Wenn es brennt, muss es schnell gehen. Ausrücken bei der Freiwilligen Feuerwehr im oberfränkischen Kirchehrenbach im Landkreis Forchheim: Jeder Handgriff sitzt. Binnen weniger Augenblicke ist die Mannschaft im Feuerwehrauto. Das Szenario ist nur eine Übung, die Abläufe aber sollen wie im Ernstfall geprobt werden. Neu bei der Truppe ist Alexey Shelbakh aus der Ukraine. Der 43-Jährige wohnt seit eineinhalb Jahren in Deutschland, ist mit Frau und Tochter aus der Nähe des ukrainischen Odessa geflohen. Jetzt hilft er ehrenamtlich mit bei der Freiwilligen Feuerwehr in Kirchehrenbach. Warum? "Ich kann hier Deutsch lernen und habe Freunde gefunden", sagt Shelbakh.
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Grundausbildung bestanden
Bei der Übung sind auch Teilnehmer der Jugendfeuerwehr dabei. Gemeinsam mit Alexey haben sie kürzlich nach rund sieben Monaten die Feuerwehrgrundausbildung erfolgreich absolviert. Das war vor allem anfangs eine sprachliche Herausforderung für den Ukrainer. Ganze Feuerwehrbücher hatte er sich zunächst ins Ukrainische übersetzt, um alle Inhalte angemessen lernen zu können.
Inzwischen versteht er auch Fachbegriffe und die ein oder andere fränkische Redewendung seiner Kameraden. Kommandant Sebastian Müller von der FFW Kirchehrenbach lobt das permanente Engagement des neuen Mitglieds. Alexey sei gerade erst in Kirchehrenbach angekommen, da wurde er schon bei der Bürgermeisterin vorstellig mit dem Anliegen, sich ehrenamtlich nützlich zu machen. "Jetzt kann er problemlos mit ausrücken, das funktioniert," sagt Müller. Ganz nebenbei hilft Alexey als Quereinsteiger auch dabei, den überall fehlenden Nachwuchs bei Freiwilligen Feuerwehren zu sichern.
Sprache ist der Schlüssel
In der Ukraine war der studierte Elektroingenieur unter anderem als Bergführer und Bergretter tätig. Gute Voraussetzungen also für sein Engagement bei der Freiwilligen Feuerwehr und auch seinen Job in Deutschland: Alexey arbeitet derzeit auf Probe als Baumkletterer. Parallel dazu absolviert er einen Sprachkurs, der zum Zertifikat "B2" führt, was ein fortgeschrittenes Sprachniveau bedeutet. Sprache ist der Schlüssel zur Integration, davon ist Alexey überzeugt. Seine Mithilfe in der Freiwilligen Feuerwehr mache ihm Spaß. Er habe das Gefühl, damit auch etwas zurückgeben zu können.
Neuland für die Feuerwehr
Für die FFW Kirchehrenbach ist die Aufnahme des Ukrainers in ihre Reihen in gewisser Weise auch Neuland. Über Generationen hinweg, so Kommandant Müller, habe es niemanden mit Migrationshintergrund in der Feuerwehr gegeben. Nicht, weil man es nicht wollte, es hätte sich einfach nicht ergeben. Die anfänglichen Schwierigkeiten hätten sich gemeinsam mit Alexey aber gut lösen lassen. Jetzt sei man stolz und froh über den tatkräftigen Neuzugang.
Alexey Shelbakh ist angekommen in seiner neuen Heimat, lobt die gute Luft und bergige Landschaft in der Fränkischen Schweiz. An eine baldige Rückkehr in die Ukraine glaubt er derzeit nicht. Ein Ende des Krieges scheint nicht in Sicht. Der 43-Jährige hofft auf ein gutes Leben mit seiner Familie in Kirchehrenbach. Ein Anfang zumindest ist gemacht.
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