Theresa und Stefan Bloos vor dem Hoflader mit ihrer zweijährigen Tochter Elisabeth.
Bildrechte: BR/Stefanie Heiß
Videobeitrag

Theresa und Stefan Bloos mit ihrer zweijährigen Tochter Elisabeth.

Videobeitrag
>

KI-Kamera rettet zweijährigem Kind auf Bauernhof das Leben

KI-Kamera rettet zweijährigem Kind auf Bauernhof das Leben

Jedes Jahr sterben in Deutschland Menschen auf Bauernhöfen, weil sie von schweren Maschinen, oft beim Rückwärtsfahren, überrollt werden. Im niederbayerischen Falkenberg hat eine Kamera mit Künstlicher Intelligenz einen tragischen Unfall verhindert.

Über dieses Thema berichtet: Unser Land am .

Der gelbe Hoflader der Familie Bloos wäre der zweijährigen Elisabeth fast zum Verhängnis geworden. Ihr Vater Stefan Bloos und Lehrling Julian Aigner sind gerade bei der Stallarbeit. Mit dem Hoflader fährt Julian immer wieder rückwärts aus der Halle, lädt Futter in die Laderschaufel und fährt es zurück in die Halle. Er ist voll konzentriert auf die Steuerung des Hofladers: vorwärts, rückwärts, Laderschaufel bedienen. "Und dann ist es genau zu der Situation gekommen, wegen der wir die Kamera haben", sagt Landwirt Bloos.

Die kleine Elisabeth kommt um die Ecke gerannt, als der Hoflader gerade wieder rückwärts setzt. Das Mädchen ist nicht mal ganz einen Meter groß und genau im toten Winkel von Lehrling Julian, der in der Fahrerkabine viel weiter oben sitzt. Er sieht sie weder im Rückspiegel noch im Seitenspiegel.

Im Video: In der Serie Hofgeflüster berichtet Familie Bloos vom Beinahe-Unfall ihrer Tochter und wie die KI-Kamera sie gerettet hat

In der Serie "Hofgeflüster" besucht "Unser Land"-Reporterin Stefanie Heiß Höfe in Bayern. Hier geht es in mehreren Folgen um Themen, über die sonst nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen wird. Alle Videos der "Hofgeflüster"-Serie gibt es hier.

KI-Kamera warnt, wenn Menschen ins Sichtfeld kommen

Ganz anders dagegen die KI-Kamera, die hinten am Hoflader montiert ist. Die Künstliche Intelligenz ist darauf programmiert, Menschen zu erkennen, sobald sie ins Sichtfeld der Kamera kommen. Sie erfasst die kleine Elisabeth sofort und schlägt Alarm. In der Fahrerkabine beginnt es laut zu piepsen. Lehrling Julian schaut aufs Display der Kamera, das seitlich neben dem Lenker montiert ist und entdeckt dort das zweijährige Mädchen. Sofort stellt er den Motor ab und geht zu ihr.

"Mir ist das eigentlich erst danach so richtig gekommen, als ich eine Nacht drüber geschlafen hab, was da hätte passieren können. Ich bin schon froh über die Kamera", sagt Julian, noch immer sichtlich erschrocken von dem Vorfall.

Von Maschinen überrollt: jedes Jahr tödliche Unfälle auf Bauernhöfen

Jedes Jahr kommt es auf landwirtschaftlichen Betrieben zu tödlichen Unfällen, weil Menschen von schweren Maschinen überrollt werden. Laut der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft SVLFG waren es allein im vergangenen Jahr zwölf Tote. "Und das sind nur diejenigen, die bei uns versichert sind", erzählt Markus Fechter, Sicherheitsberater bei der SVLFG. "Die Dunkelziffer ist viel höher, weil Kinder und ältere Menschen, die nicht mehr arbeiten, in dieser Statistik nicht mitgezählt werden."

Fechter persönlich schätzt, dass allein in Bayern jedes Jahr mehrere Kinder ums Leben kommen, weil sie von Maschinen überrollt werden.

Bildrechte: BR/Stefanie Heiß
Bildbeitrag

Markus Fechter berät Landwirtsfamilien, wie sie ihren Betrieb sicherer machen können. Für große Maschinen empfiehlt er Rückfahrkameras mit KI.

KI-Kamera schlägt explizit nur für Menschen Alarm

Fechter ist überzeugt, dass die neue Technik mit Personenerkennung viele dieser Unfälle verhindern könnte. Vor allem, weil sie wirklich nur warnt, wenn ein Mensch im Sichtfeld erkannt wird. Sogenannte "Näherungssensoren", wie sie zum Beispiel in Autos verbaut sind, piepsen bei jedem Gegenstand, Tier oder Mensch, dem sich ein Fahrzeug nähert. Die KI-Kamera dagegen arbeitet mit Bilderkennung. Nur, wenn sie menschliche Züge erfasst, schlägt sie Alarm.

Als Hofhund Lina hinter dem Hoflader vorbeiläuft, bleibt die Kamera deshalb stumm. "Jetzt werden natürlich einige Landwirte und Zuschauer schimpfen: 'die muss doch ein Tier auch erkennen'. Nein!", sagt Fechter mit Nachdruck. Es sei sogar wichtig, dass Tiere nicht erkannt werden. "Denn wenn du als Landwirt mit einem Lader oder einem Futtermischwagen rückwärts in den Kuhstall fährst, würde es sonst bei jeder Kuhbewegung piepsen. Dann drückt der Landwirt einen Knopf und schaltet das System aus, weil es nervig ist."

Kamera war jeden Cent wert

Stefan und Theresa Bloos sind froh, dass sie die Mehrkosten für die KI Kamera investiert haben, die sehr wahrscheinlich ihrer kleinen Tochter das Leben gerettet hat. Eine normale Rückfahrkamera, die auf einem kleinen Bildschirm in der Fahrerkabine einfach das Sichtfeld hinter dem Fahrzeug abbildet, gibt es schon für rund 200 Euro. Eine Kamera mit Künstlicher Intelligenz und Personenerkennung dagegen kostet zwischen 800 und 1.000 Euro.

Für Familie Bloos war sie jeden Cent wert. Sie überlegen jetzt, auch bei ihrem Futtermischwagen, der nur selten rückwärts fährt, die KI-Kamera zu installieren. Sicher ist sicher.

Dieser Artikel ist erstmals am 23.09.2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!