"Wir bieten drei Arten an: Grillen, Mehlwürmer und Wanderheuschrecken", erklärt Marco Schebesta. Er steht in einem Kühlhaus in Neu-Ulm, vor ihm Tausende gefrorene Insekten auf einer Palette. Mit seiner Firma "Catch your Bug", übersetzt "Schnapp dein Insekt", verkauft er sie als Mehl, Proteinriegel oder Chips.
Schebesta glaubt, dass die kleinen Krabbeltiere als Nahrungsmittel eine große Zukunft vor sich haben: "Für die Zucht braucht man weniger Futter und Wasser im Vergleich zu Hühnern, Rindern oder Schweinen. Es werden auch nicht so viele Treibhausgase freigesetzt", sagt der Gründer. Doch sind die Menschen bereit für etwas, das viele nur aus dem Dschungelcamp kennen?
- Zum Artikel: Welche Zukunft haben Insekten als Lebensmittel?
Hemmschwelle und kulturell gelernter Ekel
Ein Test in der Augsburger Innenstadt zeigt: Gut die Hälfte der Befragten lehnt dankend ab, die andere Hälfte ist neugierig und probiert - zumindest die Chips, die aus Insektenmehl hergestellt werden. Von einem neutralen "okay" bis hin zu einem "sehr lecker" reicht die Palette der Reaktionen. Einige Passanten sind sogar bereit, eine komplette getrocknete Heuschrecke zu kosten, die als "nussig" beschrieben wird.
"Viele schrecken noch zurück, so ein Tier als Ganzes zu essen mit Kopf, Augen und Beinen. Mehle oder verarbeitete Produkte sind geeigneter, um die Hemmschwelle und den kulturell gelernten Ekel abzubauen", sagt Schebesta.
Insekten werden gekühlt, bevor sie getötet werden
In Kontakt mit Speise-Insekten kam Schebesta bei einem Auslandsaufenthalt in Asien. Zusammen mit einem befreundeten Biologen beschloss er, die Tiere auch hierzulande zu verkaufen. Getötet werden sie, indem zunächst die Temperatur heruntergefahren wird: "Das ist vergleichbar mit der Natur, wenn es sehr kühl wird, fallen sie in eine Art Kältestarre. Danach werden sie gleich geröstet und getrocknet." Laut Schebesta macht es die Insekten kulinarisch reizvoll, dass sich die einzelnen Arten im Geschmack unterscheiden. Doch sind sie als Lebensmittel auch sicher?
Das sagt die Verbraucherzentrale zu Insekten als Lebensmittel
"Insekten unterliegen denselben Kontrollen und Prüfungen wie andere Lebensmittel auch, die in den Handel gelangen", betont Daniela Krehl, Ernährungsexpertin bei der Verbraucherzentrale Bayern. Sie lobt den Nährstoffgehalt der Tiere: "Insekten enthalten viel Protein, Omega-3-Fettsäuren sowie Mineralstoffe und Vitamine. Es spricht nichts dagegen, sie in den Speiseplan aufzunehmen", so Krehl.
Insekten werden wohl nicht im Brot auftauchen
Als die EU kürzlich beschloss, bestimmte Insekten-Arten als Lebensmittel zuzulassen, war die Sorge bei manchen Konsumenten groß, dass Insekten heimlich ins Brot gemischt werden könnten. Auch hier gibt die Expertin Entwarnung: "Ein Insekt in so einer Form ist ja die teuerste Zutat und wird deshalb nicht einfach in ein Produkt gesteckt."
Wie Insekten auf den Teller kommen können
Knapp zehn Euro kostet die 30 Gramm-Packung Wanderheuschrecken. Die Preise liegen eher auf Feinkostniveau, gerade auch viele Gourmets entdecken derzeit Insekten - wie zum Beispiel Matthias Walter, Koch aus Bad Überkingen: "Bei einem Stück Fleisch brauche ich vielleicht 250 Gramm, bei Insekten nur sechs bis sieben Stück. Zum einen, weil sie intensiver vom Geschmack sind, und auch von der Menge kann ich gar nicht so viel essen."
Walter will Interessierten in Kursen zeigen, wie sie mit Insekten kochen können, zum Beispiel, indem sie sie frittieren und dann als Zutat für Wraps verwenden. Wer glaubt, die Krabbeltiere zu essen sei nur ein neumodischer Trend, der täuscht sich. Rezepte unserer Vorfahren zeigen, noch vor hundert Jahren wurde in Deutschland Maikäfersuppe gelöffelt.
- Zum Artikel: Bayerns Bäcker: "Nein, wir verarbeiten keine Insekten"
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!