Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat nach Vermittlungsbemühungen Deutschlands und Großbritanniens klargemacht, dass sein Land Entscheidungen über seine Sicherheit selbst treffe. Netanjahu dankte beiden Staaten zwar für deren Unterstützung, um eine weitere Eskalation im Nahost-Konflikt zu verhindern. Er wolle aber "ganz deutlich sein – wir werden unsere eigenen Entscheidungen treffen und der Staat Israel wird alles Notwendige tun, um sich selbst zu verteidigen", betonte er nach einem Treffen mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und dem britischen Ressortchef David Cameron in Tel Aviv am Mittwoch.
Baerbock wirbt für "kluge Zurückhaltung"
Baerbock erneuerte bei ihrem Besuch ihren Appell zu einer besonnenen Reaktion Israels nach dem Angriff des Iran. Die Außenministerin sagte nach ihren Gesprächen: "Ich rede hier nicht von klein beigeben. Ich rede hier von einer klugen Zurückhaltung, die nichts weniger ist als Stärke."
Diese Stärke habe Israel mit seinem "Defensivsieg" am vergangenen Woche schon gezeigt, sagte sie weiter und ergänzte: "dadurch, dass es sich mit starken Partnern und Staaten der Region verteidigen kann, und dadurch, dass es dem iranischen Regime damit deutlich gemacht hat, wie sehr Iran sich verrechnet hat und in der Region isoliert dasteht".
Auch der britische Außenminister David Cameron rief zur Zurückhaltung auf und sagte nach dem Treffen mit Netanjahu: "Wir hoffen, dass Israel auf eine Weise reagieren wird, die so wenig wie möglich zu einer Eskalation beiträgt und auf eine Weise, die sowohl intelligent als auch hart ist."
Baerbock und Cameron für weitere Sanktionen
Deutschland und auch Großbritannien setzen sich für weitere Sanktionen gegen Teheran ein. Der Angriff Irans werde "nicht ohne weitere Konsequenzen bleiben", sagte Baerbock. Die EU habe den Iran bereits mit "massiven Sanktionen" belegt. "Und wir arbeiten weiter hieran". Cameron plädiert dafür, dass die G7-Staaten koordiniert Sanktionen gegen den Iran verhängen. Das Mullah-Regime müsse "eine klare und eindeutige Botschaft der G7 erhalten".
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte zuvor eine Ausweitung der Sanktionen gegen den Iran angekündigt. Demnach könnten unter anderem Handelsbeschränkungen erweitert werden, um dem Iran den Bau von Raketen zu erschweren. Zudem sei geplant, auch die Lieferung von Drohnen und Raketen an Verbündete in der Region ins Visier zu nehmen. Auch die USA wollen die Sanktionen gegen den Iran verschärfen.
Angriff auf Israel mit Drohnen und Raketen
Der Iran hatte in der Nacht zum Sonntag erstmals von seinem Staatsgebiet aus Israel direkt angegriffen. Nach israelischen Angaben wurden fast alle der mehr als 300 vom Iran abgefeuerten Drohnen und Raketen abgewehrt, unter Mithilfe der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Jordaniens.
Teheran hatte die Drohnen- und Raketenangriffe als Vergeltung für einen Israel zugeschriebenen Angriff auf ein iranisches Konsulatsgebäude in Damaskus bezeichnet, bei dem am 1. April sieben Mitglieder der iranischen Revolutionsgarden getötet worden waren.
Herzog verspricht mehr Hilfen für Menschen in Gaza
Neben Regierungschef Netanjahu traf Baerbock auch Außenminister Israel Katz, Staatschef Isaac Herzog sowie den Oppositionsführer Benny Gantz, der ebenfalls dem Kriegskabinett angehört.
Weitere Themen in Jerusalem waren die Bemühungen um die Freilassung der Geiseln aus den Händen der Hamas und die humanitäre Lage der notleidenden Zivilbevölkerung im Gazastreifen, wo Israel die Islamisten bekämpft. "Die sofortige Rückkehr aller Geiseln, die von der Hamas in Gaza festgehalten werden, hat für uns – und die internationale Gemeinschaft – weiter höchste Priorität", sagte Herzog nach Angaben seines Büros weiter. Gleichzeitig erhöhe man "dramatisch" die humanitären Hilfsleistungen für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen. Baerbock hatte Israel in den vergangenen Wochen wiederholt aufgefordert, mehr Hilfslieferungen nach Gaza zuzulassen.
Mit Informationen von dpa und AFP
Im Video: Baerbock zu Krisengesprächen in Israel
Karte: Die militärische Lage im Gazastreifen
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