"Bis jetzt aber keine Mitteilung, dass ich als Wahlhelfer berufen bin": Ein Oberpfälzer Bauingenieur bedauert, dass er am 15. März wohl nicht im Wahllokal mitarbeiten wird. Aber wäre es überhaupt möglich? Schließlich kandidiert er selber für den Gemeinderat.
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Eine Sollvorschrift, kein unbedingtes Muss
Für die Verwaltungsgemeinschaft Neunburg vorm Wald ist diese Kandidatur jedenfalls der Grund, warum das Mitglied der Freien Wählerunion nicht zum Wahlhelfer berufen wurde. "Wahlbewerber sollen nicht als Wahlhelfer eingesetzt werden", erklärt Jasmin Wingenfeld von der Verwaltungsgemeinschaft gegenüber BR24. Es gebe zwar keine absolute Beschränkung, aber eine Sollvorschrift. Diese findet sich in der Gemeinde- und Landkreiswahlbekanntmachung:
"Sich bewerbende Personen eines Wahlvorschlags sollten nur dann in den Wahlvorstand berufen werden, wenn sonst keine ausreichende Zahl von geeigneten Wahlvorstandsmitgliedern zu gewinnen wäre. Sich bewerbende Personen sollten nicht zu Wahlvorstehern berufen werden." Gemeinde- und Landkreiswahlbekanntmachung (GLKrWBek)
"Wahlhelfer" ist ein umgangssprachlicher Begriff für die Mitglieder des Wahlvorstands. Das ist die Gruppe von Personen, die in einem Wahllokal den Ablauf managed – vom Aufsperren des Wahllokals über das Abhaken im Wählerverzeichnis bis zur Auszählung der Stimmen. Der Wahlvorstand besteht aus Wahlvorsteher, Schriftführer und Beisitzern.
Ausnahme: Die Kommune findet nicht genügend Wahlhelfer
Die Verwaltungsgemeinschaft Neunburg hält sich an diese Soll-Vorgabe. Laut Wingenfeld könnten Gemeinden zwar davon abweichen, "wenn sonst keine ausreichende Zahl von geeigneten Wahlhelfern zu gewinnen wäre". Aber von diesem Soll sei nur dann abzuweichen, wenn es keine andere Möglichkeit gäbe. Ganz untersagt ist es hingegen bei Bundestagswahlen.
Kommunen werben um die ehrenamtlichen Helfer und bieten ihnen auch Aufwandsentschädigungen an, das sogenannte Erfrischungsgeld. „Lebendige Demokratie lebt von der Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger“, schreibt das bayerische Innenministerium auf seiner Webseite. Wahlen seien das Fundament des demokratischen Staatswesens.
Wenn sich aber nicht genügend Freiwillige melden, kann die Kommune Wahlhelfer verpflichten. Wer dann nicht annimmt, braucht einen triftigen Grund, wie zum Beispiel dringende berufliche oder familiäre Gründe oder Krankheit. Ansonsten kann sogar ein Ordnungsgeld verhängt werden.
Volljährig und seit zwei Monaten in der Gemeinde oder Stadt
Grundsätzlich kommt jeder als Wahlhelfer in Frage, der volljährig, Deutscher beziehungsweise EU-Bürger ist und seit mindestens zwei Monaten in der Kommune seinen Hauptwohnsitz hat. In den Gemeinden kann es dennoch schwierig sein, ausreichend Freiwillige zu finden.
Die Verwaltungsgemeinschaft Neunburg vorm Wald schrieb gezielt Bürger an, die der Gemeinschaft verpflichtet sind oder sich bereits dafür engagieren: Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, Vereinsvorstände, Leute, die den Mitarbeitern in der Verwaltung persönlich empfohlen wurden, und ehemalige Gemeinderatsmitglieder. Man wolle keinen Zwang ausüben, sagt Wingenfeld.
Wenn, dann nicht in leitender Funktion
Dennoch sei es der Kommune gelungen, 126 Wahlhelfer zu finden, die nicht zugleich Bewerber sind. "Lediglich bei kurzfristigen Absagen", so Wingenfeld, "müssten wir jetzt unter Umständen auf Bewerber zurückgreifen. Diese werden dann aber nicht als Wahlvorsteher eingesetzt."
Auch Johannes Mayer, Pressesprecher des Kreisverwaltungsreferats München, erklärt, dass Bewerber zwar Wahlhelfer sein können: "Allerdings nicht in leitender Funktion, sondern nur als Beisitzer*in." Beisitzer geben Stimmzettel aus und helfen nach 18 Uhr bei der Ermittlung des Wahlergebnisses.
In der Landeshauptstadt helfen Mayer zufolge einige Kandidaten für den Bezirksausschuss als Beisitzende mit. "Aus den Listen des Stadtrats ist kein Wahlhelfender bekannt", so der KVR-Sprecher. Für die Kommunalwahl habe München 14.000 Wahlhelferinnen und Wahlhelfer. "Das ist mehr als bei jeder anderen Wahl", so Mayer. Die Münchnerinnen und Münchner unterstützten ihre Stadt immer sehr engagiert bei Wahlen.
Gegenseitige Kontrolle bei Auszählung
Auch wenn der Fall eintritt, dass Wahlhelfer selber Kandidaten sind, sind sie "zur unparteiischen Wahrnehmung ihrer Aufgaben" verpflichtet.
Ein Sprecher des Innenministeriums weist zudem darauf hin, dass mindestens drei, in der Regel aber mehr Wahlhelfer zugleich an der Auszählung beteiligt seien. Dadurch sei eine gegenseitige Kontrolle gegeben. Auch die elektronische Auswertung, bei der im Hintergrund bereits die eingegebenen Daten mitgezählt und gecheckt werden , trage zur Kontrolle bei. So fielen ein doppeltes Erfassen von Wahlscheinen im Abgleich mit dem Wählerverzeichnis oder ungültige Stimmen schnell auf.
In München zum Beispiel werden die Zahlen einzeln in einer Software erfasst, elektronisch aufsummiert und nach der Ermittlung des Ergebnisses direkt an das Wahlamt übertragen.
Keine Wahlbewerber im Wahlausschuss
Das Wahlergebnis selbst wird dann von einem anderen Gremium festgestellt, dem Wahlausschuss. In diesem Gremium dürfen keine Wahlbewerber vertreten sein.
"Sich bewerbende Personen, Beauftragte eines Wahlvorschlags und deren Stellvertretung sowie Personen, die eine Aufstellungsversammlung geleitet haben, können zur Vermeidung einer Interessenkollision nicht Mitglieder des Wahlausschusses oder deren Stellvertretung sein." Gemeinde- und Landkreiswahlbekanntmachung (GLKrWBek)
Zudem wird das Wahlergebnis noch von der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde geprüft. Die Rechtsaufsichtsbehörde für kreisangehörige Gemeinden ist das jeweilige Landratsamt. Für kreisfreie Städte und Landkreise ist es die jeweilige Bezirksregierung.
Fazit:
Bei Kommunalwahlen können auch Wahlbewerber als Wahlhelfer eingesetzt werden. Allerdings ist dies nur als Lösung gedacht, wenn sich nicht ausreichend geeignete ehrenamtliche Helfer finden. In der Gemeinde- und Landkreiswahlbekanntmachung ist es als ein Soll formuliert, dass im Wohlvorstand keine Kandidaten vertreten sind. Nicht als Muss.