Ob Milch, Fleisch oder Gemüse: Für Lebensmittel muss man tiefer in die Tasche greifen als früher. Im Schnitt sind sie in den vergangenen Jahren um ein Drittel teurer geworden. Der Preis für Käse ist sogar fast um die Hälfte gestiegen – im Vergleich zum Jahr 2020, also zur Zeit vor der kriegsbedingten Energiekrise. Und Sonnenblumenöl etwa hat sich um fast zwei Drittel verteuert.
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Inzwischen steigen die Preise für Waren und Dienstleistungen insgesamt nicht mehr so schnell wie während der Pandemie und nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs. Doch nach wie vor zählen die Lebensmittelpreise zu den Inflationstreibern. In Bayern legten sie im Oktober nach einer ersten Schätzung der Statistiker um fast drei Prozent zu, verglichen mit dem Vorjahresmonat. Und das auf einem ohnehin hohen Niveau. Ein Problem gerade für Menschen mit wenig Geld: Sie geben im Schnitt einen größeren Anteil ihres Einkommens für Lebensmittel aus.
Hohe Lebensmittelpreise als Folge von Krieg und Engpässen
Was sind die Gründe für diese Entwicklung? Lisa Völkel vom Bundesverband der Verbraucherzentralen verweist im Gespräch mit BR24 auf die russische Kriegspolitik und die damit verbundenen Probleme mit Lieferketten und Rohstoffpreisen. Schließlich war die Ukraine früher eine der Kornkammern Europas. Zudem nennt sie "klimabedingte Faktoren" – also Ernteeinbußen durch Frost oder Extremwetter.
Doch diese Faktoren allein erklären aus Sicht der Expertin nicht, warum die Lebensmittelpreise in den zurückliegenden Jahren so stark gestiegen sind. Sie hält es für möglich, dass Unternehmen die Nahrungsmittelpreise im Windschatten der allgemein hohen Inflation stärker als nötig angehoben haben könnten.
Kartellwächter sehen bei Lebensmitteln keine illegalen Preisabsprachen
Wie das Bundeswirtschaftsministerium auf BR24-Anfrage schreibt, hat das Kartellamt die Preisentwicklung untersucht – beispielsweise bei Sonnenblumenöl und Butter. Es hätten sich aber "keine Anhaltspunkte für Preisabsprachen oder den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung" ergeben.
Dessen ungeachtet kritisiert die Verbraucherschützerin Völkel eine unzureichende Datengrundlage. Sie spricht sich für eine staatliche Beobachtungsstelle in Deutschland aus, nach dem Vorbild anderer EU-Länder. Mit dem Ziel, die Mechanismen der Preisbildung vom Acker bis zum Supermarktregal besser zu durchleuchten. Allerdings würde solche eine Stelle allenfalls langfristig Wirkung zeigen. Um Menschen mit wenig Geld kurzfristig zu entlasten, schlägt Völkel eine Einmalzahlung vor.
CSU will Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel senken
Die CSU im Bundestag reagiert skeptisch auf die Idee einer Preisbeobachtungsstelle. Der agrarpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Artur Auernhammer, bezweifelt, dass eine solche Behörde "wirklich Nutzen für die Verbraucher haben wird, noch dazu in Zeiten, in denen jeder vom Bürokratieabbau spricht". Die Christsozialen seien aber dafür, die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel zu senken oder ganz abzuschaffen, so der Ansbacher Abgeordnete. Dies würde den Staat allerdings "richtig Geld kosten", räumt er ein.
Die Linke im Bundestag vertreten in diesem Punkt eine ähnliche Position. Die Sozialisten verlangen, auf Grundnahrungsmittel generell keine Mehrwertsteuer mehr zu erheben. "Was lebensnotwendig ist, darf nicht besteuert werden", sagt Heidi Reichinnek, die Vorsitzende der Linke-Gruppe im Parlament.
SPD offen für Preisdeckel bei ausgewählten Lebensmitteln
Hört man sich in den Reihen der Ampel um, ergibt sich ein uneinheitliches Bild. Die SPD-Fraktion könnte sich eine Preisbeobachtungsstelle durchaus vorstellen. Die FDP dagegen warnt vor zusätzlichen bürokratischen Lasten für Bauern und Unternehmen. Und der SPD-Vorschlag eines Preisdeckels für Grundnahrungsmittel verträgt sich erst recht nicht mit der liberalen Vorstellung eines freien Marktes.
Auf die Folgen der hohen Lebensmittelpreise für Geringverdiener angesprochen, erinnert Regierungssprecher Steffen Hebestreit auf Lohnsteigerungen in den zurückliegenden Tarifrunden. Und an die sogenannte Inflationsausgleichsprämie für Arbeitnehmer. Der Bundesregierung sei bewusst, dass die Teuerung für viele eine Herausforderung bleibe. Weitergehende Pläne kündigt er jedoch nicht an.
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