Noch ist es ruhig in der Jugendherberge in Possenhofen, einer von insgesamt 22 in Oberbayern. Auf der Wiese – direkt am Starnberger See – ist nichts als Vogelgezwitscher zu hören. Und auf den Gängen laufen noch keine tobenden Kinder. Denn aktuell wohnen hier einige ukrainische Geflüchtete. Nach Ausbruch des Krieges hat der Landkreis Starnberg die Jugendherberge kurzerhand zur Flüchtlingsunterkunft umfunktioniert. Zurzeit ziehen die Ukrainerinnen und Ukrainer nach und nach in private Unterkünfte um.
Nach den Osterferien werden die Schulklassen in die Jugendherberge zurückkommen – nach zwei schwierigen Corona-Jahren. Christian Burggraf, der Leiter der Jugendherberge, erinnert sich noch gut an den ersten Lockdown. "Keiner wusste, wie's weitergeht, ob es überhaupt weitergeht. Umso erfreuter waren wir dann, als so im Juni 2020 die ersten Gäste wieder hier waren. Aber das Thema Klassenfahrten, Schulfahrten – das hat eigentlich gar nicht stattgefunden." Bei allem Verständnis für die Corona-Maßnahmen hätte er sich von der Politik "etwas mehr Perspektive gewünscht", sagt Burggraf rückblickend.
Nur mit finanzieller Hilfe von Freistaat und Bund überlebt
Dass es die Jugendherbergen schwer getroffen hat, bestätigt auch Marko Junghänel, der Sprecher des Jugendherbergswerks in Bayern. Gott sei Dank, sagt er, habe es finanzielle Unterstützung von Freistaat und Bund gegeben. "Ohne diese Beihilfen hätte es diesen Verband pulverisiert", ist er sich sicher. "Die Häuser wären wahrscheinlich in die Insolvenz gegangen. Wir haben tatsächlich nur überlebt aufgrund der Beihilfen, die ausgezahlt wurden."
Jetzt – im Frühjahr 2022 – ist das Bild aber ein ganz anderes. Die meisten Corona-Regeln sind weggefallen. Der Sommer steht bevor – und damit auch endlich wieder Klassenfahrten. Dazu kommen Lerncamps, Theatergruppen oder Familien, denen es im Hotel zu teuer oder zu unpersönlich ist.
Erwartet werden Gästezahlen wie vor Corona
Doch da gebe durchaus regionale Unterschiede, sagt Junghänel. Oberbayern sei ein besonders begehrtes Reiseziel. "Da sind die Häuser während der Sommermonate sehr, sehr gut belegt. Da sind wir optimistisch, dass wir fast an die Zahlen von 2019 herankommen – also vor der Pandemie. Die Menschen wollen reisen und sie reisen auch offensichtlich gern in Jugendherbergen", freut sich der Sprecher des Jugendherbergswerks.
Christian Burggraf in Possenhofen erwartet heuer ein volles Haus. "Wenn Sie jetzt als Lehrer einer Schule bei uns anfragen würden, dann würde ich Sie ganz freundlich auf den Sommer 2023 verweisen." Ab dem Ende der Osterferien sind die Zimmer durchgehend ausgebucht – was Schulklassen angeht, sogar bis zu den Sommerferien. "Dann haben wir vier Wochen, wo keine Schulklassen da sind, aber Familien. Und das setzt sich dann fort bis Ende Oktober."
Lehre aus der Pandemie: längere Essenszeiten
Corona-Beschränkungen gibt es in Bayern kaum noch. Burggraf darf die Jugendherberge wieder voll belegen, empfiehlt den Gästen aber nach wie vor, Masken zu tragen. Er und sein Team haben das ein oder andere Positive aus den zwei Jahren Pandemie mitgenommen. So wurden die Essenszeiten deutlich erweitert.
Wie viele Schulklassen und Familien nun tatsächlich nach Possenhofen kommen werden – und ob nicht einige wegen Corona-Ausbrüchen kurzfristig stornieren müssen, werde sich zeigen, sagt Burggraf. Fest steht aber: Mit der Ruhe wird es in Possenhofen schon bald vorbei sein.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!