Es waren rund 800 Altreifen, die am Wochenende im Unterallgäu entsorgt wurden – über mehrere Stellen verteilt im Gemeindegebiet von Kettershausen. Eine solche Anzahl illegal entsorgter Reifen, das hat selbst Bürgermeister Markus Koneberg (FWG) noch nicht erlebt: "Wir haben jedes Jahr eine gewisse Menge an Altreifen, die jedes Jahr jemand ablädt, es waren immer so 20, 30 oder 40, aber in so einer Menge war das nie der Fall." Zum Problem wird das, weil es zunächst die Gemeinde ist, die die Kosten für die Entsorgung trägt – und die Arbeit damit hat.
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Bayernweites Problem
Die illegale Entsorgung von alten Reifen ist bayernweit ein Problem. Bußgelder über tausend Euro scheinen die Täter nicht abzuschrecken. Christina Guth setzt sich mit der Initiative ZARE (Zertifizierte Altreifenentsorgung) dafür ein, dass Reifen nachhaltig entsorgt werden. Denn: Bis sich ein Reifen von selbst zersetzt, dauert es ganze 2.000 Jahre – so lange gibt es den Reifen als Produkt noch gar nicht, gibt Guth zu bedenken: "Reifen sind erst mit der Zunahme des Verkehrs ein Massenprodukt geworden", erklärt sie.
Bis zu den 1960er-Jahren seien Altreifen auf Deponien gesammelt worden, später wurden sie dann in Zementwerken verbrannt. Die so entstehende Wärme war vorteilhaft für die Zementproduktion – allerdings auch sehr hoch in der Emissionsbelastung, weshalb sie dafür heutzutage nahezu nicht mehr verwendet werden.
Mehr Autos, mehr Reifen
Allerdings seien die Auflagen dafür gestiegen, weil die Verbrennung natürlich auch Emissionen verursacht. In der Folge werden laut Christina Guth mehr Altreifen exportiert, genauso wie anderer Abfall aus Industrieländern, dessen Verwertung hierzulande unter hohen Auflagen steht. Ein weiterer Anteil werde illegal entsorgt – und der steigt laut den Daten der Initiative. Nachvollziehbar wird das anhand der Zahl der registrierten Fahrzeuge in Deutschland: Über 60 Millionen sind es, die mindestens vier Reifen haben, je nach Größe sogar mehr.
Was für die Entsorgung von Reifen gilt
Wenn diese Reifen ausgedient haben, nehmen sie zertifizierte Entsorgungsbetriebe entgegen – um sie auf dem richtigen Weg zu entsorgen oder sogar wiederzuverwerten. Manfred Draws aus Schwenningen leitet einen solchen Betrieb. Auch er beobachtet immer mehr wilde Ablagerungen – und sieht einen Grund dafür in der Änderung des Abfallrechts. Reifen galten lange als "überwachungsbedürftiger" Abfall, erklärt Draws: "Inzwischen sind sie gleichgestellt wie zum Beispiel Papier", und fügt hinzu: "Die Kontrolle ist nicht mehr so vorhanden, wie sie im alten System da war." Er fordert von den Behörden, dass sie die Menschen mehr dafür sensibilisieren, wie Reifen entsorgt gehören.
Wie Altreifen (wieder) verwertet werden können
Laut Christina Guth von der ZARE-Initiative gibt es drei verschiedene Wege, Reifen zu verwerten: Runderneuert können sie sogar noch einmal gefahren werden, stofflich verwertet können sie als Gummimehl in Spiel- oder Sportplatzuntergründen verarbeitet werden und in der chemischen Verwertung werden sie zu Pyrolyse-Öl. Bei illegalen Reifenbergen mahnt Guth zur schnellen Beseitigung: Sonst würden andere Menschen ihre Reifen einfach dazu schmeißen.
Bei den illegalen Reifenbergen von Kettershausen geht die Polizei von einem "gewerblichen Hintergrund" aus, so Christian Lindstedt von der Kriminalpolizei. Die ermittelt jetzt, wer die Reifen dort abgeladen hat. Die Verursacher müssen dann laut Lindstedt nicht nur mit einem Bußgeld rechnen, sondern auch die Kosten für die ordnungsgemäße Entsorgung tragen. Die halten sich allerdings mit einem Betrag von unter fünf Euro pro Reifen in Grenzen – im Vergleich zu möglicherweise mehreren Tausend Euro Bußgeld.
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