüft und anerkannt werden." Lilie warnte aber davor, die Menschen mit überhöhten Erwartungen zu überfordern. Für gute Chancen auf eine erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt müssten zunächst grundlegende Bedürfnisse wie Wohnen, Schule und Kita sichergestellt sein.
Bayern: "Möglichst einfacher Zugang zum Arbeitsmarkt"
Auch die bayerische Staatsregierung hat das Ziel formuliert, den Menschen aus der Ukraine einen möglichst einfachen Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Das Kabinett verständigte sich am Dienstag darauf, die Angebote des Bundes mit bayernweiten Strukturen und eigenen Angeboten zu ergänzen - "insbesondere mit Sprachangeboten, Jobbegleitern, und Ausbildungsakquisiteuren für Flüchtlinge".
Im Kabinettsbericht heißt es weiter: Die Voraussetzungen für die "Integration in Arbeit" seien gut. "Das formelle Qualifikationsniveau der Bevölkerung in der Ukraine ist aufgrund des dortigen Bildungssystems vergleichsweise hoch." Zuständig für die Jobvermittlung sind demnach in erster Linie die örtlichen Arbeitsagenturen. Die Staatskanzlei verweist auch auf die fünf Beratungsstellen der Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz) zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen in Landshut, Ingolstadt, Regensburg, Würzburg und Bamberg.
Hunderttausende Flüchtlinge aus der Ukraine
Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine sind nach Angaben der Bundespolizei rund 280.000 Menschen aus der Ukraine nach Deutschland geflohen. Die tatsächliche Zahl könnte aber höher liegen, da die Vertriebenen derzeit nicht lückenlos registriert werden.
Ukrainer und Ukrainerinnen mit biometrischem Pass dürfen zudem ohne Visum einreisen und sich für 90 Tage frei innerhalb der EU bewegen. Sie müssen sich erst registrieren, wenn diese Zeit abgelaufen ist oder wenn sie staatliche Leistungen beantragen.
- Zum Artikel: Aufenthalt, Arbeit, Sozialleistungen: Was gilt für Ukrainer?
(mit Informationen von dpa und epd)
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