Wird an den neun Zentren der Bayerischen Staatsgüter ein Schlepper an der betriebseigenen Tankstelle getankt, fließt - nicht wie üblich - Diesel, sondern entweder Rapsöl oder HVO, erklärt Anton Dippold, Geschäftsführer der Bayerischen Staatsgüter: "Wir haben den Auftrag bis 2028 klimaneutral zu wirtschaften und deshalb sind wir immer wieder bestrebt zu schauen, was gibt es Neues, was gibt es für Alternativen und ich muss sagen, mit dem HVO-Kraftstoff sind wir sehr zufrieden. Der ist zuverlässig und er bringt einen guten Klimaschutzbeitrag."
HVO steht zu Deutsch für "hydriertes Pflanzenöl". Für die Herstellung dieses Dieselersatzkraftstoffs werden neben Pflanzenölen Abfälle, wie beispielsweise gebrauchtes Speiseöl, verwendet. Der Vorteil: Es können gegenüber fossilem Diesel die Treibhausgasemissionen um bis zu 90 Prozent gesenkt werden.
Der Haken: HVO ist teurer als der herkömmliche Diesel
Solange der Preis um rund 20 Cent pro Liter höher ist als beim fossilen Diesel werde sich HVO wohl vorerst nicht flächendeckend in der Landwirtschaft durchsetzen, so Dippold. Dafür müsste die Energiesteuer auf Biokraftstoffe abgeschafft werden.
Für die Nutzung von HVO ist keine technische Umrüstung am Fahrzeug notwendig. Man kann also in eine Maschine, die bisher mit Diesel betrieben worden ist, ohne Weiteres HVO tanken. Die Frage ist nur, ob der Herstelle eine Freigabe dafür gibt. Bei älteren Maschinen in der Regel nicht. Bei neuen Maschinen würde Stefan Lutz, Technikkoordinator bei den Bayerischen Staatsgütern, empfehlen, beim Kauf den Hersteller um eine Freigabe zu bitten, sodass die Garantie auf den Motor bestehen bleibt. Die Maschinen seien auch mit HVO auf dem Acker genauso leistungsstark.
Umrüstung auf Rapsöl ist teuer
Bei der Nutzung von Rapsöl hingegen brauche es derzeit noch Umrüstungen, da die meisten Hersteller noch keine serienreifen Modelle anbieten. So eine Umrüstung koste um die 10.000-12.000 Euro, so Dippold. Rapsöl ist sehr zähflüssig und bei kalten Temperaturen ist eine Vorwärmung für ein problemfreies Starten notwendig.
Wegen der Energiesteuer auf Biokraftstoffe und der bisherigen Steuervergünstigung auf Agrardiesel war es bisher für Landtechnikhersteller nicht attraktiv ihre Fahrzeuge auf Bio-Kraftstoffe anzupassen. Das könnte sich ändern: Durch die Entscheidung der Bundesregierung bis 2026 stufenweise aus der Agrardieselbeihilfe auszusteigen, erhalten alternative Antriebstechnologien wieder mehr Aufmerksamkeit.
Wichtige Vorbildfunktion: Staatsgüter schult Landwirte
Die Bayerischen Staatsgüter betreiben seit August 2023 fast alle landwirtschaftlichen Maschinen und Betriebs-Pkw mit emissionsarmen Kraftstoffen oder Antriebstechnologien. So konnten seither eigenen Angaben zufolge circa 400.000 Liter Diesel durch erneuerbare Kraftstoffe ersetzt werden. Kleinere Hoftraktoren oder Betriebs-Pkw werden mit Strom betrieben - doch das sei für große Landmaschinen nicht sinnvoll, so Dippold.
Für ihn ist es wichtig, dass die Staatsgüter bei der Nutzung von Bio-Kraftstoffen eine Vorbildfunktion einnehmen. Schließlich kommen an die Standorte - zum Beispiel Achselschwang, Grub, Freising, Schwarzenau - viele (angehende) Landwirtinnen und Landwirte zu Fort- und Ausbildungszwecken und können dabei Ideen und Inspirationen für die eigenen Betriebe mitnehmen.
HVO auch für Autos geeignet
HVO könnten bald auch Autofahrer an deutschen Tankstellen kaufen. Der Bundesrat hatte Ende März dafür gestimmt. An vielen Zapfsäulen hierzulande wird man aber auch nach der offiziellen Einführung in diesem Monat vergeblich nach dem neuen Kraftstoff Ausschau halten. Der Bundesverband freier Tankstellen (bft) macht wenig Hoffnung darauf, dass die Spritsorte schnell flächendeckend eingeführt wird.
Kritik an HVO von Umweltverbänden
Umweltverbände wie der NABU oder die Deutsche Umwelthilfe kritisieren den Einsatz von Biokraftstoffen, da ein Großteil der Ausgangsstoffe aus Monokulturen vom Acker stamme und Flächen verbrauche, die für die Nahrungsmittelproduktion genutzt werden könnten. Richard Mergner, Vorsitzender des Bund Naturschutz Bayern erklärt im BR-Interview: "Wenn nur Altöl und Frittierfette, genutzt würden, dann könnte man noch drüber reden. Aber Fakt ist, dass eine ganze Fülle an Stoffen, bis hin zu Stoffen, die angebaut werden, Stroh oder Waldreste hier eingesetzt werden sollen und das ist eine Fehlentwicklung."
Doch: Stefan Lutz, Technikkoordinator bei den Bayerischen Staatsgütern, versichert, dass deren Lieferanten garantieren, dass das bei den Bayerischen Staatsgütern genutzte HVO palmölfrei ist und nur aus Alt- und Speisefetten hergestellt wird.
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